Am Sonntag steht die Deutsche Elf im Finale und wer die Europameisterschaft aktiv mitverfolgt hat, fühlt sich an das "Sommermärchen" vor zwei Jahren erinnert. Damals wie heute feiern deutsche und ausländische Fans jedes Spiel beinahe euphorisch wie einen Endsieg. Und das vielleicht Ungewöhnlichste daran ist: Sie feiern im absolut friedlichen Miteinander.
Wie erleben Jugendliche Deutschland heute? Und welche Rolle spielte dabei der WM-Sommer 2006? Eine Studie des Departments Psychologie der Universität zu Köln verglich die personale und soziale Identität von deutschen Jugendlichen und Jugendlichen mit Migrationshintergrund in den Jahren 2001/02 und 2007. Danach äußerten die Jugendlichen 2007 mehr Nationalstolz, erlebten die Europäische Union positiver und waren toleranter und fremdenfreundlicher als zum früheren Zeitpunkt. Bei den Jugendlichen mit Migrationshintergrund war die positive Entwicklung sogar noch stärker ausgeprägt als bei den deutschen Jugendlichen.
Offenbar beeinflusste die positive Atmosphäre der WM 2006 das Erleben der Jugendlichen und damit die positiven Emotionen in Bezug auf ihr Land. Die Ergebnisse deuten dabei nicht nur auf einen stärkeren Patriotismus, sondern auch auf mehr Toleranz und weniger Fremdenfeindlichkeit.
Der Nationalstolz junger Menschen kann durch bedeutende Ereignisse kurz- und mittelfristig beeinflusst werden. Interessant am Sommermärchen 2006 ist dabei, dass der Nationalstolz nicht nur durch sportliche Erfolge ausgelöst wurde; schließlich belegte die Deutsche Elf nur den dritten Platz. Vielmehr lässt er sich als Folge eines längerfristigen Trends zum entkrampfteren Umgang mit nationalen Gefühlen und Symbolen interpretieren. Vergleiche mit anderen Studien (FORSA-Umfrage 2008 und Längsschnitt-Untersuchung des Instituts für praxisorientierte Sozialforschung) legen nahe, von einem "epochalen Trend" zu sprechen.
Bei Rückfragen:
Prof. Dr. Ulrich Schmidt-Denter, Department Psychologie der Universität zu Köln, Tel. (0221) 470-5806, E-Mail: u.schmidt-denteruni-koeln.de