Mithilfe des neuen James-Webb-Weltraumteleskops entstehen nicht nur präzise Bilder von Regionen in unserer Nachbarschaft, in denen neue Sterne entstehen. Das Präzisionsteleskop macht es auch möglich, so nah zum Ursprung des Universums zurückzublicken wie nie zuvor. Peißker und andere Wissenschaftler*innen des Instituts für Astrophysik in Köln waren an der Entwicklung bestimmter Instrumente beteiligt. Sie bauten die Teile des Detektors für die Beobachtung im infraroten Spektrum. »Das Universum dehnt sich seit dem Urknall aus. Je älter die Objekte sind, desto weiter sind sie von uns entfernt. Durch die Ausdehnung ändert sich auch die Wellenlänge des Lichts oder anderer Elemente wie Wasserstoff. Um das zu messen, schauen wir uns den infraroten Bereich an«, erklärt Peißker.
Man kann sich das Phänomen vorstellen wie den sogenannten Doppler-Effekt eines Krankenwagens: Fährt der Wagen an uns vorbei und entfernt sich, ändert sich der Klang der Sirene. So ist es auch mit den Spektrallinien, die Objekte im Weltraum aussenden. Die Emissionslinie von Wasserstoff wird immer roter, je länger sie unterwegs ist, bis in den Infrarotbereich hinein. Genau danach suchen die Forscher*innen, um zu entschlüsseln, wie das frühe Universum sich entwickelt hat.
Möglichst weit bis zum Urknall, bis zum Ursprung von Allem zurückzuschauen, führt zu spannenden Erkenntnissen, wirft aber auch neue Fragen auf. Lange ging die Wissenschaft davon aus, dass sich die ersten Galaxien überhaupt erst in einer Zeitspanne von etwa 250 bis 300 Millionen Jahren nach dem Big Bang ausbilden konnten.
Neueste Beobachtungen des James-Webb-Weltraumteleskops zeigen aber, dass es zu diesem Zeitpunkt bereits eine hohe Anzahl sehr schwerer und entwickelter Galaxien gab. »Das ist ein ganz großes Mysterium. Wir wissen nicht, wie sich diese frühen Galaxien entwickelt haben«, so Peißker. Besonders stechen sogenannte Quasare hervor. Sie zählen zu den hellsten Objekten des Weltalls. Als man die ersten Quasare entdeckte, dachte man zunächst, es seien sehr helle Sterne. Es stellte sich aber heraus, dass dies aufgrund der Spektrallinien nicht stimmen kann. Stattdessen musste es sich um die massereichen Kerne von Galaxien handeln. So kamen die Quasare zu ihrem Namen – quasi stellare Objekte.
»Wir sitzen hier in einer Galaxie, die im Vergleich zu den Galaxien mit Quasaren im Zentrum ein bisschen langweilig ist«, sagt Peißker. Im Zuge einer Studie hatten Kolleg*innen und er einen besonders massereichen Quasar entdeckt. Zum Vergleich: das Schwarze Loch im Zentrum unserer Galaxie ist ungefähr vier Millionen Sonnenmassen schwer.
Die Galaxie, die die Wissenschaftler*innen nun gefunden haben, hat drei Giga-Sonnenmassen – also drei Mal zehn hoch neun. »Das ist eine ganz andere Kategorie. Dann steht die Frage im Raum: Wie kann es sein, dass so ein Objekt so kurz nach Urknall – ungefähr 700 bis 800 Millionen Jahre danach – entstanden ist?« Im Prinzip könnten Kollisionen und Verschmelzungen derartige Objekte hervorbringen. Allerdings müssten dann die ursprünglichen Objekte ebenfalls bereits sehr massereich sein. »Wir kommen also nicht um das Problem herum: Manche Dinge, die wir nun finden, widersprechen gängigen Theorie. Das ist in der Wissenschaft ein riesengroßes Ding«, sagt der Astrophysiker.