3.7 Geschichte der LiteraturkritikLiteraturkritik ist in den letzten Jahrzehnten immer mehr ins Blickfeld der Forschung gekommen, was mit der literaturtheoretischen Aufwertung der Rezeptionsseite der Literatur z.B. in der Rezeptionsästethik oder im Prager Strukturalismus (Mukařovský, Vodička) zusammenhängt. Der Begriff der Literaturkritik ist jedoch – auch in vielen der im folgenden kommentierten Titel – recht mehrdeutig. Zumeist ist zwar die kritische, wertende Reflexion über ein Werk der zeitgenössischen Literatur in einer periodisch erscheinenden Schrift mit Aktualitätsbezug (z.B. einer Zeitung) gemeint, doch das Ziel von Geschichten der Literaturkritik ist entweder eine Rekonstruktion der hinter dem Tagesgeschäft der Literaturkritik wirksamen ästhetischen und außerästhetischen Kategorien und Normen, die in der ›konkreten‹ Literaturkritik ihren Ausdruck finden, oder aber eine Bestimmung der ›Institution‹ Literaturkritik. Literaturkritik kann sich somit vorrangig auf konkretes Rezensieren (›reviewing‹), auf die Rekonstruktion von Poetiken bzw. Ästhetiken anhand einer bestimmten Textsorte von Rezeptionszeugnissen (›criticism‹, siehe als Beispiel Wellek) oder auf eine Institution im literarischen System (siehe als Beispiel Hohendal) beziehen. |
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Gebhardt, Peter (Hg.): Literaturkritik und literarische Wertung Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1980 (= Wege der Forschung; 334). Wie alle Bände dieser empfehlenswerten Reihe bietet auch dieser Band »repräsentative Ausschnitte der Forschungsentwicklung« (Einleitung des Herausgebers, S. 1). Der Band dokumentiert (mit Ausnahme eines Textes von Wellek (vgl. Wellek)) deutschsprachige Beiträge von Lessing bis in die späten siebziger Jahre unseres Jahrhunderts; philosophische Texte im eigentlichen Sinne sind nicht aufgenommen worden. Ziel des Bandes ist es, die aufgrund gesellschaftlich-historischer Entwicklungen im 19. Jh. aufgetretene Kluft zwischen Literaturkritik und -wissenschaft zu verringern. Mit Bibliographie und Namensregister. |
1720–1906 |
Jørgensen, John Chr.: Det danske anmelderis historie. Den litterære anmeldelses opståen og udvikling 1720–1906 Kbh: Fisker & Schou, 1994. Rezensionen in Zeitungen, Zeitschriften oder anderen periodisch erscheinenden Schriften werden als Textgenre mit eigenen Regeln verstanden, wodurch auch Rezensionen als häufig stigmatisiertes Genre rehabilitiert werden sollen. Untersucht wird die Genese und Entwicklung des Genres sowie dessen allmähliche Professionalisierung mit einem methodischen Ansatz, der formalistischer ist als z.B. Rubows oder Welleks ästhetisch-historische Untersuchungen oder jene Literaturkritikforschung, die sich auf das Studium der Institution ›Literaturkritik‹ (wie z.B. Hohendal oder in den Bänden von Beyer) konzentriert. Mit Zeitungs-, Zeitschriften- und Personenregister. |
Literaturkritik 1770–1940 |
Beyer, Edvard, u.a. (Hg.): Norsk litteraturkritikks historie 1770–1940 Bd. 1: Beyer, Edvard, u. Morten Moi: 1770–1848; Bd. 2: Linneberg, Arild: 1848–1870. Oslo: Universitetsforlaget, 1990–1992. Norwegisches Standardwerk zur Geschichte der Literaturkritik. »Emnet er kritikkens mottagelse og vurderingen av litteraturen i tidsrommet fra omkring 1770 til omkring 1940« (Bd. 1, S. 12); das Ziel sei »å undersøke hva som kjennetegner litteraturkritikken som formidlende instans mellom forfatter/verk og publikum« (Bd. 1, S. 19): Die Geschichte der norwegischen Literaturkritik wird also – in Übereinstimmung z.B. mit Hohendal – als Etablierung und Behauptung einer Institution geschildert. Bezieht auch in Norwegen geborene Kritiker ein, die in Dänemark wirkten. Literaturhinweise, Namensregister und am Ende des ersten Bandes im Appendix eine Beschreibung der für das Projekt verwendeten Datenbank sowie ein Verzeichnis der einschlägigen ›hovedopgaver‹ (Abschlussarbeiten). |
Literaturkritik von Frauen 1880–1980 |
Lervik, Åse Hiorth (Hg.): Gjennom kvinneøyne. Norske kvinners litteraturkritikk og reaksjon på litteratur ca 1880–1930 Tromsø, Oslo u. Bergen: Universitetsforlaget, 1980. — — — (Hg.): Gjennom kvinneøyne. Norske kvinners litteraturkritikk og reaksjon på litteratur ca 1930–1980 Tromsø, Oslo u. Bergen: Universitetsforlaget, 1982. Angesichts der Tatsache, dass weibliche Literaturkritik sowohl bei Aarnes sowie bei Christophersen, Hannevik und Imerslund schwach repräsentiert ist, formuliert die Herausgeberin als ihre Intention »å utfylle bildet av norsk litteratur og dens forhold til sin tid men en kvinnedimension, fordi de rådende fremstillinger er mannsdominerte.« (Bd. 1, S. 17f) Beide Bände werden mit historischen Übersichten der Herausgeberin eingeleitet. Alle Artikel und Aufsätze, beginnend mit Camilla Collett, sind ungekürzt abgedruckt und mit Erläuterungen zur jeweiligen Zeitung und Autorin versehen. Mit Literaturhinweisen und Register; am Schluss von Bd. 2 zudem eine umfangreiche Bibliographie von Janet Rasmussen: »Kvinner og norsk litteratur. En bibliografi over forskning 1955–1980« mit den Unterabschnitten »Kilder«, »Kjønnsroller i litteraturen«, »kvinnelitteratur«. |