6.6 Sterilität von verpackten Verbrauchsmaterialien

6.6.1 Einleitung

Anhand des durchgeführten Versuches sollte die Frage geklärt werden, ob mit einem sauberen Gummihandschuh aus der Transportverpackung entnommene Pipettenspitzen und Reaktionsgefäße Sterilität aufweisen. Die Frage stellt sich vor dem Hintergrund einer Zeitersparnis bei den Versuchsvorbereitungen für den Lehrer, da diese Materialien nicht mehr autoklaviert werden müßten.

6.6.2 Material und Methoden

Auf LB-Agarplatten wurden mit einer Pipettenspitze, die mit einem sauberen Gummihandschuh aus der Transportverpackung herausgenommen wurde, 100 µl LB-Medium pipettiert und ausgestrichen.
Auf die gerade beschriebene Art und Weise wurden ebenfalls Reaktionsgefäße aus der Transportverpackung entnommen und mit LB-Medium gefüllt. Aus den mit LB-Medium gefüllten Reaktionsgefäßen wurden dann mit autoklavierten Pipettenspitzen wiederum 100 µl LB-Medium auf LB-Agarplatten gegeben und ausgestrichen.

Für die Versuchsansätze wurden Materialien aus jeweils zwei unterschiedlichen, kurz vor Versuchsbeginn geöffneten Verpackungen entnommen. Als Kontrollen dienten LB-Agarplatten mit ausgestrichenem LB-Medium, wo jeweils nur mit zuvor autoklavierten Materialien gearbeitet wurde. Das Autoklavieren erfolgte nach herkömmlicher Methode bei 121 °C und 1 bar Überdruck für 20 Minuten.
Versuchsansätze und Kontrollen, die doppelt angesetzt wurden, sind dann für 24 h bei 37 °C inkubiert worden.
Die Auswertung des Versuches erfolgte unter dem Gesichtspunkt, ob Bakterien- oder Pilzwachstum auf den Platten zu sehen war.

6.6.3 Ergebnisse

Die Ergebnisse sind in Tabelle 25 dargestellt und lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Auf keiner der Versuchsplatten war nach 24stündiger Inkubation bei 37 °C weder Bakterien, noch Pilzwachstum festzustellen. Bei den mitgelaufenen Kontrollansätzen war erwartungsgemäß ebenfalls kein Wachstum festzustellen.

Material LB-Agarplatte Wachstum (Bakterien und/oder Pilze)
Pipettenspitzen
direkt aus Verpackung

A1

negativ

A2

negativ

B1

negativ

B2

negativ

Kontrolle

negativ

Reaktionsgefäße
direkt aus Verpackung

A1

negativ

A2

negativ

B1

negativ

B2

negativ

Kontrolle

negativ

Tabelle 25: Ergebnisse des Sterilitätsversuches nach 24stündiger Inkubation der Agarplatten bei 37 °C

6.6.4 Diskussion

Die gewonnenen Ergebnisse zeigen, daß die aus einer Transportverpackung mit einem Gummihandschuh entnommenen Materialien Sterilität aufweisen (Tab. 25). Das hängt wohl in allererster Linie mit der maschinellen Verpackung solcher Materialien zusammen. Für Schulen hat das gewonnene Versuchsergebnis zur Konsequenz, daß aus der Transportverpackung entnommene Materialien für Versuche nicht vorher sterilisiert werden müssen. Allerdings wurden die Versuche mit Materialien aus erst kurz vor Versuchsbeginn geöffneten Verpackungen durchgeführt, d.h. Versuche mit Materialien aus bereits seit längerer Zeit offenen Beuteln sind nicht durchgeführt worden. In Schulen ist das Problem natürlich nicht ganz unerheblich, da wohl kaum der Inhalt einer Verpackung im Zuge eines Einzelversuches verbraucht wird. Da keine Untersuchungsergebnisse zur Sterilität von Materialien aus länger geöffneten Verpackungen vorliegen, ist für Schulen das Autoklavieren solcher Materialien zu empfehlen.

6.7 Untersuchung alternativer Belüftungmethoden und der Einfluß der Temperatur auf das Bakterienwachstum in Flüssigkulturen

6.7.1 Einleitung

Das Bakterium E. coli teilt sich unter optimalen Wachstumbedingungen alle 20 Minuten. Für ein optimales Wachstum von E. coli-Zellen in einer Flüssigkultur sind mehrere Faktoren verantwortlich. Neben einer ausreichenden Nährstoffversorgung und einem Temperaturoptimum von 37 °C muß für eine ausreichende Sauerstoffversorgung der Kultur gesorgt werden. Dieses geschieht in der Regel durch Belüftung der Kultur mit Hilfe eines sogenannten Schüttlers oder eines Rollrades. Nun kann in Schulen weder das Vorhandensein eines Schüttlers bzw. Rollrades noch die Existenz eines 37 °C warmen Brutschrankes oder Wasserbades mit Schütteleinrichtung vorausgesetzt werden. Die Frage war, welche Alternativen Schulen angeboten werden können, die das Schülerexperiment trotzdem durchführen möchten. Dafür wurden die Verwendung einer Aquarienpumpe und über einen Schlauch eingeleitete Druckluft als alternative Belüftungsmöglichkeiten überprüft. Darüber hinaus sollte die Frage geklärt werden, ob bei Raumtemperatur gehaltene und genügend belüftete Flüssigkulturen eine ausreichende Zellzahl für die Plasmidpräparation ergeben.

6.7.2 Material und Methoden

Bei den verwendeten Bakterien handelt es sich um E. coli DH5a , die das Plasmid pBR322 beinhalten. Die verwendeten Materialien und Methoden sind mit den im Lehrermanual zur Plasmidpräparation (Kapitel 5.1.2) für das Ansetzen einer Flüssigkultur und die Plasmidpräparation erwähnten identisch.
Es wurden insgesamt 5 Reagenzgläser mit jeweils 7 ml LB-Medium angeimpft. Diese sind dann auf unterschiedliche Weise belüftet und entweder bei Raumtemperatur oder in einem Brutraum bei 37 °C für 19 h inkubiert worden.
Die Versuchsansätze, bei denen die alternativen Belüftungmöglichkeiten untersucht wurden, waren so präpariert, daß über eine in die Nährflüssigkeit eintauchende sterile Pasteurpipette die Luftzufuhr gewährleistet war. Die Pasteurpipette hatte über einen Gummischlauch Anschluß an die Luftquelle. Abgedichtet wurde das Reagenzglas mit Alu-Folie.
Die Bakteriendichte in den Reagenzgläsern wurde nach 19stündiger Inkubation anhand des Trübungsgrades des bei Versuchsbeginn klaren LB-Mediums optisch abgeschätzt, wobei zwischen geringer (+), mittlerer (++) und starker (+++) Trübung unterschieden wurde.

6.7.3 Ergebnisse

Die Ergebnisse zur Bakteriendichte und die Resultate aus den Plasmidpräparationen sind in Tabelle 26 dargestellt.

Ansatz

Belüftung

Inkubation

Trübungsgrad

Plasmid

Ges.konz. Plasmid-DNA (ng/µl)

1

Druckluft

Raumtemperatur

++

pBR 322

~ 5

2

Druckluft

Raumtemperatur

++

pBR 322

~ 5

3*

Druckluft

Raumtemperatur

Medium verdunstet

pBR 322

-

4

Aquarienp.

37 °C

++

pBR 322

~ 5

5

Rollrad

37 °C

+++

pBR 322

~ 7,5

Tabelle 26: Ergebnisse zum Bakterienwachstum anhand des Trübungsgrades und Menge an isolierter Plasmid-DNA in Abhängikeit alternativer Belüftungsarten und verschiedener Temperaturen.
*: Pasteurpipette taucht nicht ins Flüssigmedium ein.

6.7.4 Diskussion

Aus den auf alternative Weise belüfteten Versuchsansätzen konnte bei der anschließenden Plasmidpräparation eine für die weiteren Experimente ausreichende Menge Plasmid-DNA gewonnen werden (Tab. 26). Diese ist zwar geringer als bei dem unter optimalen Wachstumsbedingungen durchgeführten Versuchansatz (Ansatz 5), liefert aber bei einem Gesamtvolumen von 50 µl ein ausreichendes Quantum an Plasmid-DNA für eine Restriktionsspaltung, eine gelelektrophoretische Auftrennung und eine abschließende Transformation.
Des weiteren belegen die Resultate, daß der Einfluß der Temperatur auf das Bakterienwachstum nicht so entscheidend ist. Die Ergebnisse der Versuchsansätze 1 und 2 (Druckluft/ Raumtemperatur) entsprechen hinsichtlich des Trübungsgrades der Bakterienkultur und der erzielten Plasmidausbeute den Resultaten des 4. Versuchsansatzes (Aquarienpumpe/ 37 °C). Unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Kontrolle (Versuchsansatz 5), bei denen optimale Bedingungen für das Wachstum der Bakterienkultur geschaffen wurden, läßt sich folgern, daß die Belüftungsverhältnisse einen stärkeren Einfluß auf das Bakterienwachstum haben als die Temperatur in den untersuchten Bereichen (37 °C und Raumtemperatur).
Als Konsequenz aus dem Versuchsansatz 3, wo das komplette Medium nach 19stündiger Inkubation verdunstet war, ist bei den alternativen Belüftungsmaßnahmen darauf zu achten, daß die Pasteurpipette immer ins Medium eintaucht.

Für Schulen bedeuten die ermittelten Versuchsergebnisse, daß der Rückgriff auf alternative Belüftungsmethoden möglich ist und für das Bakterienwachstum Raumtemperaturen bei ausreichenden Belüftungsverhältnissen genügen. Druckluftanschlüße sind in den naturwissenschaftlichen Fachräumen von Schulen vorhanden. Falls das nicht der Fall sein sollte, kann die angesprochene Aquarienpumpe ebenso gute Dienste leisten.

Es bleibt für Schulen aber auch zu überlegen, ob sie sich nicht mit anderen Mitteln weiterhelfen können. Z.B. könnte man mit Materialien von „Fischertechnik" ein Rollrad selber bauen. Hinweise für den Bau eines Brutschranks und einer Schütteleinrichtung mit Wasserbad aus preiswerten Materialien sind bei BAYRHUBER/ LUCIUS (Bd.1, 1992) zu finden.

6.8 Alternative Mikropipettierhilfen

In den Experimenten müssen kleinste Volumina pipettiert werden. Im Laboralltag werden dafür spezielle Pipettierhilfen benutzt. An ihnen kann das gewünschte Volumen voreingestellt und so problemlos pipettiert werden. Der Nachteil an diesen Mikropipettierhilfen ist der verhältnismäßig hohe Anschaffungspreis, der es Schulen kaum ermöglichen wird, solche Geräte im Klassensatz anzuschaffen.
Abhilfe kann für die Schule geschaffen werden, indem sie auf preiswertere Alternativen zurückgreift. Eine Auswahl ist in Abbildung 11 dargestellt.
Die Handhabung der alternativen Mikropipetten ist relativ leicht und läßt sich von Schülern in einer den eigentlichen Experimenten vorgeschalteten Phase schnell erlernen. Die weißen Spitzen sind vom Hersteller bereits mit Markierungen versehen, mit denen sich Volumina von 2 und 10 µl relativ exakt pipettieren lassen. Für größere Volumina kann man gelbe Spitzen verwenden. Allerdings befinden sich dort keine Markierungen für bestimmte Flüssigkeitsmengen. Eine ziemlich genaue Markierung kann dadurch festgelegt werden, indem man auf einer separaten Spitze Markierungen vornimmt. Mit Hilfe einer voreinstellbaren Mikropipettierhilfe können bestimmte Volumina von Flüssigkeiten (z.B. Wasser) pipettiert und im aufgezogenen Zustand die Spitze an der betreffenden Stelle gekennzeichnet werden. Diese so gekennzeichnete Spitze kann als Referenzspitze für die anderen Spitzen dienen. Dafür ist natürlich das Vorhandensein zumindest einer Mikropipettierhilfe an Schulen erforderlich. Das kann zum Beispiel in Form einer Leihgabe geschehen. Das Institut für Genetik der Universität zu Köln hat sich dazu bereit erklärt. Ferner könnten Lehrer ortsansässige Chemie-, Biotechnologie- und Pharmaunternehmen bezüglich Leihgaben ansprechen.

abbildung 11Als große Abbildung
Abbildung 11: Auswahl alternativer Mikropipettierhilfen.
Links im Bild eine Combitippipette, daneben eine Pipettenspitze mit einer Markierung für 2 und 10 µl.
Rechts im Bild eine in der Medizin gebräuchliche 2 ml Spritze. Diese wird über ein Gummischlauchstück mit
einer gelben Pipettenspitze verbunden.

6.9 Vergleich der Plasmid-Vektoren

Anhand der Ergebnisse aus den mit diesen Plasmiden durchgeführten Versuchen (Kapitel 6.1 bis 6.7) soll hier ihre Verwendbarkeit im Schülerexperiment kurz diskutiert werden.

6.9.1 Plasmid-Vektor pBR322

Die Abbildung 12 zeigt eine Agarplatte auf der sich mit pBR322 transformierte E. coli K12 DH5a befinden.

abbildung 12Als große Abbildung
Abbildung 12: E. coli K12 DH5a Kolonien auf einer ampicillinhaltigen LB-Agarplatte nach Transformation mit dem Plasmid pBR322.

Die mit dem Plasmid erzielten Ergebnisse bei Plasmidpräparation (Kapitel 6.1), Restriktion (Kapitel 6.2), gelelektrophoretischer Auftrennung (6.3) und Transformation (Kapitel 6.4) erlauben es, daß das Plasmid im Schülerexperiment zur genetischen Transformation verwendet werden kann.

6.9.2 Plasmid-Vektor pUC 19

Genau wie der Plasmid-Vektor pBR322 kann das Plasmid uneingeschränkt aufgrund guter Erfahrungen in durchgeführten Experimenten für das Schülerexperiment empfohlen werden (Kapitel 6.1 - 6.5). Dabei ist darauf hinzuweisen, daß mit dem Plasmid transformierte E. coli DH5a-Zellen zur a -Komplementation fähig sind und diese auf McConkey-Agarplatten anhand einer spezifischen Rotfärbung identifiziert werden können (Abb.10, S. 127).
In Abbildung 13 sind mit pUC 19 transformierte E. coli-Zellen vom Stamm DH5a zu sehen.

abbildung 13Als große Abbildung
Abbildung 13: E. coli K12 DH5a Kolonien auf einer ampicillinhaltigen LB-Agarplatte nach Transformation mit dem Plasmid pUC 19.

6.9.3 Plasmid-Vektor pUC 18

Bezogen auf eine Empfehlung für das Schülerexperiment gilt das für den Plasmid-Vektor pUC 19 (Kapitel 6.9.2) gesagte im gleichen Maß für pUC 18.

abbildung 14Als große Abbildung
Abbildung 14: E. coli K12 DH5a Kolonien auf einer ampicillinhaltigen LB-Agarplatte nach Transformation mit dem Plasmid pUC 18.

Die Abbildung 14 zeigt eine Agarplatte, auf der sich mit pUC 18 transformierte E. coli K12 DH5a befinden.

6.9.4 Plasmid-Vektor pAmp

Die mit dem Plamid erzielten Ergebnisse bei durchgeführten Versuchen (Kapitel 6.1 - 6.5) entsprechen denen, die mit den Plasmid-Vektoren pBR322 und pUC 18 bzw. pUC 19 erreicht werden konnten. Die Abbildung 15 zeigt eine Agarplatte, auf der sich mit dem Plasmid pAmp transformierte E. coli K12 DH5a befinden.

abbildung 15Als große Abbildung
Abbildung 15: E. coli K12 DH5a Kolonien auf einer ampicillinhaltigen LB-Agarplatte nach Transformation mit dem Plasmid pAmp.

Das Problem bei diesem Plasmid ist die Beschaffung. Vertrieben wird das Plasmid ausschließlich über die in den USA ansässige Carolina Biological Supply Company. Der Preis für das Plasmid beträgt zzgl. Versandkosten ca. US-$ 27.
Aufgrund des relativ hohen Aufwandes bei der Beschaffung, mit einem nicht gerade geringen Preis und zwischen den einzelnen Plasmiden vergleichbaren Versuchsergebnissen, ist das Plasmid pAmp nicht uneingeschränkt für das Schülerexperiment zu empfehlen.

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