Am Very Large Telescope (VLT) der ESO (European Southern Observatory) in Chile wurde ein neues Instrument in Betrieb genommen, dessen Hauptaufgabe es sein wird, Schwarze Löcher zu untersuchen. Entworfen und gebaut wurde GRAVITY von einem großen Team aus europäischen Astronomen und Ingenieuren, zu dem auch Wissenschaftler aus Heidelberg, Köln und Garching gehören. Geleitet wird das Projekt vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching.
GRAVITY ist das leistungsstärkste Instrument für das VLT-Interferometer (VLTI), das bisher montiert wurde. Um ein virtuelles Teleskop mit bis zu 200 Metern Durchmesser zu bilden, kombiniert das GRAVITY-Instrument über Interferometrie das Licht von mehreren Teleskopen. Diese Technik ermöglicht es Astronomen, viel feinere Details in astronomischen Objekten zu erkennen als es mit einem einzigen Teleskop möglich wäre. Befänden sich Gebäude auf dem Mond, würde GRAVITY sie erkennen.
Solch extrem hochauflösende Bildgebung besitzt viele Anwendungsmöglichkeiten, aber der Hauptfokus wird in der Zukunft in der Untersuchung der Umgebung Schwarzer Löcher liegen. GRAVITY kann sowohl die Positionen astronomischer Objekte auf das Genaueste vermessen als auch interferometrische Bildgebung und Spektroskopie durchführen. Der Hardware-Beitrag des Kölner Instituts war die Entwicklung und der Bau der beiden Spektrometer von GRAVITY. Die Spektrometer analysieren die Wellenlänge des beobachteten Sternenlichts und wandeln die empfangenen Photonen in elektronische Signale um.
GRAVITYs Leistungsfähigkeit sorgt durchweg für große Begeisterung im Team. Während der ersten Beobachtungen gelang es GRAVITY bereits, das Sternlicht von allen vier VLT-Hilfsteleskopen zu bündeln. Während der ersten Tests konnte das Instrument bereits mehrere Premieren feiern. So konnte eine der Komponenten des Sternhaufens im Sternbild Orion als Doppelstern identifiziert werden. Dabei gelang es den Astronomen auch, das Licht der vier Teleskope zeitgleich zu stabilisieren – ein Kunststück, das so bisher noch nie gelungen ist.
Seit dem Sommer 2015 hat ein internationales Team aus Astronomen und Ingenieuren unter der Leitung von Frank Eisenhauer (MPE, Garching) das Instrument in speziell angepassten Tunneln unter dem Very Large Telescope der ESO am Paranal-Observatorium im Norden Chiles montiert. Dies stellt die erste Phase der Inbetriebnahme von GRAVITY im Rahmen des Very Large Telescope Interferometer dar.
„Bereits bei den ersten Beobachtungen, und zum allerersten Mal in der Geschichte der optischen Interferometrie, konnte GRAVITY Aufnahmen mit mehreren Minuten Belichtungszeit machen, also mehr als hundert Mal länger als es vorher möglich war“, erläutert Frank Eisenhauer. „GRAVITY wird zukünftig die Beobachtung von deutlich lichtschwächeren Objekten erlauben, und verschiebt die Grenzen der Empfindlichkeit und Genauigkeit der hochauflösenden Astronomie weit über das hinaus, was derzeit möglich ist."
Insbesondere wird GRAVITY untersuchen, was in dem extrem starken Gravitationsfeld nahe des Ereignishorizonts des massereichen Schwarzen Lochs im Zentrum der Milchstraße passiert – was den Namen des Instruments erklärt. In dieser Region wird das physikalische Verhalten von Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie beherrscht.
Außerdem soll es Details des Massenzuwachses und Jets erkennen – Prozesse, die beide in der Nähe neugeborener Sterne (junger stellare Objekte) und in Regionen um massereiche Schwarze Löcher in den Zentren anderer Galaxien auftreten. Überragen wird es alles je Dagewesene auch bei der Untersuchung der Bewegungen von Doppelsternen, Exoplaneten und jungen stellaren Scheiben, sowie bei Aufnahmen von Sternoberflächen.
Bislang ist GRAVITY mit den vier 1,8-Meter-Hilfsteleskopen getestet worden. Die ersten Beobachtungen mit GRAVITY mit den vier 8-Meter-Hauptteleskopen des VLT sind im Verlauf des Jahres 2016 geplant.
Die GRAVITY-Arbeitsgemeinschaft steht unter der Führung des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik in Garching. Die anderen Partner-Institute sind:
- LESIA, Observatoire de Paris, PSL Research University, CNRS, Sorbonne Universités, UPMC Univ. Paris 06, Univ. Paris Diderot, Sorbonne Paris Cité, Meudon, Frankreich
- Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg
- 1. Physikalisches Institut der Universität Köln
- IPAG, Université Grenoble Alpes/CNRS, Frankreich
- Centro Multidisciplinar de Astrofísica, CENTRA (SIM), Lissabon und Porto, Portugal
- ESO Garching
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