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Blick in die Evolution des Auges

ZoologInnen rekonstruieren Struktur des Auges eines räuberischen Krebses aus der Saurierzeit 

ZoologInnen aus Köln und Lyon ist es gelungen, die innere Struktur eines 160 Millionen Jahre alten Facettenauges aufzuklären. Es gehört zu einem etwa 30 cm großen Krebs (Dollocaris ingens van Straelen, 1923, Thylacocephala) aus dem mittleren Jura. Das Fossil wurde in der Lagerstätte La Voulte im Südosten Frankreichs gefunden. Die beiden Augen des Tieres bestehen aus jeweils ungefähr 18.000 Einzelfacetten. Da jede dieser Facetten quasi einen Pixel zum wahrgenommenen Gesamtbild beiträgt, gehört das Sehen dieses Krebses zu den genauesten unter den Gliederfüßern. 

Mit der Rekonstruktion der Augenstruktur gelang es, auch versteinerte weiche Gewebsstrukturen sichtbar zu machen, was lange als unmöglich galt. Die Forschungen wurden von der Zoologin Brigitte Schoenemann von der Universität Köln, ihrem französischen Kollegen, dem Paläontologen Jean Vannier (CNRS/Université Claude Bernard Lyon 1/ENS de Lyon) und anderen Kollegen durchgeführt. 

Von seinem inneren Aufbau her ist das Hochleistungsauge des Krebses dem einer Biene oder Libelle sehr ähnlich, und dürfte auch genauso gearbeitet haben. Eine physikalische Analyse ergab, dass es sich bei diesem Krebs um ein tagaktives Tier handelte, das in den lichtdurchfluteten Bereichen des Ozeans lebte. Eine computertomographische Analyse seines Magens zeigt, dass es offensichtlich kleinere Meeresorganismen gejagt und verspeist hatte. 

Neben der Tatsache, dass es hier zum ersten Male gelang, fossile Sinneszellen darstellen, die älter sind als solche im noch zeitnahen Bernstein, erhält diese Arbeit insbesondere dadurch große Bedeutung, weil bislang angenommen wurde, dass nur hartschalige Anteile der Tiere wie Knochen, Panzer und Schalen versteinern können, nicht aber weiche Gewebe.

Aufzuzeigen, dass diese und sogar einzelne (Sinnes-) Zellen mit Hilfe von Computertomographie doch nachweisbar sein können, war Schoenemann und ihrem Kollegen Euan N.K. Clarkson von der Universität Edinburgh bereits 2013 zum ersten Male gelungen (Scientific Reports, 3 : 1429), hier in dieser Arbeit allerdings konnte die ganze Struktur des Facettenauges vollständig aufgeklärt werden.

Damit sind für die Erforschung nicht nur von fossilen Sinnesorganen völlig neue Perspektiven eröffnet, und es wird deutlich, dass auch Fossilien Beiträge leisten können, die Evolution visueller und anderer innerer Systeme zu verstehen. 

Internet:  

Exceptional preservation in eye structure in arthropod visual predators from the Middle Jurassic.
Vannier J., Schoenemann B., Gillot T., Charbonnier S. & Clarkson E.N.K.
Nature Communications, in print

Link:  

Rückfragen: 

Dr. Brigitte Schoenemann
E-Mail: B.SchoenemannSpamProtectionuni-koeln.de
Tel.: +49 (0) 221 470 7732