Eine komplett vereiste Erde ist nicht nur Stoff für Endzeitfilme. Tatsächlich könnte unser Planet im Laufe seiner Geschichte mehrmals vollständig von einer Eisschicht bedeckt gewesen sein. Aus der Distanz hätte die Erde dann wie ein riesiger Schneeball ausgesehen.
Eine neue Studie bestätigt nun extrem kaltes Klima in den sogenannten Schneeball-Erde-Episoden. Gletscher sind demnach bis an den Äquator vorgedrungen. Der Kölner Geologe Dr. Daniel Herwartz hat die Zusammensetzung von Sauerstoffisotopen tropischer und subtropischer Gletscher rekonstruiert. „Die Isotope geben Aufschluss über die klimatischen Bedingungen einer vollkommen vereisten Erde“, sagt Herwartz, der die Studie an der Universität Göttingen geleitet hat und jetzt an der Universität zu Köln arbeitet. Die Ergebnisse erscheinen am 13. April in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences of the USA (PNAS).
Die untersuchten Gesteine aus dem Nordwesten Russlands und China lagen vor 2,4 Milliarden beziehungsweise 700 Millionen Jahren in der Nähe des Äquators und müssen dort mit Schmelzwässern von (sub)tropischen Gletschern interagiert haben. Die isotopische Klimainformation wurde von den Wässern auf die Gesteine übertragen und konnte so hunderte Millionen Jahre überdauern.
Die Sauerstoffisotopenzusammensetzung der 2,4 Milliarden Jahre alten (sub)tropischen Gletscher deutet auf Klimabedingungen hin, wie wir sie heute nur am kältesten Ort der Erde finden: in der Antarktis mit mittleren Jahrestemperaturen von -40°C. „Es scheint verrückt, sich Regionen wie Florida oder Ägypten bei -40°C mittlerer Jahrestemperatur vorzustellen, aber die Daten sprechen für solch extreme Klimabedingungen in niederen Breiten“, sagt Herwartz.
Die 700 Millionen Jahre alten Gesteine aus China deuten auf Klimabedingungen hin, wie sie heute im Süden Grönlands herrschen – also wesentlich wärmer als die 2,4 Milliarden Jahre alten Proben aus Russland. Die Rekonstruktion des Gletscherwassers gelang den Wissenschaftler/innen dank einer hochpräzisen Analyse des seltenen 17O Isotops.
Die Schneeball-Erde-Hypothese besagt, dass die gesamte Erde gefroren war und die Ozeane unter einer hunderte Meter mächtigen Schicht aus Meereis lagen. Niedrige CO2-Konzentrationen führen zu wachsenden Eisschilden, die das Sonnenlicht reflektieren und die Erde weiter abkühlen. Erreichen die Gletscher eine kritische Grenze, ist die Reflektion der Sonneneinstrahlung so stark, dass die Erde schließlich komplett einfriert. Ein starker Anstieg vom Treibhausgas CO2 durch fortwährende vulkanische Aktivität ist dann notwendig, um die Erde aus ihrem gefrorenen Zustand zu befreien. „Eine Schneeball-Erde ist eine kritische Zeit. Leben ist auf einem gefrorenen Planeten nur in kleinen Rückzugsgebieten möglich. Dafür scheint es nach dem Auftauen geradezu zu explodieren“, sagt Prof. Dr. Andreas Pack, der an der Studie beteiligt war.
Originalveröffentlichung:
Herwartz D., Pack A., Xiao Y., Muhlenbachs K., Sengupta S. and Di Rocco T. Revealing the climate of snowball Earth from Ä17O systematics of hydrothermal rocks. PNAS.
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Institut für Geologie und Mineralogie
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