6. Reflexion der
Methode
>> 6.1 Methodenkompetenz
>> 6.2 Methodenvielfalt
>> 6.3 Methodeninterdependenz
6.1 Methodenkompetenz
Wie bereits in der praktischen Begründung beschrieben, fördert das Storyline-Modell die Methodenkompetenz. Es unterstützt den Erwerb und die Entwicklung von Lern- und Arbeitstechniken und verbessert das Gesprächs- und Kooperationsverhalten der Lernenden. Die wichtigsten Punkte werden im Folgenden übersichtlich dargestellt:
- Lern- und Arbeitstechniken
- Einübung handwerklicher Grundtechniken
- Bewahrung der Übersichtlichkeit am Arbeitsplatz
- Erfolgreiches Zeitmanagement
- Effektiver Umgang mit Quellen
- Kompetenter Umgang mit Neuen Medien
- Ansprechende Visualisierung von Arbeitsergebnissen
- Überzeugende Präsentation von Arbeitsergebnissen
- Reflexion des Arbeitsprozesses
- Gesprächs- und Kooperationsverhalten
- Entwicklung und Beachtung von Regeln für die Gruppenarbeit
- Toleranz und Rücksichtnahme gegenüber Gruppenmitgliedern
- Steigerung des Durchsetzungsvermögen
- Umgang mit Konflikten
- Erfolgreiches Argumentieren
- Freies Erzählen
- Aktives Zuhören
- Reflexion eigenen und fremden Verhaltens
Storyline ist eine ausgesprochen handlungsorientierte Methode, bei der Learning by doing methodisches Prinzip ist. Wissen wird dabei nur reproduziert, um den Handlungsverlauf aufrecht zu erhalten. Dabei geht es um eine Anwendung des Wissens und nicht um eine gezielte Überprüfung desselben. Die Halbwertzeit des Wissens wird insofern beachtet, als Methodenkompetenz vermittelt wird, die für lebenslanges Lernen unabdinglich ist. Das Lernen findet in den Gruppen weitgehend selbstorganisiert statt. Die Lenkung des Unterrichtsgeschehens erfolgt mittels offen formulierter Leitfragen und regt damit zur Konstruktion eigenen Wissens an. Bei der Präsentation der Ergebnisse wird deutlich, ob das Lernen erfolgreich war. Das eigene Lernen wird in reflektierenden Phasen überdacht. Der Lehrende lenkt den Handlungsstrang durch die key questions und berät die Schüler, falls diese es wünschen. Dabei kann er sein 'Mehrwissen' anwenden und die Schüler durch gezielte Fragen in eine Richtung lenken. Der Lerner erfährt keine Vorgaben sein Lernen betreffend als die, die ihn verpflichten in einer Gruppe mit anderen zusammen zu arbeiten. Regeln für ein effektives Arbeiten müssen in der Lerngruppe entwickelt werden, damit sie verbindlich von allen eingehalten werden. Dabei kann ein Lerner auch die Bearbeitung einer Aufgabe ablehnen und eine andere Thematik auswählen. Verpflichtend ist jedoch, dass in einer Gruppe gearbeitet wird. Idealerweise wird eine Storyline gemeinsam mit den Lernenden geplant. Das ist aber nur dann möglich, wenn die Lerner bereits über bestimmte Kompetenzen verfügen. Diese zu entwickeln ist eine Aufgabe der Methode.
Die Notwendigkeit der Arbeitsschritte ergibt sich aus dem Handlungsverlauf. Die Einheiten sind so geplant, dass nachfolgende Episoden sich auf vorangegangene beziehen, und ein 'roter Faden' zu erkennen ist. Brüche in der Struktur einer Geschichte sind unmittelbar zu erkennen, da sie zu einem Abreißen des Handlungsstrangs führen. Storyline macht ein selbstbestimmtes Lernen weitgehend möglich. Die Lerner sind immer dazu angehalten, ihr eigenes Bild zu entwickeln und die Validität des Bildes im Anschluss zu überprüfen. Wie in Kapitel 4.3 gezeigt wurde, entspricht auch die Evaluation einer Unterrichtseinheit kon-struktivistischen Grundsätzen. Die Schüler reflektieren ihre Leistungen und erhalten sowohl von der Lerngruppe als auch von der Lehrperson ein Feedback über ihre gezeigten Leistungen. Insgesamt kann also gefolgert werden, dass die Storyline-Methode eine konstruktivistische Unterrichtsmethode ist und in einem konstruktivistischen Methodenpool nicht fehlen darf. Gleichwohl hat die Methode auch ihre Schwierigkeiten. Der Anteil an handwerklichen Tätigkeiten ist sehr hoch, was den Lernenden – und dem Lernen als solches – im weitesten Sinn entgegenkommt. Es muss aber darauf geachtet werden, dass der Lernprozess nicht auf der Stufe des 'Tuns' stehen bleibt, sondern darüber hinausgeht. Das Handeln muss zu einer bedeutsamen Auseinandersetzung mit einem Thema führen. Eine kritische Reflexion des Unterrichtsprozesses ist daher unabdingbar. Storyline ist eine mögliche Unterrichtsmethode unter vielen. Es gilt, sie mit anderen Methoden abzuwechseln bzw. sie mit anderen Methoden zu verknüpfen, um die methodische Arbeit insgesamt zu bereichern.
6.2 Methodenvielfalt
Wie bereits deutlich wurde, bereichert der Storyline-Ansatz den Unterricht durch seine methodische Vielfalt. Da die Methode sehr gut Arbeitstechniken mit sinnvollen und problemlösungsorientierten Fragestellungen verbinden kann, erscheint sie als besonders geeignet, um regelmäßig ergänzend zu anderen Methoden eingesetzt zu werden.
Nun soll der Blick auf einen weiteren, bisher ungenannten Aspekt gerichtet werden. Das Konzept hat, neben den Vorteilen, die es für die Lernenden hat, auch Vorteile für die Lehrenden. Das Unterrichtsmodell erweitert das Methodenrepertoire der Lehrperson und eignet sich besonders zur Ergänzung eher frontal gesteuerter Arbeitsphasen. Damit ist es eine gute Methode, um sich vielleicht als ersten Schritt aus dem Dogma und der Gefangenschaft des Frontalunterrichts zu lösen. Dies trägt zu einer Steigerung der Attraktivität des Unterrichts bei und beeinflusst positiv die Motivation der Lerner. Als fächerübergreifendes Konzept bietet es sich an, Kooperationen mit anderen Lehrenden einzugehen, um im Sinne von Team-Teaching das Klassenzimmer für Kollegen zu öffnen. Da Storyline durch das narrative Setting eine lineare Struktur aufweist, die sich im Handlungsplan wiederfindet, behält die Lehrperson leicht den Überblick über das Unterrichtsgeschehen. Dies ist besonders dann von Interesse, wenn Lehrer sich nicht 'zutrauen', den Unterricht weitgehend zu öffnen. Storyline kann so als Übergangsform zu offeneren Unterrichtsformen eingesetzt werden. Erfahrungen zeigen, dass dadurch auch der Unterricht für Lehrende an Attraktivität gewinnt und zu einer höheren Zufriedenheit bei den Lehrenden führen kann.
6.3 Methodeninterdependenz
Storyline ist eine Form von projektorientiertem Arbeiten. Damit ist nicht Projektarbeit im klassischen Sinn, wie von Dewey und Kilpatrick entwickelt, gemeint. Elemente dieses Modells waren aber möglicherweise Vorbild für Storyline. Vielmehr hat Frey mit seiner Projektmethode eine Adaption der Projektarbeit aufgestellt, die eine ähnliche Problembearbeitung wie Storyline vorsieht. Die Nähe der Methode zu den Ansätzen der Situated-Cognition-Bewegung (Cognitive Apprenticeship, Cognitive Flexibility Theory, Anchored Instruction) wurde bereits im Kapitel theoretische Begründung (3.1.2) behandelt. Es sollen dennoch noch einmal die wichtigsten Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausgestellt werden. Mit den Theorien aus der Instruktionspsychologie hat die, wesentlich ältere, Storyline-Methode die Einbettung von Lerninhalten in einen sinnstiftenden Kontext gemein. Anders als die o.g. Ansätze ist die Methode Glasgow aber weitgehend von Medien der Informationstechnologie unabhängig und sehr flexibel handhabbar. Sie eignet sich auch für weniger komplexe Zusammenhänge und lässt sich dabei schrittweise – entsprechend der Komplexität der zu behandelnden Probleme – steigern. Das Portfolio kann als sinnvolles Mittel zur Leistungsmessung eingesetzt werden. Das Portfolio hilft dabei, Selbstevaluationsprozesse einzuleiten und eröffnet Möglichkeiten zur Modifikation von Arbeitsweisen. Brainstorming kommt bei der Aktivierung des Schülerwissens (Lernerorientierung), insbesondere in der Eingangssequenz, zur Anwendung. Mit Hilfe von Mindmapping kann das Vorwissen strukturiert werden. Clustering wird zur Anlage der Wordbanks, der themenorientierten Wortkarteien, genutzt. Im Fremdsprachenunterricht helfen Cluster bei der Organisation des Wortschatzes und unterstützen somit das Einprägen neuen Vokabulars. Gruppenergebnisse können in Form von Wandzeitungen festgehalten und am Wandfries befestigt werden. Insbesondere die kleineren Techniken können auf vielfältige Weise in die Arbeit mit Storyline eingebettet werden.
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