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Publikationen Jörg Lesczenski/ Birgit Wörner: „Ich werde mir Mühe geben ... den entzückten, liebenden Ehemann zu markieren ... .“ Moritz von Metzler und August Thyssen: Ideale und Alltagspraktiken wirtschaftbürgerlicher Lebensführung zwischen Kaiserreich und Weltwirtschaftskrise, in: Tenfelde, Klaus/ Unger, Stefan/ Ziegler, Dieter (Hg.): Die deutsche Wirtschaftselite im 20. Jahrhundert: Kontinuität und Mentalität, erscheint 2002.
Ratingen
Hausforschung bei August Thyssen. Schloss Landsberg wird untersucht
Seit Frühjahr 2000 fördert die Fritz Thyssen Stiftung in Köln das interdisziplinäre Forschungsprojekt "August Thyssen und Schloss Landsberg. Ein Unternehmer und sein Haus". Untersuchungsgegenstand ist der Alterswohnsitz von August Thyssen (1842-1926), einem der maßgeblichen Repräsentanten der industriellen Elite des rheinisch-westfälischen Wirtschaftsraumes, Schloss Landsberg bei Essen-Kettwig an der Ruhr, in der Verknüpfung mit seinem prominenten Bauherrn und dessen Wohn- und Repräsentationsbedürfnissen.
Das Projekt verfolgt das Ziel, die bisher wenig beachtete Frage nach den Wohn- und Lebensformen wirtschaftlicher Führungsschichten im Ruhrgebiet in den Jahren des Kaiserreiches und der Weimarer Republik interdisziplinär zu erforschen. Hierbei werden die Methoden und Perspektiven der Sozial- und Wirtschaftsgeschichte mit jenen der Architekturgeschichte, der Denkmalpflege und der allgemeinen Kunstgeschichte verknüpft. Die Integration verschiedener wissenschaftlicher Disziplinen und ihrer unterschiedlichen Zugriffe ermöglicht es, umfangreiche, bislang unerschlossene Quellenmaterialien eingehend unter vielfältigen, einander ergänzenden Aspekten zu bearbeiten. Daneben wird, auf einer konkreten Fallstudie basierend, ein wesentlicher Beitrag zur interdisziplinären Grundlagenforschung und zur weiteren Entwicklung des noch jungen Forschungsfeldes "Industriekultur" angestrebt. Die Anwendung Neuer Medien (computergestützte Erfassung, Dokumentation und Auswertung von Bild- und Schriftmaterial) sowie neuerer Fragestellungen der Sozial- und Kulturgeschichte fördert zudem eine Weiterentwicklung innovativer fachübergreifender Arbeitsweisen. Mit der Durchführung der beiden Teilprojekte sind die folgenden Lehrstühle und Institute betraut: Universität Frankfurt am Main, Lehrstuhl für Wirtschafts- und Sozialgeschichte: Prof. Dr. Werner Plumpe (Projektleitung); Zentrum für interdisziplinäre Ruhrgebietsforschung ZEFIR der Ruhruniversität Bochum: Ralf Himmelmann MA.; Universität zu Köln, Kunsthistorisches Institut / Abteilung Architekturgeschichte: Prof. Dr. Norbert Nußbaum (Projektleitung); Universität Dortmund, Lehrstuhl für Denkmalpflege und Bauforschung: Prof. Dr. Uta Hassler. Die Jahre um 1900, in denen August Thyssen Schloss Landsberg erwirbt und umbaut, sind in Kultur und Gesellschaft durch vielfältige Auf- und Umbrüche charakterisiert. Die Reformbestrebungen erfassen dabei alle Bereiche insbesondere des bürgerlichen Lebens; sie erstrecken sich auf neue Lebensentwürfe und gesellschaftliche Verhaltensmuster wie auf die Künste. In Architektur und Gestaltung etwa nehmen mit dem Jugendstil vielfältige Ansätze zur Überwindung des Historismus ihren Ausgang, Rationalisierungsprozesse und veränderte Verfahren revolutionieren das Bauwesen, in der Gartenkunst setzen Hausgartenreform und erneuerte formale Prinzipien neue Impulse, und in den bildenden Künsten lösen neue künstlerische Prinzipien die Salonmalerei des 19. Jahrhunderts ab.
Um die vielfältigen Spannungsverhältnisse und die eigentümlichen Wechselbeziehungen zwischen Konvention und Schöpfung, Tradition und Modernität sowie Beharrung und Aufbruch an einem konkreten Fallbeispiel zu beleuchten, ist ein interdisziplinärer Zugang unverzichtbar. Ausgehend von den Fragestellungen der einzelnen Disziplinen - der "materiellen Substanz" des Wohnsitzes auf der einen, der Person des Bauherrn auf der anderen Seite - hat das Forschungsprojekt die Aufgabe, sich dem Untersuchungsgegenstand Schloss Landsberg auf mehreren kontextuellen Ebenen zu nähern und die Ergebnisse letztlich synoptisch zusammenzuführen. Der sich in Bau- und Raumformen, in "Decorum" und "Stil" sowie in Aneignung und Gestaltung der umgebenden Natur und Landschaft manifestierende kulturelle Kosmos August Thyssens bzw. die sich hinter dem Artefakt verbergende Intention seiner "Autoren" (Bauherr, Berater, Entwerfer) sind dabei zu benennen. Ferner gilt es darzulegen, inwiefern sich diese Absicht - Sinn und Zweck des Unternehmens Schloss Landsberg - den Zeitgenossen im privaten wie im gesellschaftlichen Umfeld August Thyssens offenbarte bzw. wie Schloss Landsberg darüber hinaus rezipiert wurde. Hierbei ist das Haus des Unternehmers als Ort und Ausdruck sozialer und kultureller Verhaltensformen, als ein Stück "gebauter Umwelt" zu begreifen und zu untersuchen, immer in der Verknüpfung mit der Biographie und dem Lebensweg August Thyssens. Die gemeinsam zu erarbeitenden Ergebnisse leiten über zu der übergreifenden Frage, wie sich die Umbrüche der Zeit im Mikrokosmos eines Wirtschaftsbürgers konkret darstellen und abbilden sowie nach der generellen Disposition kulturellen Handelns in den Jahren zwischen Kaiserreich und Nationalsozialismus über das konkrete Beispiel Schloss Landsberg hinaus. Innerhalb der interdisziplinären Fragestellungen umfasst das bau- und kunsthistorische Teilprojekt die Dokumentation der baulichen Entwicklung von Schloss und Gartenanlagen in den drei Zeitebenen vor, während und nach August Thyssen. Eine Schwerpunktuntersuchung von Schloss, Ausstattung, Kunstsammlung und Garten / Park um 1903 geht dabei dem durch August Thyssen geschaffenen Wohnumfeld in seinen architektur- und kunsthistorischen Dimensionen nach und ordnet dieses in den jeweiligen zeitgenössischen regionalen, überregionalen sowie europäischen Kontext ein. Der heterogene Forschungsstand für die Zeit um 1900 und fehlende Kenntnisse zu einzelnen spezialisierten Fragestellungen sollen durch eine begleitende Grundlagenermittlung behoben werden, etwa durch die Betrachtung von zeitgleich entstandenen Villen und von Wohnsitzen, sowohl im Umfeld August Thyssens als auch im weiteren Radius, durch Recherchen zur Gartenkunst um 1900 und dem dortigen Wandel in den Gestaltprinzipien wie auch in der Gegenüberstellung des Wandels in den Raumgefügen und -zuordnungen.
Claudia Euskirchen, Jörg Lesczenski, Stephan Strauß, Birgit Wörner |
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