5.
Beispiele
Die
Laborschule Bielefeld bietet ein gutes Beispiel für die allmähliche
Umsetzung der Atelierarbeit in die Schule, auch wenn die Laborschule
stärker vom Pragmatismus Deweys als von der Pädagogik
Freinets in ihrem Gesamtmodell geprägt ist. Aber die Laborschule
zeigt auch, dass sich verschiedene Ansätze durchaus auf der
Basis der Handlungsorientierung gut mischen lassen. Als ein Laborschullehrer
bei seinem Besuch der Freinetschule in Vence von der Idee der Atelierarbeit
angeregt wurde, begann er, diese in kleinen Schritten auch in der
Laborschule umzusetzen, bis sie schließlich als festes Angebot
der gesamten Schule aufgenommen wurde. Diese Umsetzung der Atelierarbeit
wird in der Laborschule als ‚offenes Werkstattangebot’
bezeichnet. Solche sind als ein Ergänzungsprogramm zu Kursen
und Unterrichtsfächern zu verstehen.
„Werkstattangebote sind somit nicht Lehrgang, richten sich
nicht in erster Linie nach dem Zweck, operrationalisierbare Ziele
zu erreichen, wie z.B. handwerkliche Grundkenntnisse, sondern dienen
vielmehr der kindlichen Wahrnehmung, ihrem Ausdruck, ihrer Gestalt.
Der Prozess des Tuns, des Schaffens, der Arbeit selber ist wesentlicher
Sinn der Werkstattangebote.“ (Blömeke/ Bosse/ Görlich,
1999, 15)
In der Veröffentlichung »Offene Werkstattangebote«
wird den Leser/-innen ein plastisches Bild über die Atelierarbeit
vermittelt. Die Beispiele aus den Schulalltagssituationen bieten
noch zusätzliche Einblicke. Es wird auch deutlich, dass die
Umsetzung der Ateliers zuerst eine genaue Überprüfung
der strukturellen Voraussetzungen in der jeweiligen Schule erfordert.
Die Methode kann erst dann zum Erfolg führen, wenn die Lehrperson
zunächst eine klare Vorstellung von ihrem Sinn und Zweck entwickelt.
Angebotszeit:
Die Laborschule Bielefeld bietet das »Offene Werkstattangebot«
einmal wöchentlich an. Es ist wichtig, dass es immer um die
gleiche Zeit, für die Dauer von 45-60 Minuten, durchgeführt
wird. Angebotsbreite: Es werden ca. 8-10 unterschiedliche Angebote
für 45 Kinder im Alter von 5-8 Jahren angeboten. Betreuung:
Von Lehrern, Lehrerinnen, Eltern und Praktikant/-innen. Die Elternmitarbeit
führt einerseits dazu, dass ein personeller Ausgleich geschaffen
werden kann, zum anderen dient sie der aktiven Beteiligung der Elternteile
an dem schulischen Geschehen.
Werkgruppengröße:
Bei der Werkgruppengröße wird darauf geachtet, dass der
Betreuungsaufwand entsprechend dem Angebot und dem dafür zur
Verfügung stehenden Platz bewältigt werden kann. Daher
fallen die Werkgruppen unterschiedlich groß aus. Einteilung
der Werkstattgruppen: Die Kinder können jede Woche frei wählen,
in welchem Atelier sie arbeiten möchten. Allerdings müssen
sie sich auch teilweise mit ihrer zweiten Wahl begnügen, da
die Werkgruppengröße eingeschränkt ist. Nur am Anfang
des Schuljahres findet eine Eingewöhnungsphase statt. In dieser
Phase werden die Kinder angehalten, alle Werkstattangebote nacheinander
auszuprobieren. Die Lehrpersonen führen Buch über die
Gruppenteilnahme eines jeden Kindes. Auf diese Weise ist es den
Kindern möglich, im Laufe des Schuljahres den Überblick
über ihr eigenes Auswahlverhalten zu behalten und darüber
mit ihren Lehrer/-innen zu reflektieren.
Werkstattorte:
Nicht für alle Angebote gibt es einen extra Raum. In dieser
Stunde werden alle Klassenräume, teilweise Flure und andere
Räume in der Schule in Werkstätten verwandelt. In jeder
Klasse lassen sich drei oder vier Angebote gleichzeitig anbieten.
Mit ein paar organisatorischen Vorbereitungen lassen sich die normalen
Klassenzimmer in Ateliers umfunktionieren. Die Kinder kommen mit
eigenen Zielen, Plänen und Phantasien in die Werkstätten.
Daher herrscht in dieser Phase der Kreativität eine ruhige
Zufriedenheit, so dass die Kinder in der Regel an ihren Plätzen
sitzen bleiben und einander nicht stören. Außerdem erlernen
die Kinder auch in einer großen Gruppe, ihren eigenen Interessen
nach zu gehen und sich von anderen nicht ablenken zu lassen.
Die
Lehrpersonen haben in dieser Stunde eher eine unterstützende
Rolle. „Nicht nur die künstlerischen und handwerklichen
Tätigkeiten machen die Werkstatt aus, sondern bereits die Form
der Organisation von Interaktion zwischen Kindern und Lehrern.“
(ebd., 16) Um optimale Bedingungen für die Entwicklung der
Kinder in den Werkstätten zu schaffen, sind einige Kriterien
von Lehrpersonen der Laborschule aufgestellt worden:
• |
Ernsthaftigkeit
des einzelnen Werkstattangebots; |
• |
Materialien
und Tätigkeiten weisen elementaren Charakter auf; |
• |
bei der
Auswahl der Materialien sollten Altersgruppen berücksichtigt
werden; |
• |
es werden
durchaus „echte“ Werkzeuge benutzt. Sie müssen
nur für die Kinder fassbar sein und ihre Bedienung
sollte ihnen erläutert worden sein; |
• |
die Kinder
können dem Geschehen verstandesmäßig folgen; |
• |
in jedem
Werkstattangebot erhalten die Kinder die Möglichkeit zur
Auswahl und Gestaltung eigener Vorstellungen; |
• |
Material,
Werkzeuge und Handhabungsmöglichkeiten lassen den Kindern
Spielraum. |
Am
Ende der Werkstattzeit wird in den Gruppen aufgeräumt. Alle
helfen mit, die Ordnung wieder herzustellen. Wer innerhalb der Arbeitszeit
noch nicht fertig geworden ist, darf in den nächsten „Stunden“
an seinem Werk weiterarbeiten. Die Werkstattergebnisse werden in
der jeweiligen festen Gruppe im Anschluss an die Werkstattzeit präsentiert.
Die Werkstücke werden mit großer Aufmerksamkeit und Würdigung
behandelt. Die Zeit der Präsentation ist zwar ein fester Bestandteil
der Werkstattarbeit, den Kindern wird allerdings frei gestellt,
ob sie ihre Werkstücke der Gruppe vorzeigen wollen oder nicht.
Es ist zwar ein besonderer Raum für die Ausstellung der Werkstücke
vorgesehen, aber die Kinder dürfen ihre Werke auch mit nach
Hause nehmen, wenn sie den Wunsch haben.
Aus der Sicht der konstruktivistischen Didaktik wäre es ein
grundständiges Ziel, die gefertigten Konstrukte immer vorzuzeigen
und in ihrer Bedeutung mit der Gruppe zu diskutieren. So erreichen
wir, dass die Lerner ihre Konstruktionen als bedeutsam erleben und
in jenen Fällen, wo sie kritisch ihren eigen Leistungen gegenüber
stehen, Hilfen von der Gruppe erhalten, was sie wie verbessern könnten.
Die Lehrenden müssen allerdings strikt auf eine Förderung
und Achtung der Lerner im Blick auf ihren Kenntnis- und Fertigkeitsstand
bei dem Feedback durch die Gruppe achten
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