0. Einleitung

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Skandale und Affären bei Politikern/innen und innerhalb politischer Parteien haben immer schon die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit sowie die Gemüter der Bürgerinnen und Bürger erregt. In den letzten Monaten vor dem Beginn unserer Untersuchung waren gleich mehrere Skandale in deutschen Tageszeitungen und Nachrichten ständig präsent und wurden bzw. werden immer noch viel diskutiert: die Affäre um den (ehemaligen) niedersächsischen Ministerpräsidenten Glogowski, die Spendenaffäre der CDU und die Flugaffäre der SPD in Nordrhein-Westfalen. Fast täglich gibt es Meldungen, die neue Fakten über die Affären aufdecken und zeigen, wie viele Politiker/innen darin verstrickt sind. Untersuchungsausschüsse werden eingerichtet, staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren eingeleitet, und schon mehrere Politiker mussten von ihrem Amt zurücktreten.
Verfolgt man die Entwicklung, wie sie die Medien vermitteln, so entsteht der Eindruck, dass die Politiker/innen, die sich zu einem Skandal äußern, die Fakten, die bei einer konkurrierenden Partei aufgedeckt werden, mit sehr viel mehr Vehemenz be- und verurteilen, als die, welche in der eigenen Partei bekannt werden. Es geht dabei letztendlich um die Frage nach dem Grad der moralischen Integrität der jeweiligen politischen Partei, und es stellt sich die Frage, ob diesbezüglich mit zweierlei Maß gemessen wird - wobei die Maßstäbe davon abhängen, ob es sich um die eigene oder um eine konkurrierende Partei handelt: Für die eigene Partei reicht es aus, wenn moralische Anforderungen auf der Beziehungsebene erfüllt werden, für andere Parteien wird die Einhaltung übergeordneter gesellschaftlicher Wertmaßstäbe (Prinzipien) gefordert, an denen die Handlungen gemessen werden.

Die Begriffe ,Orientierung an Beziehungen` und ,Orientierung an Prinzipien` implizieren eine Wertung im Sinne ,niedrigerer` und ,höherer` Moralität.

Gegenstand der vorliegenden Untersuchung ist deshalb die Frage, ob sich bei Äußerungen von Politikern/innen hinsichtlich einer politischen Affäre in der eigenen Partei gehäuft Beurteilungen finden, die einen niedrigeren moralischen Maßstab erkennen lassen, als wenn es sich um Beurteilungen einer Affäre in einer konkurrierenden Partei handelt. Dies soll im Hinblick auf die Affäre um den zurückgetretenen niedersächsischen Ministerpräsidenten Gerhard Glogowski und die Spendenaffäre um den Altbundeskanzler Helmut Kohl untersucht werden.

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R.Mohseni