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Boko Haram – „Westliche Bildung ist Sünde“

Die nigerianische Sprachwissenschaftlerin Judith Mgbemena und ihr deutscher Kollege, der Politologe und Kulturwissenschaftler Johannes Harnischfeger, referieren über Sprachen, Konflikte und die Hintergründe von „Boko Haram“

 

„Boko Haram – Linguistic Violence and Religious Conflict“ – unter diesem Titel lädt das GSSC (Global South Studies Center Cologne) am 26. September an der Universität zu Köln zu einer Veranstaltung über die Hintergründe und Auswirkungen von Gewalt, gesellschaftlichen Umbrüchen und religiösen Konflikten im von der Angst vor Boko Haram geprägten Nigeria ein. Gehalten wird der Vortrag von Dr. Judith Mgbemena und Dr. Dr. Johannes Harnischfeger. Die Sprachwissenschaftlerin Judith Mgbemena arbeitet in der Abteilung für Englisch & Literaturwissenschaften an der Federal University Wukari im nigerianischen Staat Taraba. Als Soziolinguistin beschäftigt sie sich auch mit den Hintergründen eines Konfliktes, der zur Folge hat, dass sprachliche Diversität, die Vielfältigkeit von Möglichkeiten, sich auszudrücken, bekämpft und verneint werden. Dr. Dr. Johannes Harnischfeger, Mitarbeiter an den Instituten für Afrikanistik der Universität zu Köln und der Goethe-Universität Frankfurt, forscht insbesondere zu  ethnischen und religiösen Konflikten in Nigeria und ist einer der führenden Experten zu Boko Haram.
Hintergründe zu „Boko Haram“

International Schlagzeilen erlangte Boko Haram im Frühjahr diesen Jahres mit einer spektakulären Entführungsaktion: Am Abend des 14. April überfiel die Gruppe den Ort Chibok im nordöstlichen Bundesstaat Borno und nahm fast 300 nigerianische  Schülerinnen im Alter zwischen 15 bis 18 Jahren in ihre Gewalt. In einem Bekennervideo drohte Abubakar Shekau, der Chef der Terrorgruppe,  die Mädchen zu verkaufen, zu versklaven und zwangszuverheiraten.
Die Entstehung von Boko Haram wird grob auf das Jahr 2002 datiert. Sie hat sich in Maiduguri, einer Millionenstadt im Norden Nigerias formiert. Einige der diversen Splittergruppen kämpfen im Namen des Islam. Während die Gruppe in den ersten Jahren gewaltlos agierte, radikalisierte sie sich etwa ab 2009 und bekämpft seither aktiv den nigerianischen Staat. Laut einem Report der International Crisis Group hat sie bisher über 4.000 Tote und bis zu eine halbe Million Flüchtlinge zu verantworten. Der nigerianische Präsident Goodluck Jonathan rief aufgrund des anhaltenden Terrors im Mai 2013 den Notstand in den drei nördlichen Bundesstaaten Borno, Yobe und Adamawa aus. Seit November 2013 wird Boko Haram von den USA als Terrororganisation eingestuft.

Offiziell trägt die Gruppe seit 2009 den Namen Jama'atu Ahlis Sunna Lidda'awati wal-Jihad  („Vereinigung der Sunniten für den Ruf zum Islam und für den Dschihad“). Der Name „Boko Haram“ stammt von der lokalen Bevölkerung: „Boko“ bezieht sich in der dominierenden nigerianischen Sprache Hausa auf alles, was mit Betrug oder Täuschung zu tun hat. Das arabische „Haram“ bezeichnet im Islam alles, was nach der Scharia verboten ist. Als die Kolonialmacht Großbritannien in Nigeria zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein westliches Schulsystem einführte, stieß sie damit auf große Ablehnung. Im Vergleich zu traditionellen Koranschulen wurde die westliche Bildung als unzureichend und verlogen wahrgenommen („Boko“). Zudem wird der Begriff als Synonym für nicht-islamische, westliche Bildung verwendet. Boko Haram wird deshalb häufig als „Westliche Bildung ist Sünde“ übersetzt.

Mit der Veranstaltung zu Boko Haram startet das GSSC mit seiner neuen Veranstaltungsreihe „Focus Global South“.  Im Mittelpunkt der Vorträge, die sich insbesondere an die breite Öffentlichkeit richten, stehen brisante politische Themen mit Bezug zum Globalen Süden. Am 07.11. findet die nächste Focus Global South Veranstaltung mit dem Titel „Konflikte im Südchinesischen Meer. Analysen und Hintergründe“ statt. Weitere Informationen finden Sie unter „Events“ auf der GSSC-Website gssc.uni-koeln.de.

Das 2014 neu an der Universität gegründete Exzellenzzentrum GSSC vereint Forschungskompetenzen zu Afrika, Asien und Lateinamerika und erforscht kulturelle, soziale und wirtschaftliche Veränderungen in den Ländern des Südens in einer Zeit der raschen Globalisierung – mit dem Ziel, diese Entwicklungen national und international sichtbar zu machen. Mehr Infos unter: gssc.uni-koeln.de


Wann:   

Freitag, 26. September 2014
14:30 - 16:00 Uhr

Wo:

Universität zu Köln Internationales Kolleg Morphomata
Center for Advanced Studies
Weyertal 59
50937 Köln

Bei Rückfragen:

Dr. Christine Rath
Pressereferentin Global South Studies Center (GSSC)
Tel.: 0221 / 470 88 96
E-Mail: christine.rathSpamProtectionuni-koeln.de