Im Juli 2024 erschien unter Beteiligung des Instituts für Medizinsoziologie, Versorgungsforschung und Rehabilitationsforschung (IMVR) der Universität zu Köln eine Studie, die untersuchte, wie sich geburtshilfliche Interventionen auf das individuelle Wahrnehmen der Geburt auswirken. Sie wertete das Erleben der Geburt bei rund 1.000 Frauen aus. Die Studie zeigt, dass die Frauen insgesamt die Geburt mit 3,09 von 4 Punkten als eher positiv bewerten – vor allem, wenn keine geburtshilflichen Interventionen wie der manuelle Druck auf den Bauch (Fundusdruck), ein ungeplanter Kaiserschnitt, ein Dammschnitt oder eine vaginal-operative Geburt (Saugglocke/Zange) nötig waren.
Abgefragt wurde eine Bewertung der Erfahrungen zu den ›eigenen Fähigkeiten‹, der ›professionellen Unterstützung‹, der ›wahrgenommenen Sicherheit‹ und der ›Beteiligung‹ während der Geburt. Nach geburtshilflichen Interventionen waren Frauen insgesamt unzufriedener. Es zeigte sich jedoch, dass diese Unzufriedenheit aufgefangen und sogar ausgeglichen werden konnte, wenn die Selbstwirksamkeit der werdenden Mutter – ihre innere Überzeugung, diese schwierige Situation aus eigener Kraft gut meistern zu können – durch beispielsweise eine positive Kommunikation gestärkt wurde.
»Dass wir solche empirischen Ergebnisse nun für Deutschland haben, ist ein Schritt in die richtige Richtung«, sagt Bauer. Auch am Kölner Institut für Hebammenwissenschaft sowie an weiteren Instituten der Universität und der Uniklinik werden aktuell Studien zur Geburtshilfe durchgeführt oder sind in Planung. Die Daten erlauben Bauer zufolge einen Blickwechsel: Neben der biomedizinischen Sicht auf Krankheit und Gesundheit bei der Geburt komme stärker ein Bewusstsein dafür auf, werdende Mütter, Familien und Kinder gut und sicher durch die Geburt zu begleiten. Dieser Ansatz wird auch als ›frauenzentrierte Geburtshilfe‹ bezeichnet. Er ist Kern der 2018 veröffentlichten Handlungsempfehlung der Weltgesundheitsorganisation für die Geburtshilfe und spiegelt sich in den Inhalten des Dualen Studiengangs wider.
Von der Simulation in die Realität
Die angehenden Hebammen lernen bereits früh, theoretisch erlerntes Wissen anzuwenden. Während des Semesters belegen sie praktische Übungen im KISS, dem Kölner interprofessionellen Skills Lab und Simulationszentrum. Dort finden die Studentinnen eine praxisnahe Lernumgebung vor, in der sie mit medizintechnischem Equipment, Modellen und Simulationspersonen den Alltag oder Notfall üben können – wie etwa die Schulterdystokie bei ›Frau Lucina‹.