Etwa 40 Prozent der Landoberfläche der Erde sind von Trockengebieten bedeckt, in denen die Niederschläge im Jahresdurchschnitt geringer sind als die Verdunstung. Die für diese Gebiete vorhergesagten klimatischen Veränderungen sind besonders alarmierend: Stärkere Schwankungen in den jährlichen und saisonalen Niederschlägen werden zu häufigeren Dürren und vermutlich auch längeren Dürreperioden führen. Trockengebiete gehören damit zu den vom Klimawandel am stärksten betroffenen Gebieten.
Bisher gibt es nur wenige wissenschaftliche Untersuchungen zu der Frage, wie stark das jährliche Pflanzenwachstum in Weidelandschaften – und damit das verfügbare Futter – von Dürren in Mitleidenschaft gezogen wird und wie gut dieser Zusammenhang vorhersagbar ist. Dieses Wissen über die Stabilität der Vegetation wäre jedoch entscheidend, um die Folgen des Klimawandels in diesen Gebieten besser abschätzen zu können. Der Kölner Ökologe Dr. Jan Ruppert hat in den vergangenen Jahren Hunderte von Langzeitstudien zum jährlichen Pflanzenwachstum in Trockengebieten zusammengetragen und diese Daten nun zusammen mit seiner Arbeitsgruppenleiterin, Dr. Anja Linstädter, analysiert.
Die Forscher gingen dabei der Frage nach, auf welche Weise sich Dürren unterschiedlicher Stärke auf die pflanzliche Produktion während und nach einer Dürre auswirken. Besonders interessiert waren sie daran, ob bestimmte Eigenschaften der Vegetation oder auch die Beweidung selber hier eine Rolle spielen. Die Wissenschaftler unterschieden dabei zwei unterschiedliche Aspekte von Stabilität: Zum einen die Widerstandsfähigkeit der Vegetation gegenüber einer Dürre unterschiedlicher Stärke (ihre Resistenz), und zum anderen ihre Fähigkeit zur Regeneration nach einem solchen Dürre-Ereignis (ihre Erholungsfähigkeit).
„Überraschend war, dass der Vegetationstyp ein eher schlechter Indikator für die Dürrestabilität der Vegetation ist – es spielt also keine große Rolle, ob die Dürre eine Savanne, ein Grasland oder ein Buschland trifft. Viel entscheidender ist der dominierende Lebenszyklus der Pflanzen in der Grasschicht, also ob die Pflanzen einjährig oder ausdauernd sind“, so Dr. Jan Ruppert. Trockengebiete, die von einjährigen Pflanzen dominiert sind, leiden stark während einer Dürre, können sich aber direkt nach einer Dürre schnell wieder erholen.
Gebiete, in denen ausdauernde Pflanzen die Grasschicht beherrschen, zeigen ein gegenläufiges Muster. Auch der Einfluss der Beweidung auf die Dürrestabilität der Vegetation hängt stark davon ab, ob einjährige oder mehrjährige Pflanzen dominieren. Ausdauernde Pflanzengesellschaften weisen unter Beweidung zum Beispiel eine niedrigere Resistenz auf, während bei einjährigen kein Einfluss der Beweidung auf die Resistenz festgestellt werden konnte. „Unsere Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Vegetation in Trockengebieten nicht in der Lage ist, ihre Resistenz- und Erholungsfähigkeit gleichzeitig zu optimieren“, resümiert Dr. Anja Linstädter.
Neben diesen Bestandsaufnahmen wagen die Forscher auch einen Blick in die Zukunft. Auf der Basis von über 500 ausgewerteten Dürre-Ereignissen können sie den dürrebedingten Rückgang der pflanzlichen Produktion relativ genau vorhersagen. So würde eine Jahrhundertdürre die Produktion von pflanzlicher Biomasse um ca. 45% oder 72% reduzieren, abhängig davon, ob es sich um ein Trockengebiet handelt, das von mehrjährigen oder einjährigen Pflanzen dominiert wird. „Dieser Befund ist erschreckend, vor allem wenn man bedenkt, dass eine »Jahrhundertdürre« heutigen Maßstabs in Zukunft deutlich häufiger auftreten wird“, warnt Linstädter.
„Die gute Nachricht ist, dass Trockengebiete eine verhältnismäßig gute Voranpassung an Dürren aufweisen. Die schlechte Nachricht ist, dass gemeinsame Auswirkungen von Klimawandel und Überweidung verheerende Folgen für ihre Fähigkeit haben können, Dürren abzupuffern“, resümiert Ruppert. „Der fortschreitende Verlust von ausdauernden Gräsern und der Rückgang der bodendeckenden Vegetation können hier als wichtige Warnhinweise dienen.“
Artikel:
<link https://dx.doi.org/10.1111/gcb.12777>https://dx.doi.org/10.1111/gcb.12777</link>
Bei Rückfragen:
Dr. Jan C. Ruppert,
Range Ecology and Range Management, AG Linstädter
Mathematisch-Naturwissenschaftliche-Fakultät
Universität zu Köln
<link jan.ruppert@uni-koeln.de>jan.ruppert@uni-koeln.de</link>
Dr. Anja Linstädter,
Range Ecology and Range Management, AG Linstädter
Mathematisch-Naturwissenschaftliche-Fakultät
Universität zu Köln
<link anja.linstaedter@uni-koeln.de>anja.linstaedter@uni-koeln.de</link>
Internet:
<link http://www.botanik.uni-koeln.de/range_ecology.html>www.botanik.uni-koeln.de/range_ecology.html</link>