Unter der Eiskruste Ganymeds, des größten Mondes im Sonnensystem, liegt ein Ozean aus Salzwasser. Das ergaben Beobachtungen seiner Polarlichter mit dem Hubble Weltraumteleskop wie heute die NASA und das Space Telescope Science Institute in einer Tele-Konferenz bekannt gaben. In den Hubble-Beobachtungen wurde die Auswirkung gemessen, die ein Salzwasser-Ozean auf das Schaukeln der Polarlichter hat. Durchgeführt und ausgewertet wurden diese Beobachtungen von einem Team von WissenschaftlerInnen unter der Leitung von Professor Dr. Joachim Saur vom Institut für Geophysik und Meteorologie der Universität zu Köln.
Der Ozean besitzt vermutlich mehr Wasser als sich in allen Ozeanen auf der Erde befindet. Wasser ist eine essentielle Voraussetzung für Leben, wie wir es kennen. Bei der Suche nach Orten außerhalb der Erde, bei denen die Grundvoraussetzungen für Leben erfüllt sein könnten, kommt dem Auffinden von Wasser daher eine Schlüsselrolle zu.
Was befindet sich unter dem Eis des größten Mondes im Sonnensystem? Diese Frage beschäftigt WissenschaftlerInnen, die Jupiters Mond Ganymed erforschen, schon seit langem. „Ich habe mir den Kopf zerbrochen, wie man mit einem Teleskop in den Mond hineinschauen könnte“ erklärt Joachim Saur. Ihm kamen die Polarlichter des Jupitermondes in den Sinn. „Weil die Polarlichter vom Magnetfeld kontrolliert werden, kann man Eigenschaften des Magnetfelds ableiten, wenn man die Lage der Polarlichter geschickt beobachtet. Kennt man das Magnetfeld, dann kann man daraus auch vieles über das Innere des Mondes herausfinden.“
Ganymed ist der einzige Mond von dem bekannt ist, dass er ein eigenes Magnetfeld besitzt. Der Orbit von Ganymed befindet sich innerhalb des sehr starken Magnetfelds von Jupiter. Aufgrund Ganymeds internen Magnetfeld kommt es zur Ausbildung von zwei Polarlichtovalen in der Nordpol- und in der Südpolregion des Mondes, ähnlich wie auf der Erde. Der genaue Ort, an dem sich die Polarlichtovale befinden, wird durch die Überlagerung der Magnetfelder von Ganymed und von Jupiter bestimmt.
Da Jupiters Magnetfeld am Ort von Ganymed periodischen Änderungen unterworfen ist, ändern sich auch die Orte der Polarlichtovale von Ganymed und es kommt zu einem „Schaukeln“ der Polarlichtovale. Die Periode dieses Schaukelns beträgt etwa 10 Stunden. Durch Beobachtung des Schaukelns der Polarlichtovale Ganymeds konnten WissenschaftlerInnen nun nachverfolgen, wie das Magnetfeld an der Oberfläche von Ganymed auf die periodische Anregung durch Jupiters Magnetfeld reagiert.
Wenn ein Salzwasserozean vorhanden ist, dann werden dort Ströme induziert, wenn sich das Magnetfeld des Jupiters verändert. Die Ströme erzeugen wiederum Magnetfelder, die das anregende Magnetfeld des Gasgiganten abschwächen. Diese Abschwächung des Magnetfelds hat ein abgeschwächtes Schaukeln der Polarlichtovale zur Folge. Je mehr Salzwasser es gibt und je höher sein Salzgehalt ist, umso stärker ist die Abschwächung des Schaukelns der Polarlichtovale.
„Der Effekt der Abschwächung durch Ganymeds Ozean ist so stark, dass das Schaukeln der Polarlichtovale von 6 Grad ohne Ozean auf die beobachteten 2 Grad abgeschwächt ist“, sagt Stefan Duling vom Institut für Geophysik und Meteorologie, der im Rahmen seiner Masterarbeit die begleitenden Computermodelle implementierte und durchgeführt hat. Die Berechnungen wurden auf CHEOPS, dem Hochleistungsrechner des Regionalen Rechenzentrums Köln (RRZK), durchgeführt.
Die Wissenschaftler wiesen nach, dass eine Mächtigkeit des Ozeans von 100 Kilometer in einer Tiefe von 150 Kilometer unter der Eisoberfläche konsistent mit den Beobachtungen ist. Bereits zuvor gab es in Magnetfeldmessungen der NASA-Raumsonde Galileo Hinweise auf einen Ozean unter dem Eis von Ganymed, allerdings war dessen Existenz nicht zwingend.
Diese Magnetfeldmessungen konnten während einiger Vorbeiflüge am Mond immer nur für kurze Zeiten (ca. 20 Minuten) gewonnen werden – zu kurz um daraus ein Schaukeln des Magnetfelds sicher bestimmen zu können. Mit Hilfe des Hubble Weltraumteleskops konnten Joachim Saur und sein Team das Verhalten der Polarlichtovale und damit des Magnetfelds nun über eine Dauer von 7 Stunden verfolgen und damit den Ozean bestätigen.
Bei Rückfragen:
Professor Dr. Joachim Saur
Institut für Geophysik und Meteorologie
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E-Mail: saurgeo.uni-koeln.de