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Ostrenten könnten in fünf Jahren auf Westniveau sein

Kölner Ökonom veröffentlicht Studie zur schnellen Anpassung der Ostrenten

Die ostdeutschen Renten könnten bis 2021 vollständig an das System im Westen angeglichen werden. Das zeigt eine Studie von Professor Dr. Eckart Bomsdorf vom Institut für Ökonometrie und Statistik der Universität zu Köln, die Ende Mai beim ifo-Institut veröffentlicht wird. Die Renten in Ostdeutschland können laut Bomsdorf schneller als geplant und zudem mit relativ geringen zusätzlichen Kosten auf das Niveau in Westdeutschland steigen. Der Aufwand würde nur einen Bruchteil der Ausgaben für die Rente mit 63 und die Mütterrente ausmachen. „Mehr als 25 Jahre nach der Wiedervereinigung ist es endlich an der Zeit, auch das Rentensystem zu vereinheitlichen. Die unterschiedliche Behandlung von Rentnerinnen und Rentnern im Osten und im Westen des Landes ist mittelfristig nicht mehr gerechtfertigt und auch nicht mehr nötig“, sagt Bomsdorf. 

Das mehrstufige Anpassungsverfahren sieht unter anderem vor, den Rentenwert  in den neuen Ländern schneller an den Rentenwert in den alten Ländern anzupassen, als nach der gegenwärtigen Regelung zu erwarten ist. Der Rentenwert ist der Rentenanspruch, der für ein Jahr dem Durchschnittseinkommen entsprechenden Rentenbeitrag erworben wird. Die Angleichung orientiert sich primär an der aktuellen Differenz zwischen dem Rentenwert Ost und dem Rentenwert West. 

Der für die Berechnung einer Rente in Ostdeutschland Beschäftigter maßgebliche Rentenwert Ost – der jetzt noch ca. sechs Prozent unter dem Rentenwert West liegt – soll innerhalb von fünf Jahren an den Rentenwert West angeglichen werden. „Damit würde es 30 Jahre nach der deutschen Einheit endlich ein einheitliches Rentensystem in Ost und West geben; ohne diese Regelung würde es noch mindestens 10 bis 15 Jahre bis zu einer vollständigen Angleichung dauern“, so Bomsdorf. 

Die nach der Erhöhung zum 1.7.2016 noch bestehende Lücke zwischen dem Rentenwert Ost (28,66 Euro) und dem Rentenwert West (30,45 Euro) würde bis 2021 geschlossen werden. Der einheitliche Rentenwert könnte einer Modellrechnung nach dann ungefähr 34,50 Euro betragen, ebenso würden andere Rechengrößen wie die Beitragsbemessungsgrenze vereinheitlicht. Der Modellrechnung nach würden bis zum Jahr 2021 die Renten in den alten Bundesländern somit um 13 %, in den neuen Ländern um 20 % steigen. 

Die vorübergehenden zusätzlichen Ausgaben durch die schnellere Rentenanpassung wären vom Steuerzahler bzw. von der Rentenversicherung finanziell relativ leicht zu verkraften. Im Gegensatz zur Mütterrente und zur Rente mit 63 ergeben sich hier nämlich keine Belastungen in einer Höhe von über 10 Milliarden jährlich, da es sich letztlich nur um ein Vorziehen von Leistungen handelt. Für das Jahr 2017 wäre mit einer zusätzlichen Belastung der Rentenversicherung von 250 Millionen Euro zu rechnen, die bis 2021 auf etwa zwei Milliarden wachsen dürfte. „Der Vorschlag ist gerecht und weitgehend aus Steuermitteln finanzierbar“, erklärt Bomsdorf.

„Die Rentner im Beitrittsgebiet werden voll integriert sein und von der schnelleren Anpassung profitieren“, so Bomsdorf. Gleichzeitig wird die dann nicht mehr systemadäquate und daher nicht mehr notwendige Höherbewertung der in den neuen Ländern zukünftig erworbenen Ansprüche zurückgefahren, das heißt gleichen Beitragszahlungen stehen in Ost und West dann auch dieselben Ansprüche gegenüber. 

„Einkommensunterschiede zwischen Ost und West rechtfertigen kein unterschiedliches System mehr. Diese sind, soweit sie existieren, zum großen Teil strukturell bedingt. Entsprechende Unterschiede gibt es beispielsweise auch zwischen Schleswig-Holstein und Bayern und dennoch gilt dort das Prinzip gleiche Beitragshöhe gleicher Rentenanspruch“, sagt Bomsdorf. 

Die vorgeschlagene Maßnahme würde einen bereits im Koalitionsvertrag festgeschriebenen aber noch nicht vollzogenen Beschluss umsetzen und zugleich sichern, dass auch im Rentensystem endlich zusammenwächst was zusammengehört.

Bei Rückfragen:
Professor Dr. Eckart Bomsdorf
Universität zu Köln
Institut für Ökonometrie und Statistik
E-Mail: bomsdorf(at)wiso.uni-koeln.de
Telefon: 0221 470-2982 /-5831