"Offener Brief" und Unterschriftenaktion
Ergebnis des Schwarzbuchabends
Der sog. „Offene Brief“ entstand als Resultat aus dem Schwarzbuchabend am 4.11.2009 (hier klicken für weitere Infos zum Schwarzbuchabend). Ein Brief sollte an den Dekan und den Klinikdirektor geschrieben werden mit zwei Forderungen, die für gute Lehre an unserer Fakultät von zentraler Bedeutung sind. Dafür sollte in Form von Unterschriften größtmögliche Unterstützung bei den Studierenden eingeholt werden. Die beiden Forderungen waren:
- Die Umstrukturierung der studentischen Ausbildung dahingehend, dass sie die Vorgaben der aktuellen Ärztlichen Approbationsordnung (ÄAppO) tatsächlich und in vollem Umfang erfüllt.
- Die feste Verankerung der vom ärztlichen Personal zu leistenden Lehrstunden in den Dienstplänen der Kliniken und Abteilungen, um die Lehre nicht als zusätzliche Arbeitsbelastung, sondern als festen Bestandteil des Klinikalltags zu definieren.
Den Brief im Originaltext kannst du hier lesen.
Hintergund
Die Ärztliche Approbationsordnung, also der gesetzliche Rahmen für die medizinsiche Ausbildung in Deutschland, schreibt u.a. 476 Stunden Unterricht am Krankenbett in Gruppen von nicht mehr als 6 Studenten für die Patienten-Demonstration und nicht mehr als 3 Studenten für die Patienten-Untersuchung vor. In der Kölner Studienordnung sind zwar insgesamt sogar 480 Stunden Unterricht am Krankenbett ausgeschrieben, in der Realität verbringen die Studierenden jedoch den Großteil der Zeit, z.B. während der Blockpraktika, mit anderen oder gar keinen Tätigkeiten – und die geringe Zeit, in der Untersuchungen am Krankenbett stattfinden, läuft dann oftmals wenig produktiv ab: Wegen unzureichender Einweisung und zu wenig betreuendem ärztlichen Personal versammeln sich nicht selten mehr als 10 Studierende vor einem Patienten, um eine notdürftige Anamnese zu erstellen, von einer gründlichen körperlichen Untersuchung kann oftmals keine Rede sein.
Auch in den Seminaren wird dieses schlechte Betreuungsverhältnis regelmäßig deutlich, wenn statt der von der ÄAppO geforderten 20 Studierenden mehr als 30 Studierenden zu einer Seminar-Gruppe zusammengesteckt werden.
Um diese Missstände effektiv anzugehen, bedarf es unserer Meinung nach zu allererst mehr Personals, welches auch wirklich die Zeit besitzt, sich auf die zu leistende Lehre, ob in Vorlesungen, Blockpraktika oder Seminaren, vorzubereiten. Hier setzt die 2. Forderung des Briefes an, welche die Verankerung der vom ärztlichen Personal zu leistenden Lehrstunden in den Dienstplänen der Kliniken und Institute fordert.
Entstehung
Gemeinsam mit Vertretern der Fachschaft haben wir uns also nach dem Schwarzbuchabend regelmäßig getroffen, um das Konzept des Briefes zu festzulegen und das weitere Vorgehen zu besprechen. Wir einigten uns darauf, den Brief erst einmal zuerst innerhalb unserer Fakultät so publik wie möglich zu machen. Ziel sollte sein, eine größtmögliche Unterstützung für die Aktion aufzubauen um einen unmittelbaren Handlungsdruck bei den Verantwortlichen der Medizinischen Fakultät zu erzeugen. Durch eine bisher noch nicht da gewesene offene Darstellung der Missstände in unserer Lehre sollte es dem Dekanat von vornherein unmöglich gemacht werden, die Probleme zu marginalisieren und abzuhandeln ohne unmittelbare Maßnahmen zur Umsetzung der Forderungen zu ergreifen.
So haben wir zur Unterstützung des Briefes in den Lehrveranstaltungen Unterschriftenlisten herumgereicht und auf diese Weise mehr als 1100 Stimmen von Studierenden gesammelt. Außerdem haben sich mehr als 250 Wissenschaftliche Mitarbeiter des Universitätsklinikum mit ihrer Unterschrift hinter die Forderungen des Briefes gestellt. Des Weiteren haben wir über die Email-Kontakte der Fachschaft versucht, weitere Fakultäten respektive Fachschaften in ganz Deutschland zu erreichen, um sie dafür zu gewinnen, eine ähnliche Aktion an ihrer Fakultät durchzuführen und so eine deutschlandweite Vernetzung und einen Diskurs über diese weit verbreiteten Missstände zu erreichen. An dieser Vernetzung wird in der nächsten Zeit noch weiter intensiv gearbeitet werden.
Präsentation der Forderungen vor der Engeren Fakultät
Der nächste Schritt war dann die Übergabe der Forderungen und der Unterschriftenliste an das Dekanat im Rahmen der Sitzung des Fachbereichsrates der Medizinsichen Fakultät am 16.12.2009. Mitglieder der Fachschaft (welche in den Fakultätsratsitzungen antragsberechtigt sind) stellten mit der Unterstützung zahlreicher anwesender „Kritischer“ und anderer Medizinstudierender die Forderungen des Briefes sehr pointiert vor und übergaben den Mitgliedern des Fakultätsrats die gesammelten Unterschriften, woraufhin sich eine lebhafte Diskussion unter den anwesenden Professoren und auch Studierenden entwickelte.
Am Ende der Diskussion stand der Beschluss des Fakultätsrats, eine so genannte „Task Force“ gründen zu wollen, die sich im neuen Jahr an die Umsetzung unserer Forderungen für eine bessere Lehre an der Medizinischen Fakultät machen soll.
Für uns Kritische Medizinstudierende stellt sich dabei v.a. die Frage, wie diese Task Force tatsächlich besetzt sein wird, d.h. ob sie von den verantwortlichen Entscheidungsträgern an der Fakultät mitgetragen wird und somit auch die Befugnis erhält, tatsächlich Änderungen durchzusetzen. Hierfür erscheint es uns unerlässlich, dass auch studentische Vertreter von Fachschaft und den Kritischen Medizinstudierenden in dieser „Task Force“ sitzen, um den Prozess zu begleiten und dafür zu sorgen, dass diese Mühle schneller mahlt, als es die vielen schon bestehenden Kommissionen, Gremien etc. oftmals tun.
Alle weiteren Entwicklungen und Ergebnisse des Prozesses erwarten uns dann im Jahr 2010, wir werden an dieser Stelle darüber berichten!
Stand: 12.01.2010, Josuah, Victor