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Debattierworkshops für Studierende aller Fakultäten

Projektverantwortlich

Prof. Dr. Dan Wielsch

Projektlaufzeit

Wintersemester 17/18 bis Sommersemester 19

Kurzbeschreibung

Wer eine gute Rede halten will, muss jahrelang geübt haben – das ist nicht der Fall! Bei uns lernen Studierende in thematisch  verschiedenen eintägigen Workshops, Inhalte präzise und überzeugend auszudrücken. Das ist wichtig für jedes Studium und jeden Beruf. Doch oftmals werden diese Fähigkeiten nur nebensächlich vermittelt – sie rücken nicht in den Fokus der Lehre. Neben Rhetorik und Argumentation als Soft Skills setzt die internationale Wissenschafts- und Berufswelt heute vor allem gute Englischkenntnisse voraus.

Die Tilbury House Debating Society der Universität zu Köln besteht seit 1997 und ist damit der älteste und bis heute immer noch einzige englischsprachige Debattierclub Deutschlands. Im Rahmen des Projektes „Debattierworkshops für Studierende aller Fakultäten“ veranstaltet Tilbury House 12 Workshops innerhalb von vier Semestern mit dem Zweck, den Studierenden der Universität zu Köln sprachliche, argumentative und analytische Kompetenzen zu vermitteln.

Ablauf der Workshops
Zu den Workshops werden erfahrene, international angesehene Debattiertrainer_innen eingeladen. Die Workshops dauern inklusive Pause etwa sechs bis acht Stunden und sind in Vorträge, praktische Übungen und gemeinsame Debatten unterteilt. Ständig wird den Teilnehmer_innen individuell Feedback gegeben, sodass sie ihren Erfolg beurteilen und weitere Verbesserungsmöglichkeiten erkennen können.

Exemplarische Workshopthemen sind die Struktur einer guten Rede, Schlagfertigkeit und Widerlegung von Argumenten; hinzu kommen strategische Argumentation sowie in inhaltlicher Hinsicht grundlegende Konzepte aus Philosophie und internationaler Politik. Die Innovation besteht bei diesen Workshops erstens in der rein studentischen und fakultätsübergreifenden Durchführung. Das steigert die Diversität und senkt die Hemmschwelle zur Teilnahme.

Zweitens lernen die Studierenden, komplexe Ideen frei und selbstsicher vor Dritten auszudrücken. Sie müssen in kurzer Zeit überzeugende Argumente entwerfen und nachvollziehbar vortragen. Das geschieht im Rahmen einer interdisziplinären, kompetitiven Auseinandersetzung mit einer Vielzahl möglicher Positionen und Argumente. Argumentative Schlagfertigkeit, Flexibilität und Sicherheit im Vortrag eigener Ideen werden in nahezu jedem Studienfach und Beruf benötigt.

Drittens muss dieser freie, überzeugende Vortrag in englischer Sprache gehalten werden. Damit gehen wir auch inhaltlich über übliche Sprachkurse hinaus. An den Workshops können Studierende aller Kompetenzniveaus teilnehmen, die nach der Methode des Sprachtandems in einem Team mit sprachlich mehr oder weniger qualifizierten Partner_innen antreten. Die Kombination von Vortrag, Übungen und Debatte mit anschließendem Feedback ermöglicht den Studierenden, erworbenes Wissen sofort in der Anwendung zu  erproben.

Projektfortschritt

Projektstand zum Wintersemester 2019/2020 (Projektende)

Sommersemester 2019

Die Veranstaltungen des Sommersemesters 2019 nahmen ihren Auftakt mit einem Workshop von Ron Leizrowice (u.a. Debattiertranier an der Universität Bristol). Orientiert an einem hochaktuellen Thema – dem Klimaschutz – gab er in einem Impulsvortrag zunächst zahlreiche Hinweise, wie man trotz starker Kontroversen den Überblick behält und selbst sachlich argumentieren bzw. Argumente einschätzen kann. Er thematisierte auch Schaden und Nutzen von Rhetorik, die derlei Auseinandersetzungen stets begleitet. Praktische Übungen und eine Debatte schlossen sich an. Die erworbenen Kompetenzen sind anwendbar, sobald in Studium und Beruf eine Stellungnahme zu stark umstrittenen Themen oder eine Untersuchung solcher Kontroversen erforderlich sind.

Im Juni 2019 war erneut ein großer Workshoptag angesetzt. Zunächst sprach Noam Dahan (Universität Tel Aviv) über Ökonomie und Anreize. Darüber, Herrn Dahan als Referenten gewonnen zu haben, freuen wir uns besonders. Er ist zweifacher Europameister im Hochschuldebattieren, 2017 wurde er darüber hinaus Weltmeister. Sein Vortrag ging von der Annahme aus, dass erstens volkswirtschaftliche Bezüge in zahlreichen Debatten hintergründig präsent sind, aber nicht ausgeschöpft oder erkannt werden und dass zweitens volkswirtschaftliche Erkenntnisse allgemein dabei helfen können, Reden, Vorträge und überhaupt alle Kommunikationsvorgänge effektiver und überzeugender zu gestalten.

Danach gab Aishling Kinsella (University College Dublin) praktische Tipps zur Frage, wie man passende Argumente nach Standardmustern schnell entwickeln kann. Dies ist insbesondere für Stellungnahmen aller Art ohne umfangreiche Vorbereitung hilfreich. Entsprechende Techniken wurden umfangreich eingeübt.
Nach einer Sommerpause wurden im September 2019 drei finale Workshoptage veranstaltet.

Zuerst hielt Roy Schulman (Hebräische Universität Jerusalem, Weltmeister 2019) einen Workshop zu einem klassischen Thema der Rhetorik „Delivering your message effectively“, d.h. effektive Argumentation. Anhand zahlreicher Beispiele erläuterte Herr Schulman etwa, wie man Schwerpunkte in einem Vortrag (oder einem argumentativen Text) richtig setzt und so keine Zeit verliert oder verschwendet. Auch die richtige Abstimmung der Argumentation auf das Publikum, beispielsweise hinsichtlich des fachlichen Niveaus, war Bestandteil des Workshops.

Am nachfolgenden Workshoptag referierte Katie McLean (Universität Edinburgh) gewissermaßen zum „Gegenthema“: „Effective refutation“. Nicht nur in rechtlichen Settings – wo man dies vielleicht am meisten erwarten würde – kann es nötig werden, Argumente effektiv zu widerlegen oder Ansätze zielgerichtet zu kritisieren. Die im Workshop trainierte niveau- und respektvolle Auseinandersetzung mit entgegenstehenden Erwägungen hebt das Niveau der gesamten Debatte und trägt zudem erheblich dazu bei, die eigene Position überzeugender erscheinen zu lassen.

Den abschließenden Workshop der Reihe „Become Persuasive In One Day“ veranstalteten wir mit Arthur Louis Heath (Universität Aberdeen). Er behandelte den Ausgangspunkt jeder Argumentation: Wie wissen, was man sagen soll? „Generating Content“ zu einem neuen, wenig bekannten Thema (sei es in universitären Arbeiten oder in jedwedem anderen Kontext) ist oft schwerer, als gedacht, insbesondere, wenn eine eigene Stellungnahme erforderlich ist. Doch seit Aristoteles kennt die Rhetorik allgemeine Strategien, die in solchen Situationen stets weiterhelfen und erste Ansätze liefern. So wurden den Teilnehmenden zum Ende der Workshopreihe erneut jahrtausendealte Kontinuitäten wie aktuelle Neuerungen in Rhetorik und Argumentationslehre vor Augen geführt.
Damit ist das Projekt abgeschlossen.

Wintersemester 2018/2019
Die Veranstaltungen des Wintersemester 2018/2019 konzentrierten sich auf zwei Workshoptage. Am 26.10.2018 hielt zunächst Ayal Hayut-Man (Universität Tel Aviv), Philologe und Rhetoriktrainer, ein Kurzreferat über Grundlagen praktischer Argumentation. Die vorgeführten Grundlagen, insbesondere was den strukturierten Aufbau und die stimmige Darstellung von Argumenten jedweder Art angeht, wurden sodann mit den Teilnehmenden erfolgreich eingeübt. Nachfolgend sprach Miloš Marjanović, Wirtschaftsrechtler aus Belgrad und Chefjuror der kommenden Debattier-Europameisterschaft in Athen, über Beweislasten im weiteren Sinne. Er arbeitete heraus, welche Ansprüche an Redner*Innen in verschiedenen Kontexten gestellt werden und mit welchen Methoden man erkennen kann, ob die eigene Argumentation diesen Ansprüchen genügt.

Zum Abschluss des Tages präsentierte Ayal Hayut-Man einige argumentative Spezifika aus dem Bereich der internationalen Beziehungen. Diese spielen nicht nur in der politischen Debatte eine große Rolle, sondern auch und gerade in der modernen internationalen Wirtschaftsordnung. Hier ist wichtig, sowohl Grundstrukturen der Beziehung zwischen Ländern richtig einschätzen, als auch kulturelle Differenzen und Besonderheiten beachten zu können, um im stetig bedeutsamer werdenden internationalen Rahmen zu überzeugen.

Am 28.10.2018 behandelte Ana Verdnik (Universität Oxford) die zentrale Frage der Prioritäten in schriftlicher und mündlicher Argumentation. Oftmals hat man viel zu sagen – aber wenig Zeit. Dann ist es essentiell, Wichtiges von Unwichtigem trennen und die eigenen Überlegungen entsprechend sortieren zu können. Das schafft den sprichwörtlichen roten Faden und macht es leicht, den vorgetragenen Punkten zu folgen und die wesentliche Botschaft aufzunehmen. Dafür nützliche Techniken wurden anhand zahlreicher Beispiele trainiert.

 

2018/2019
Im weiteren Verlauf des Wintersemesters sowie im Sommersemester 2019 werden
wir die Workshoptage nach dem erprobten Muster mit angestrebten drei Terminen
pro Semester fortsetzen.

Sommersemester 2018
Im Sommersemester 2018 berichtete zum vierten Workshop der Reihe Sheraz
Qureshi (SOAS College, University of London) über die zehn Todsünden der
Rhetorik. An zwei Vorträge schlossen sich mehrstündige Übungsmöglichkeiten für
die Teilnehmenden an, jeweils zugeschnitten auf die Vermeidung spezifischer
Fehler. Für den fünften Workshop am 07.07.18 konnten wir Roel Becker (Universität
Leiden) gewinnen, der 2016 und 2017 unter die besten zehn nichtmuttersprachlichen
Hochschuldebattanten der Welt gewählt wurde. Er sprach zum Thema „Choice” und
erläuterte anschaulich die Tücken individueller und kollektiver
Entscheidungsprozesse sowie die Rolle von Rhetorik und Argumentation in diesen
Prozessen.

Anstelle einer weiteren kleineren Veranstaltung in der vorlesungsfreien Zeit wird der
sechste Workshoptag nach dem Semesterauftakt am 26.10.18 stattfinden. Wegen
der hohen Resonanz werden wir wie bereits im Januar mehrere Referent*innen zu
verschiedenen Themen einladen. Als Hauptreferent steht zu unserer großen Freude
Ayal Hayut-Man (Tel Aviv University) zur Verfügung, der nicht nur Philologe und
Rhetoriktrainer ist, sondern auch zu den führenden Hochschuldebattierern der Welt
zählt. Er wird voraussichtlich zu einer Thematik aus dem Bereich internationale
Beziehungen vortragen. Neben Hayut-Man wird Milos Marjanovic (Universität
Belgrad) als Teil der Jury für die Europameisterschaft im kommenden Jahr einen
weiteren Workshop veranstalten. Mit zusätzlichen Referent*innen sind wir noch im
Gespräch.

Wintersemester 2017/2018
Der dritte Workshop des Wintersemesters fand am 09.01.18 statt. Drei Referenten
aus Cambridge, Dublin und Potsdam sowie eine Referentin aus Leiden gestalteten
ein vielfältiges Programm. Im ersten Vortrag des Nachmittags thematisierte Calyxx
Peucker (Universität Potsdam) ökonomische Argumentation in politischen Debatten.
Er erläuterte zunächst einige Grundkonzepte, die in Politik und Medien häufig
unerläutert zur Sprache kommen und zeigte dann Möglichkeiten auf, wie auch Laien
ökonomischen Argumenten kritisch gegenübertreten und sogar selbst wirtschaftlich
argumentieren können.
Anschließend hielt Rory O’Sullivan (Trinity College Dublin) einen Workshop zum
Thema „Refutation“ ab. Anhand abstrakter Erläuterungen und praktischer Übungen
konnten die Studierenden lernen, wie man sich effektiv mit Argumenten im
akademischen oder beruflichen Umfeld auseinandersetzen und diese, sofern nötig
und gewünscht, erfolgreich wiederlegen kann.

Gigi Gil (Universität Leiden) legte folgend den Fokus auf die stilistischen,
nonverbalen Aspekte eines überzeugenden Vortrags. Sie regte zu zielgerichtetem
Gebrauch von Stimme und Körpersprache an, um (eigene) Positionen selbstsicher
und einnehmend vertreten zu können.

Alasdair Donovan (Universität Cambridge) hatte abschließend den Vergleich von
Argumentationen zum Thema. Oftmals ist gefordert, Thesen und Argumente
verschiedener Autor*innen zueinander in Bezug zu setzen und bewertend Stellung zu
nehmen. Herr Donovan stellte einige Methoden vor, um sich derartigen Aufgaben
erfolgversprechend zu nähern.