5. Beispiele

Sowohl im Internet als auch in Buchform finden sich viele praktische Anregungen und Erfahrungsberichte. Wir haben versucht, einige Beispiele auszuwählen, die dem hier dargestellten Begriff von Projektarbeit möglichst entsprechen. Dies erwies sich als gar nicht so einfach, da sich – wie oben schon erwähnt – viele unterschiedliche Auffassungen von Projektarbeit finden und die Projektmethode im Versuch, sie an die herkömmlichen Lernformen anzupassen, oft verwässert wird.


Projekte am Gymnasium Köln Pesch ( 1995 – 99, Erlebnisbericht von Franziska Kayser)
Das oben genannte Gymnasium ist eher ländlich gelegen und macht es sich zur Aufgabe, für die umliegende Region auch ein Ort der Kultur zu sein. Dies waren auch die einzigen Rahmenbedingungen, die von der Schulleitung an die gesamte Schülerschaft erging: „Gestaltet einmal im Jahr einen Kulturabend!“ Die teilnehmenden Schüler entwickelten mit Unterstützung ihrer Lehrer völlig selbstständig ein buntes und abwechslungsreiches Programm mit Darbietungen aller 9 Jahrgänge. Das Programm reichte von kleinen Sketchen über Tanzeinlagen, Theater, Instrumentalmusik, Gesang und wurde von zwei Jung-Moderatoren geführt. Das Ganze wurde technisch betreut (Lautsprecher, Beleuchtung) und gefilmt. Die Filme des Vorjahres wurden zum Kauf angeboten. In den Pausen verkauften andere Schüler selbst hergestellte Speisen und Getränke, deren Einnahmen wieder für neue Projekte verwendet wurden. Die Schule war an diesen Kulturabenden fest in der Hand der Schüler. Besucher, Eltern und Lehrer waren Gäste.
Ein zweites Projekt dieser Schule hat schon lange Tradition. Es entstand als Initiative einiger aktiver Eltern und Lehrer, wurde aber in Eigenregie von den Schülern über viele Jahre fortgesetzt. Es handelt sich um das „Projekt Bombay“, wo mit Hilfe des Hungemarsches (für jeden erlaufenen Kilometer sammeln die Schüler von ihren Sponsoren einen festen Geldbetrag ein) Geld für eine Schule für Straßenjungen gesammelt wird. Dabei bleibt es aber nicht, sondern es finden jedes zweite Jahr Reisen hin und her statt, so dass man sich gegenseitig kennen lernt. Beim Besuch der indischen Delegation wurde als Projekt drei Tage lang in der Schule indisch gekocht und gefeiert. Diese Andeutungen mögen genügen, um deutlich zu machen, dass der Ansatz von Dewey hier sehr gut umgesetzt wurde, denn das Lernen in diesen beiden Projekten war sehr vom Interesse der Kinder/Schüler geprägt und hatte vielfältige Außenwirkungen.


Projekte und Erfahrungsberichte im Internet

Schule:
http://www.zwangsarbeiter-im-schwarzwald.eu/
Im Schuljahr 2008/2009 arbeiteten die Schülerinnen und Schüler der zehnten Klasse des Schwarzwald-Gymnasiums Triberg sowie der polnischen Schulen Gymnasium 2 in Lask, Gymnasium 26 Nikolaus Kopernikus in Lodz, dem Allgemeinbildenden Lyzeum Tadeusz Kosciuszko in Lask sowie das Gymnasium Königin Jadwiga mit freundlicher Unterstützung der Universitäten Lodz und Freiburg neben dem Unterricht gemeinsam an dem Projekt "Gedächtnis für die Vergangenheit - Schicksal der Zwangsarbeiter des ,Dritten Reiches' als Botschaft für die Generationen Europas".
Gemeinsam arbeiteten sie das Schicksal junger Menschen auf, die während des Nationalsozialismus in die Region Schwarzwald verschleppt und dort auf Bauernhöfen zur Zwangsarbeit verpflichtet wurden. Jeder der Kooperationspartner übernahm dabei von Beginn an einen Teil der zu bearbeitenden Inhalte. Während die Triberger Gymnasiasten deutsche Zeitzeugen befragten, recherchierten die polnischen Jungen und Mädchen die Geschehnisse aus Sicht der ehemaligen polnischen Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen. Die Beteiligten wollen die Erfahrung dieser Menschen in eine Botschaft wandeln, die in Zukunft für das Miteinander der europäischen Bürgerinnen und Bürger von großer Bedeutung sein kann.
Im Rahmen des Projekts nahmen die deutschen und polnischen Schülerinnen und Schüler im Alter von 14 bis 16 Jahren an der Universität Freiburg an einem Workshop teil, in dem sie die Methode der Oral History kennenlernten und in das wissenschaftliche Arbeiten eingeführt wurden. Sie lernten auch, wie man qualifizierte Interviews führt und einen Fragenkatalog für die Gespräche mit den Zeitzeugen erstellt. In Kleingruppen machten die Jugendlichen danach in Polen und Deutschland durch ihre Eltern, Großeltern und durch Mund-zu-Mundpropaganda Zeitzeugen aus, die ihnen von ihren Erlebnissen und Erfahrungen aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs erzählten. Auf diese Weise konnten die deutschen und polnischen Jugendlichen insgesamt 15 Interviews führen. Allein auf deutscher Seite kamen so über 20 Stunden Material zusammen, das von den Beteiligten transkribiert und ausgewertet wurde. Die Jugendlichen ergänzten ihre Informationen durch Archivrecherchen.
In einem fünftägigen Seminar setzten sich die 100 Jugendlichen und ihre 10 Betreuer/innen mit ihren Rechercheergebnissen auseinander. Sie besuchten unterschiedliche Bildungseinrichtungen, die für das Projekt von Bedeutung sind, wie das Gedenkzentrum des Konzentrationslagers Natzweiler-Struthof und machten eine Tagesexkursion nach Straßburg, um auch das Schicksal polnischer Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter im besetzten Frankreich zu beleuchten. In einer öffentlichen Podiumsdiskussion, an der ca. 250 Gäste, darunter Gemeindevertreter/innen, Zeitzeugen und Medienvertreter/innen, teilnahmen, schilderten die deutschen und polnischen Schülerinnen und Schüler anschließend die damalige Situation im Schwarzwald und präsentierten persönliche Schicksale. Eine polnische Zeitzeugin berichtete den Anwesenden von ihrer Kindheit, die sie auf einem Hof im Schwarzwald verbrachte, auf dem ihre Eltern als Zwangsarbeiter eingesetzt waren.
Im Juli 2009 fand ein weiteres mehrtägiges Seminar für die Beteiligten des Projektes in Polen statt, bei dem die deutschen und polnischen Ergebnisse zusammengeführt und eine multiperspektivische internationale Präsentation erarbeitet wurde. Die Ergebnisse der deutschen Schülergruppe wurden vor diesem Hintergrund der polnischen Öffentlichkeit präsentiert und auch an der Universität Lodz Wissenschaftlern und ehemaligen Zwangsarbeiterinnen vorgestellt. Durch den Besuch verschiedener polnischer Einrichtungen, Zwangsarbeitervereinen und Gedenkstätten (Radogoszcz, Auschwitz, Birkenau) konnten die Ergebnisse in einen gesamthistorischen Kontext eingefasst werden und so den Projektteilnehmern ein Bild der gemeinsamen Vergangenheit vermitteln. Gerade die internationale Ausrichtung des Projekts ermöglichte zudem eine Annäherung der Jugendlichen an das jeweilige Nachbarland und konnte so die Öffentlichkeit für die Thematik sensibilisieren.
Nach Abschluss des Projektes werden nun auf dieser Internetseite Ausschnitte der Erarbeitung dargestellt. So sind nun zwei mitgeschnittene Präsentationen ansehbar -- aber auch Interviews können ganz (oder thematisch geschnitten) angehört werden. Das Projekt wurde von der Europäischen Union mit 20.000 Euro bezuschusst.

http://www.hs-huegelstr.de/3aktionen_projekte/projektarbeit.html
Die Hauptschule Hügelstraße in Wuppertal-Oberbarmen arbeitet seit vielen Jahren mit der Projektmethode. Hier gibt es sowohl Klassenprojekte als auch klassenübergreifende Projektgruppen. Dabei hat das Lehrerkollegium einen ganz eigenen Weg gefunden, sich die Möglichkeiten, die das „learning by doing“ bietet, zu Nutze zu machen und sowohl „reine“ Projekte als auch Mischformen (projektartiges Lernen, Projektwochen...) in eine passende Form zu bringen, die – wie viele gute Beispiele auf der Homepage zeigen – auch bei den Schülern ankommen. Unter http://www.hs-huegelstr.de/3aktionen_projekte/elburg_02/start.html gibt’s sogar ein aktuelles Online-Projekt aus dem Englisch-Kurs, in dem Schüler einer 10. Klasse versuchen, Kontakt zu anderen Jugendlichen aus Europa aufzubauen.


Kindergarten:
http://www.kindergartenpaedagogik.de/454.html
Diekhof, M.: Kind-orientierte Projekte
In: Kindergartenpädagogik - Online-Handbuch – (Hg.: Martin R. Textor)
Das Online- Handbuch bietet Fachartikel zu unterschiedlichen Themen und natürlich auch zur Projektarbeit. Leider wird der Leser bei den meisten Artikeln enttäuscht, da es sich nicht um Projektarbeit im Sinne dieser Arbeit handelt, sondern um die längerfristige Bearbeitung eines Themas unter Einbeziehung des situationsorientierten Ansatzes, wobei die Planung durchweg bei den Erzieherinnen bleibt. Wer aber meint, die Anleitung der Kinder sei notwendige Folge ihres Alters/Entwicklungsstandes, dem sei der Artikel von Mariele Diekhof empfohlen, der deutlich macht, dass Projektarbeit auch im Kindergarten durchaus schon mehr sein kann als situationsorientierter Ansatz. Frau Diekhof ist selbst Kita-Leiterin und Dozentin für Kinderpädagogik. Ihre Erfahrungen hat sie auch in einem Buch veröffentlicht: „So kunterbunt ist unsere Welt“, Berlin 2000. Der Online- Artikel ist ein Auszug aus ihrem Buch.

http://www.kiga-st-nikolaus-dingelsdorf.de/projektarbeit.html
Der Kindergarten St. Nikolaus in Dingeldorf (Ortsteil von Konstanz) bietet auf einer schön gestalteten Seite einen Überblick zu seinem Projektverständnis und mit vielen schönen Beispielen aus dem Kiga-Alltag den Beweis, dass Projektarbeit auch mit kleinen Kindern in umfassender Form realisiert werden kann.


Studium:
http://www.uni-giessen.de/~g91060/eins/projektarbeit.html
Projektbericht im Rahmen eines Hauptseminars in der Didaktik der deutschen Sprache und Literatur: Literarisches Fremdverstehen (Literaturprojekt mit Germanistikstudierenden an der Chuo Universität in Tokyo)

http://www.projektpaedagogik.de
Die Gruppe „pro-jetzt“ von der Uni Flensburg hat sich im Rahmen eines Projektes mit dem Projektstudium beschäftigt. Herausgekommen ist unter anderem ein Konzept zur Einführung des Projektstudiums nach dänischen Vorbild an der Flensburger Uni (dessen Umsetzung leider von der Uni-Leitung nicht ernsthaft in Erwägung gezogen wurde). Besonders interessant ist der Bericht von einer Exkursion zur Universität von Roskilde, welche nicht nur seit ihrem Bestehen ein Projektstudium praktiziert, sondern bereits ursprünglich hierfür konzipiert und gebaut wurde. So gibt es große Räume für die Vorbereitungen und Zwischenstopps und jede Menge kleine Räume für die Arbeitsgruppen und die Dozenten. Des weiteren findet sich auf diesen Seiten eine umfassende Sammlung von Links zu Unis, die Projektstudium praktizieren.