6. Reflexion der
Methode
>> 6.1 Methodenkompetenz
>> 6.2 Methodenvielfalt
>> 6.3 Methodeninterdependenz
6.1 Methodenkompetenz
Die
Projektmethode bedingt ein Lernverständnis, welches durch aktives
Handeln von Seiten der Lernenden, d.h. durch eigenes Tun, eigene
Erfahrung geprägt ist. Längst sind die Vorzüge des
vielzitierten „learning by doing“ (John Dewey) bekannt
und kaum jemand kann im Grunde die Wirksamkeit dieses handlungsorientierten
Ansatzes ernsthaft bestreiten wollen. Umstritten ist dagegen die
Frage, ob und in welchem Umfang Projektarbeit z.B. in der Schule
eingesetzt werden kann. In den Richtlinien der Grundschule für
Nordrhein- Westfalen heißt es z.B.: „Der Lehrer muss
Lernsituationen so gestalten, dass die Kinder zunehmend in die Lage
versetzt werden, mitzudenken, mitzuplanen und mitzugestalten.“
Die Projektmethode trägt dieser Forderung umfassend Rechnung.
Trotzdem setzt sich im Bereich von Schule und Studium die Projektarbeit
als Methode nur langsam, punktuell und meist nur ansatzweise und
verwässert durch.
Dies liegt zum größten Teil an der lang praktizierten,
traditionellen Form des Frontalunterrichtes mit seinen entsprechenden
Rahmenbedingungen. Feste Unterrichts- und Raumvorgaben, klare Fächerabgrenzungen,
Lernzielvorgaben und die Ziffernzensur als Individualnote lassen
sich kaum mit Projektarbeit bzw. Projektlernen verbinden. Mit projektartigen
oder projektorientierten Lernformen wird versucht, einen Mittelweg
zu finden. Diese Bemühungen bleiben oft auf halber Strecke
hängen, wenn bloß formal versucht wird, Projektarbeit
in den Rahmen des traditionellen Schulunterrichtes zu pressen. Dabei
können dann nur einzelne Komponenten der Projektmethode berücksichtigt
werden. So wird oft das Beispiel von Projektwochen von den Schulen
als Engagement für eine praktizierte Projektmethode angeführt.
Diese Projektwochen können aber bei kritischer Würdigung
der Anforderung von Projektarbeit eigentlich nicht als Umsetzung
der Projektmethode betrachtet werden. In der Literatur haben sich
für diese Formen des Unterrichts, die nur Elemente der Projektmethode
aufgreifen, die Begriffe „projektartiger Unterricht“
oder „Projektunterricht“ etabliert.
Die Projektmethode zielt auf den Abbau traditioneller Lern- und
Autoritätsstrukturen. Sie sollte ein ganzheitliches Lernverständnis
ebenso berücksichtigen wie veränderte Bedingungen einer
globalisierten Gesellschaft in der Postmoderne. Dabei ist sie –
entgegen vieler Einwände –durchaus in allen Bereichen
des Unterrichts anwendbar.
Jeder, der die Projektmethode anwendet oder anwenden möchte,
muss sich allerdings des neuen Verständnisses der Rollen von
Schüler (Lerner) und Lehrer (Lernberater) und deren Verhältnis
zueinander und zum gemeinsamen Tun ebenso bewusst sein, wie des
zu Grunde liegenden Lernverständnisses. Dies bedeutet eine
intensive Auseinandersetzung mit den Grundlagen der Projektmethode
und eine umfassende Reflexion der eigenen Arbeit.
6.2 Methodenvielfalt
Da
die Durchführung der Projektmethode in allen Phasen die Anwendung
unterschiedlichster Methoden nicht nur ermöglicht, sondern
geradezu erfordert, sollte sie als eine umfassende Methode betrachtet
werden. Im Grunde können, je nach Projektthema, sämtliche
Methoden in Projekten zum Einsatz kommen. Dies erfordert eine hohe
Methodenkompetenz sowohl von Seiten des Lernberaters als auch von
Seiten der Lerner. Besonders wichtig sind Techniken der Kommunikation:
Eine Gruppe sollte erst in die Selbstverantwortung entlassen werden,
wenn sie z.B. in der Lage ist, Meinungen und Feedback in angemessener
Weise zu vertreten. Diese Methoden sollten ggf. vorher eingeführt
und geübt werden. Es liegt in der Verantwortung des Lernberaters
zu entscheiden, wann die Gruppe eigene Schritte in selbst organoisierten
Formen gehen kann. Es wäre z.B. unverantwortlich, eine Gruppe,
in der Außenseiter ausgegrenzt oder soziale Konflikte verdeckt
geführt werden, sich selbst bzw. den Gruppenprozessen zu überlassen.
Ebenso muss vor jedem Projekt vom Lernberater analysiert werden,
welchen Entwicklungsstand die Gruppe hat. Andererseits ist auch
Vertrauen in den Gruppenprozess notwendig. Am wichtigsten ist die
Präsentation von Ergebnissen und deren Beachtung, denn hierüber
entscheidet sich der Sinn einer geleisteten Arbeit und damit die
Vision, sich weiterhin für diese Methode einzusetzen.
6.3 Methodeninterdependenz
Verfolgen
wir die Tradition der Projektmethode bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts
zurück, dann entdecken wir in den USA eine lebhafte Diskussion
zu der Frage, ob die Projektarbeit eine Methode oder viel mehr als
das, nämlich eine eigenständige didaktische Konzeption
sei. Diese Diskussion wurde in den 80er Jahren wieder aufgegriffen,
läuft aber aufgrund der extremen Unterschiede zwischen traditionellen
Lernformen und Projektmethode Gefahr, sich zu eng auf eine Sicht
von Methode zu fixieren und die weiteren konstruktiven Möglichkeiten
im methodischen Bereich zu unterschätzen. Gewiss kann man viele
didaktische Prozesse als Art Projekte interpretieren, aber gerade
dies würde dann auch zub einer Verwässerung dieser Methode
führen. Wir halten es für günstiger, einen Methodenpluralismus
zu vertreten, in dem jede Methode zu ihren Stärken (auch über
längere Zeiten und in größeren Anwendungen) führen
kann, oihne in ein unfruchtbares Dogma der Interpretation aller
Möglichkeiten durch nur diese Methode zurückfallen zu
müssen. Projektarbeit ist auch keine Erkenntniskritik, wie
sie im Gegensatz dazu der Konstruktivismus oder auch Pragmatismus
bietet, die deshalb eine Didaktik theoretisch anleiten können,
ohne alles aus der Sicht einer Methode begründen zu müssen.
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