Welche gesellschaftlichen Konsequenzen es hat, wenn Menschen an den freien Willen glauben, berichtet der Kölner Psychologe Juniorprofessor Dr. Oliver Genschow vom Social Cognition Center Cologne (SoCCCo) zusammen mit Davide Rigoni und Marcel Brass von der Universität Gent im Artikel „Belief in free will affects causal attributions when judging others' behavior“ in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS).
In mehreren Studien fragten die Forscher Freiwillige, was sie zu Verhaltensweisen wie zum Beispiel „Lügen“ oder „Geld spenden“ motiviert. Zuverlässig zeigte sich in allen Studien die sogenannte „Korrespondenzverzerrung“: Menschen neigen dazu, das Verhalten anderer eher ihrer Persönlichkeit als den Umständen in die Schuhe zu schieben.
Was hat das mit dem Glauben an den freien Willen zu tun? Auch danach hatten die Forscher gefragt und fanden: Je stärker der Glaube an den freien Willen war, desto eher wurde eine Person wegen persönlicher statt situativer Umstände zur Verantwortung gezogen. Und je stärker dieser Zusammenhang war, desto eher waren die Befragten bereit, die andere Person zu belohnen oder zu bestrafen. Nur, wenn Menschen glauben, dass die Person verantwortlich ist – und nicht deren Umstände, ist Belohnen und Bestrafen sinnvoll bzw. gerechtfertigt.
„Die Ergebnisse der Studie sind wichtig, weil unser Rechtssystem Straftaten danach be- und verurteilt, ob die Angeklagten für ihre Tat verantwortlich sind. Das heißt, inwieweit sie absichtlich – ‚aus freiem Willen‘ – gehandelt haben“, erklärt Oliver Genschow. „Das Strafmaß kann also umso höher ausfallen, je stärker die Prozessbeteiligten an den freien Willen glauben.“
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Zur Publikation:
http://www.pnas.org/content/114/38/10071