Heft 263

Manfred Kops:

Vorreiter und Bremser der Europäischen Integration,

Köln, im März 2010, ISBN 978-3-938933-67-1

35 S., Schutzgebühr 10,00 €

 

In diesem Rolf Caesar gewidmeten Aufsatz zeigt der Verfasser, Geschäftsführer des Instituts für Rundfunkökonomie, dass durch Kooperationen die Wohlfahrt der miteinander kooperierenden Staaten erhöht werden kann, so auch die Wohlfahrt der Staaten Europas. Er argumentiert, dass die Europäische Integration aus dieser Sicht als der schwierige Versuch zu betrachten ist, möglichst hohe „statische“ Kooperationsgewinne zu realisieren, d. h. möglichst alle bei den jeweils bestehenden ökonomischen und politischen Strukturen wohlfahrtssteigernden Kooperationen wahrzunehmen, dabei aber auch die Rahmenbedingungen für künftige („dynamische“) Kooperationsgewinne zu verbessern. 

Die Optimierung der statischen Kooperationsgewinne wird dadurch erschwert, dass sich alle an der Kooperation beteiligten Staaten auf eine einheitliche Kooperationsintensität einigen müssen, auch wenn sie ganz unterschiedlich hohe Kooperationsintensitäten anstreben. Dadurch können die Kooperationsgewinne für die miteinander kooperierenden Staaten unterschiedlich hoch ausfallen, für einige Staaten und in bestimmten Politikbereichen können sie sogar negativ sein. Das spricht dafür, von der ursprünglichen Integrationsstrategie abzurücken, möglichst viele Staaten Europas in möglichst vielen Politikbereichen vertraglich auf eine einheitliche Kooperationsintensität zu verpflichten, und stattdessen, zumindest vorübergehend eine fakultative, jeweils fallweise Kooperation zwischen wenigeren und wechselnden Mitgliedstaaten und in wechselnden Politikbereichen zuzulassen (die „Serendipity-Strategie“). Das dürfte auch die Neigung von „Bremsern“ verringern, sich unter Hinweis auf tatsächlich oder vorgeschoben geringe Kooperationsgewinne die Zustimmung zu Kooperationen von „Vorreitern“ zu erkaufen.

Auf eine langfristig angestrebte obligatorische Zusammenarbeit in allen koordinierten Politikbereichen zu verzichten, möglicherweise in einigen Politikbereichen, in denen dies bereits erreicht worden ist, wieder zu Formen der fakultativen Kooperation zurückzukehren, mag deshalb die erforderliche Revision der „Road Map to Europe“ erleichtern. Andererseits wird diese höhere Flexibilität erkauft mit den tendenziell höheren Transaktionskosten einer freiwilligen Aushandlung der Modalitäten einer horizontalen im Vergleich zu einer langfristig geregelten obligatorischen Kooperation. Auch die dabei immer wieder neu erforderliche Aufteilung der Kooperationsgewinne birgt politische Risiken. Als großes Risiko einer Flexibilisierung der Europäischen Integrationspolitik muss schließlich beachtet werden, dass dadurch, zumindest vorübergehend, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zwischen den intensiv und den weniger intensiv miteinander kooperierenden Staaten weiter auseinander driftet, was sich möglicherweise wiederum negativ auf andere, für die Bereitschaft zur zwischenstaatlichen Kooperation wichtige Faktoren auswirken und den gesamten Integrationsprozess umkehren könnte. 

Deshalb erscheint in der gegenwärtigen Lage zwar eine größere Flexibilisierung richtig, unter Nutzung aller oben unterschiedenen Kooperationsformen, die für die Suche des Wegs nach Europa ausreichend viele „Serendipity-Pfade“ eröffnet. Man wird für diese Suche möglicherweise auch mehr Zeit brauchen als vorgesehen. Am Ende dieser „long and winding road“ kann aber weiterhin die Europäische Union stehen, als einer politischen Union und einer Wertegemeinschaft, deren Mitglieder sich durch eine gemeinsame Verfassung zu einer obligatorischen Zusammenarbeit verpflichten.

Inhaltsverzeichnis:

1. Einführung
2. Nutzen und Kosten zwischenstaatlicher Kooperation
3. Der Nettonutzen der Kooperation und die optimale Kooperationsintensität
4. Die von den EU-Mitgliedstaaten gewünschte Kooperationsintensität
5. Notwendige Einigung über die von den EU-Mitgliedstaaten gewünschte Kooperationsintensität
6. Verfahren zur Einigung auf eine einheitliche Kooperationsintensität zwischen den EU-Mitgliedstaaten
7. Zusammenfassung und Ausblick