Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt mit über 2,4 Millionen Euro sechs deutsche Universitäten, darunter auch die Universität zu Köln, für ihre kernphysikalischen Untersuchungen an der Forschungsanlage ISOLDE des Europäischen Kernforschungszentrums CERN in Genf.
Das BMBF stellt die Mittel im Rahmen der Verbundforschungs-Förderung für drei Jahre bereit. Gefördert werden Arbeitsgruppen der Technischen Universität Darmstadt, der Universität Greifswald, der Friedrich-Schiller-Universität Jena, der Universität zu Köln, der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz und der Technischen Universität München.
Forschungsgegenstand sind exotische, kurzlebige Atomkerne. Selbst mit modernsten Methoden gelingt ihre Herstellung am CERN oft nur mit sehr geringen Teilchenzahlen. Daher müssen hochempfindliche Detektoren entwickelt werden, um die kurzlebigen Atomkerne nicht nur nachzuweisen, sondern auch ihre Eigenschaften wie zum Beispiel Größe, Masse und Anregungsspektrum mit hoher Genauigkeit zu vermessen.
Dabei wenden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zum einen atomphysikalische Methoden wie Laserspektroskopie und Massenspektrometrie bei niedrigen Teilchenenergien an. Darüber hinaus werden sie neue Akzente im Bereich der hochaufgelösten Kernspektroskopie nach Kernstößen und -zerfällen setzen, nachdem ISOLDE vor kurzem zur sogenannten HIE-ISOLDE erweitert wurde, mit höheren (H) Intensitäten (I) bei höheren Energien (E) der Teilchenstrahlen, die den Forschungsgruppen damit zur Verfügung gestellt werden können. Diese Erweiterungen macht nicht zuletzt die erfolgreichen Messungen mit dem „MINIBALL“-Detektor möglich, an dem deutsche Gruppen wesentlich beteiligt sind.
Die Kölner Gruppen haben dafür ortsempfindliche Germaniumdetektoren beigesteuert und eine hochsensitive Messanordnung zur Bestimmung von Lebensdauern angeregter Kernzustände erfolgreich zum Einsatz gebracht. Die Experimente mit dem MINIBALL und dem neuen HIE-ISOLDE Beschleuniger werden in den kommenden Jahren mit verbesserten Instrumenten durchgeführt, die ebenfalls in den Laboren des Instituts für Kernphysik der Universität zu Köln entwickelt und gebaut werden. Ziel dieser Bemühungen ist ein umfassendes Verständnis des Aufbaus der Atomkerne und der sie erzeugenden Kräfte.
Von den Experimenten erhoffen sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler neue Erkenntnisse, zum Beispiel über die kernphysikalischen Vorgänge in Sternen. Dort spielen gerade die Kerne eine entscheidende Rolle, die zwar schon innerhalb von Sekundenbruchteilen nach ihrer Erzeugung wieder zerfallen, aber trotzdem mit Präzisionsmethoden bei ISOLDE studiert werden können. Besonders wichtig sind diese Erkenntnisse für das Verständnis der Prozesse unter den extremen Bedingungen besonders schwerer Sterne (im Vergleich zu unserer Sonne).
Während direkt nach dem Urknall nur die leichtesten chemischen Elemente wie Wasserstoff und Helium entstanden, wurden und werden dort praktisch alle anderen Elemente produziert, aus denen unsere Umwelt und auch wir Menschen selbst bestehen. Erst kürzlich gelang es, kollidierende Neutronensterne als Ort dieser Elementsynthese zu identifizieren. Dazu haben Forscher und Forscherinnen astronomische Beobachtungen, unter anderem von Gravitationswellen, mit Modellrechnungen basierend auf kernphysikalischen Erkenntnissen verglichen, wie sie auch an ISOLDE gewonnen werden.
Über die kern- und astrophysikalische Grundlagenforschung hinaus werden die von ISOLDE zur Verfügung gestellten radioaktiven Kerne und die dort entwickelten experimentellen Methoden auch bei der Untersuchung von Festkörpern sowie medizinischen Fragestellungen genutzt.
Gefördert werden Projekte der Arbeitsgruppen von Prof. Dr. Th. Kröll, Prof. Dr. W. Nörtershäuser, Prof. Dr. Dr. h.c. N. Pietralla (jeweils (Darmstadt), Prof. Dr. L. Schweikhard (Greifswald), Prof. Dr. S. Fritzsche (Jena), Prof. Dr. P. Reiter, Prof. Dr. J. Jolie (jeweils (Köln), Prof. Dr. K. Wendt Mainz und Prof. Dr. Shawn Bishop (München).
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BMBF Physik der kleinsten Teilchen
CERN ISOLDE
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