Forschend lernen zu lehren
Fachübergreifende, praxis- und professionsorientierte LehrerInnenbildung (BA/MA)
Projektverantwortlich: Prof. Dr. André Bresges, Prof. Dr. Horst Struve (Math. Nat.)
Beteiligt: ZfL
Projektlaufzeit: 10/2013 bis 09/2015 (4 Semester)
Ziel des Projekts ist es, ein Format zu entwickeln und zu erproben, das eine optimale Vorbereitung und Begleitung der Studierenden im (Master-)Lehramtsstudium während der neu
geschaffenen Praxisphase (Beginn: WS 2015/16) ermöglicht.
In einem Vorbereitungsseminar werden den Studierenden wichtige Inhalte für die Praxisphase vermittelt: Entwicklung von Lernkonzepten und -materialien, Sammeln von Lehrerfahrung im Rahmen von eigenverantwortlich gestalteten Seminarsitzungen („Learning by Teaching“), Vermittlung von theoretischen Konzepten zur Dokumentation und Evaluation von Lehr-Lern-Prozessen. Die entwickelten Lernszenarien werden in der Praxisphase in Begleitung implementiert und evaluiert. Die gewonnenen Erkenntnisse sollen im Rahmen von Abschlussarbeiten (Masterarbeiten) aufgearbeitet und für den folgenden Durchlauf des Projekts fruchtbar gemacht werden.
Mithilfe des Projekts soll der „Praxisschock“ für die Studierenden abgemildert, ein forschend-reflexiver Blick auf Unterricht vermittelt und ein vernetzter Unterricht (Mathematik und Physik) ermöglicht werden.
Projektfortschritt
Planungen 2015
Während die Evaluationsbögen im letzten Semester in der Regel mit Excel ausgewertet wurden, wird für das kommende Semester an einer automatisierten Evaluationen in Ilias gearbeitet.
Außerdem wird aktuell die Auswahl fachdidaktischer Themen mit kurzen Überblicksartikel online in Ilias bereitgestellt, um den Studierenden eine frühzeitige Einarbeitung und Schwerpunktlegung zu ermöglichen.
Im kommenden Semester ist ferner eine noch engere Zusammenarbeit mit Vertretern des ZfsL geplant. Für die Sitzungen zur Unterrichtsplanung wird in diesem Sinne Teamteaching mit den Fachleitern vorbereitet.
2014
Durch die Zusammenarbeit mit der Planungskoordinatorin des Schülerlabors wurde die logistisch-organisatorische Zusammenarbeit mit den Betreuern des Schülerlabors und den Schulen besser abgestimmt. In Absprache mit einem Fachleiter vom ZfsL Köln konnte die erste Phase des Seminars, in der Grundlagen für die didaktisch-methodische Planung der Schülerlaborbesuche gelegt werden, umstrukturiert und effizienter gestaltet werden.
In der zweiten Phase des Seminars werden fachdidaktische Forschungsperspektiven erarbeitet. Durch die Erweiterung der Auswahl fachdidaktischer Themen um Argumentieren und Modellieren im Physik- und Matheunterricht wird dem Konzept des forschenden Lernens stärker Rechnung getragen, da den Studierenden durch die größere Wahlfreiheit mehr Raum zur eigenen Profilbildung eingeräumt wird.
Während im WS2014/15 die normierten Fragebögen zur Evaluation der Praxissitzungen nur bedingt als gewinnbringend wahrgenommen wurden, konnten im letzten Seminar durch eine intensivere Beschäftigung mit Kriterien guten Unterrichts und der frühzeitigen Auseinandersetzung mit den erprobten Evaluationsbögen des KMK-Unterrichtsdiagnostik Teams der Universität Koblenz-Landau ein deutlicher Fortschritt in den Reflexionssitzungen zu den Schülerlaborpraktika erreicht werden. Allerdings hatte die direkte Auswertung nach den Schülerlaborsitzungen aufgrund großen Anzahl an Informationen eine recht hohe Belastung der studentischen Hilfskräfte zur Folge.
2013
Innovationsseminar „Forschend lernen zu lehren“
A) Ablauf des ersten Durchgangs
Das Projekt „Forschend lernen zu lehren“ hat am 1. Oktober 2013 mit seinem ersten Durchlauf begonnen. Ziel ist es innerhalb von vier iterativen aufeinanderfolgenden Durchgängen ein fachübergreifendes Format (Mathematik und Physik) für die Praxisphase zu entwickeln. Wir befinden uns zur Zeit, nach gerade erfolgtem Abschluss des ersten Vorbereitungsseminars, in der Phase der Begleitung von Studierenden im Praktikum sowie der Auswertung und Analyse des Feedbacks durch Schüler, Studierenden und Lehrende. Erste Ergebnisse werden vgl. C.) im Rahmen der GDM-Tagung sowie der Tagung der gemeinsamen Kommission Lehrerbildung der GDM, DMV, MNU im März vorgestellt und veröffentlicht.
Das Pilotseminar zeichnetesich durch folgende 4 Schwerpunkte aus:
1.) Eine bedeutsame Verzahnung von Theorie und Praxis
2.) Ermöglichung forschenden Lernens für Studierende und Schüler
3.) Theoriegeleitete unterrichtsnahe Entwicklungsforschung (unter Verwendung des Schülerlabors)
4.) Enge Betreuung von Studierendenteams durch Hochschuldozenten und Lehrer
Zielvorgabe war es 15 Studierende aus verschiedenen Lehramtsstudiengängen (G, HR und Gym) unter der Perspektive von forschendem Lernen, auf ihren Einsatz im Schulpraktikum vorzubereiten.
Dazu wurden zunächst Peergroups von jeweils 3 Studierenden konstituiert, in denen jeweils Studierende der Fächer Mathematik und Physik zusammenarbeiten konnten. Diese Teams blieben das ganze Semester über bestehen und erhielten zwei Arbeitsaufträge: Zum einen galt es für die Studierenden eine vorgegebene Theoriesitzung vorzubereiten, zum Anderen wurden die Studierenden mit der Aufgabe betraut einen Unterrichtsvorschlag für unsere Schülerlaborsitzungen (8.01.2014 und 20.01.2014) vorzubereiten. Die Teams wurden jeweils durch einen Dozenten und eine erfahrene Lehrkraft betreut und gecoacht – der Schwerpunkt lag dabei auf der Motivation einer selbstständigen forschenden Tätigkeit durch die Studierenden. Die besondere Zielvorgabe bzgl. der Theoriesitzungen lag darin, Ansätze aus der Mathematikdidaktik und der Physikdidaktik gewinnbringend miteinander zu verbinden umdiese dann später für die Konzeption und Analyse eines Unterrichtsvorschlagssinnhaft nutzen zu können; gerade unser Pre-test zu Erwartungen der Studierenden hatte in diesem Kontext ergeben, dass die Mehrzahl der Lehramtsstudierenden insbesondere bzgl. der Vernetzung von Theorie und Praxis in Hinblick auf die Schule noch Defizite an sich feststellten. Der folgende Verlaufsplan gibt dabei einen Überblick bzgl. der behandelten Themenkomplexe
B) Verlaufsplan des ersten Durchgangs
Innovationsseminar „Forschend lernen zu lehren“:13 Seminarsitzungen+2 Sitzungen Schülerlabor
Datum | Thema | Kommentar zur Intention |
---|---|---|
14.10.2013 | 1a) Organisationssitzung (Seminarplan, Vergabe der Themen, Bildung der Peergroups zu je 3 Studierenden) 1b) Standards (Inhalte, Kompetenzen, Fundamentale Ideen, Lehrpläne, Schulbücher…) | Auswahl von (fachübergreifenden) Inhalten. Schulspezifische Lehrpläne erarbeiten. Modellaufgaben einordnen. „Spezialisten-Rollenspielpodiumsdiskussion“ Was erwarten Lehrer, Wissenschaftler, Schüler, Politiker von Standards. |
21.10.2013 | 2. Methoden, Schulungsvideos, Didaktische Prinzipien, Unterrichtsmethoden | Auf welche Art und Weise können Inhalte methodisch vermittelt werden ? |
28.10.2013 | 3. Modellvorschläge | Abschluss: 4 Unterrichtsbereichsvorschläge anstoßen (für die letzten vier Seminarsitzungen bzw. 2 zusätzliche Schülerlaborsitzungen) |
4.11.2013 | 4. Was wird von Entwürfen erwartet? | Evaluations-/Beobachtungsbögen, Formulierung von Kernanliegen didaktischer Kommentar |
5.11. – 17.11.2013 | Selbstlernzentrum Unterrichtsvorschläge | Erarbeitung geeigneter Konzeptionen für das Schülerlabor/Praktikum |
18.11.2013 | 5. Subjektive Erfahrungsbereiche (Eigentheorien), Vorverständnis, Präkonzepte | Konstruktivistisches Wissensbild: Schüler konstruieren ihr Wissen, Theorien, Gesetzte, Begriffe selbstständig – welche Herausforderungen verbinden sich damit? Untersuchung von Protokollen etc., sowie Anknüpfung ab die Themen: Transfer, Inert Knowledge |
25.11.2013 | 6. Problemlösen/Modellieren, Auffassungen von Mathematik / Physik: „Nature of Science“ | Anknüpfung an 5.; Produktive Aufgaben mit Problemlösecharakter für den Unterricht. Naturwissenschaftliche Auffassung von Mathematik (Schönfeld) -> Brücke zur Physik (Diskussion Lösungsprozess Schüler). Auffassungen allgemein (Nature of Science) |
2.12.2013 | 7. Entwicklungsforschung (Design BasedResearch, Dortmunder Modell…) | Theoretische Grundlage für iterative Unterrichtsentwicklung |
9.12.2013 | 8. Unterrichtsbeobachtung (Videos und Transkripte erstellen) – Interpretative Unterrichtsforschung | Wissenschaftliche Beobachtung (u.a. Hiat-Standard): Notebooks/VCL-Player, Generierung von Fragestellungen, Analyse-items. Erstellen eines Transkripts aus einer Unterrichtssequenz. |
16.12.2013 | 9. Interaktionstheorien (Prozessmuster: inszenierte Alltäglichkeit, Trichter…); Choreographien des Lernens, Basismodelltheorie. | Der Lehrer (soziale/wissenschaftliche Impulse) ist zentral. Wirklich verständnisorientierter Unterricht vs. reines „Funktionieren“. Vorstellung/Diskussion von Protokollen. Feinheiten interpretativer Unterrichtsforschung. |
08.01.2014 | Erste Schülerlaborsitzung (9:30h-14:00h) | Implementierung der ersten drei Unterrichtsvorschläge, Schülerinnen und Schüler des St. Ursulagymnasiums in Brühl (8. Klasse). Die jeweils hospitierenden Studierende sind mit Beobachtungsaufträgen ihrer Theoriesitzung entsprechend ausgestattet. |
13.01.2013 | 10. Evaluation/Diskussion/Reflektion erste Schülerlaborsitzung | Diskussion der Passung von Vorschlag zur Durchführung, Zulassen offenen Unterrichts, Herausforderung einer sinnhaften Verbindung von Mathematik und Physik |
20.01.2014 | Zweite Schülerlaborsitzung (9:30h-14:00h) | Implementierung der weiteren Unterrichtsvorschläge, Schülerinnen und Schüler der Theodor-Heuss-Realschule in Köln (z. Klasse). Die jeweils hospitierenden Studierende sind mit Beobachtungsaufträgen ihrer Theoriesitzung entsprechend ausgestattet. |
20.01.2014 27.01.2014 | 11.-12 Vorstellung/Diskussion/Feedback Unterrichtsvorschläge | Auf Grundlage von 3. und 4. entworfene Vorschläge werden vorgestellt und im Rahmen des vermittelten theoretischen Wissens evaluiert, diskutiert und angepasst. |
03.02.2014 | 13. - Abschlussdiskussion (Weiteres Vorgehen v.a. Praktikum) | Vorbereitung auf weitere Begleitung im Praktikum, Feedbackdiskussion: Theorie – Praxis, Ablauf Schülerlabor, Überarbeitung der Beobachtungsbögen |
C) Zielvorgaben für den nächsten Iterationsschritt
Zunächst werden die im Seminar durch die Studierendenteams entwickelten sowie im Schülerlabor erprobten Unterrichtsentwürfe von den Studierenden in ihrem Praktikum eingesetzt, dokumentiert und interpretiert. Hier findet zur Zeit ein Austauschprozess mit teilnehmenden Schulen statt die sich bereit erklärt haben ein solches Format anzunehmen. Zudem entwickeln wir eine Internetplattform, welche die von den Studierenden entwickelten Unterrichtsvorschläge sowie den Beobachtungsbogen der Öffentlichkeit zur Übernahme und Diskussion zugänglich macht. Im ersten Seminar sind Unterrichtsentwürfe mit folgenden Themen entstanden:
Thermometer – Maßzahlen (Wie bauen wir ein Thermometer?)
Parallelschaltung – Rationale Zahlen (Warum dürfen Mehrfachstecker nicht ineinander gesteckt werden?)
Geschwindigkeitsmessung – Funktionen (Fährt jedes zweite Auto auf der Dürener Straße zu schnell?)
Hebelgesetze – Gleichungen (Gib mir einen Punkt, wo ich sicher stehen kannund ich bewege die Erde mit einer Hand...)
Optik – Geometrie (Wie funktioniert ein Fahrradreflektor)
Die im Vorbereitungsseminar und im Praktikum erarbeiteten Materialien sollen den Studierenden im kommenden Semester (die Anmeldung läuft bereits) zugänglich gemacht werden. Auf diese Weise erhalten Sie Forschungsmaterial um ihrerseits Unterricht zu gestalten und zu erforschen. Gerade die ersten Theoriesitzungen des kommenden Durchganges im Sommersemester 2014 werden stark davon profitieren, dass die Studierenden mit authentischen Materialen ihrer Vorgänger arbeiten können. Der Post-test des ersten Pilotseminars hat dazu ergeben, dass die Studierenden das Format in der überwiegenden Mehrzahl als sehr gewinnbringend für ihren weiteren Weg in das Lehramt sehen. Augenmerk wird im zweiten Durchgang auf die Intensivierung der Verbindung theoretischer Modelle und der praktischen Schülerlaborsitzungen gelegt – hier wünschen die Studierenden noch klarer Beobachtungsaufträge.
In der didaktischen Forschungscommunity stößt der Ansatz, gerade wegen seines Schwerpunktes auf eine theoretische Analyse auf großes Interesse; Vorträge dazu finden am 12.03.2014 in Koblenz auf der Jahrestagung der Gesellschaft für Didaktik der Mathematik unter dem Titel „Forschend lernen zu lehren - ein Projekt zur Gestaltung der neu geschaffenen Praxisphase in NRW“ sowie am 22.03.2014 in Freiburg zur Tagung der gemeinsamen Kommission Lehrerbildung der GDM, DMV und MNU statt. Beide Tagungen bieten auch spezielle Publikationsformate an, in denen wir Ergebnisse und Perspektiven des Projektes veröffentlichen wollen.