Heft 289
Beim vorliegenden Arbeitspapier handelt es sich um die überarbeitete und erweiterte Fassung eines Referates, das der Verfasser, Professor an der Hochschule der Bundeswehr München, auf einer vom „Initiativkreis Öffentlicher Rundfunk Köln“ am 9. 3. 2012 veranstalteten Tagung zum Thema „Public Value. Was soll der öffentlich-rechtliche Rundfunk für die Gesellschaft leisten?“ vorgetragen hat. Darin behandelt er in einem ersten Teil die Rundfunkfreiheit in normativen Bezügen, befasst sich sodann mit der Ausgestaltung und Empirie der Rundfunkfreiheit und geht schließlich auf die Rundfunkfreiheit im Internet ein. Hierzu resümiert der Autor: „Das Grundgesetz erwartet, dass der Rundfunk die Aufgaben, in denen seine Existenz, Ausstattung und Programmautonomie ihre einzige Rechtfertigung finden, vollumfänglich auch im Internet wahrnimmt. Art. 5 Abs. 1 GG ist kein Grund dafür zu entnehmen, dass ein Public-Service-Medium ausgerechnet dem Kommunikationsraum fern bleiben sollte, in dem gesellschaftliche Kommunikation sich schon seit längerem allem Anschein nach am lebhaftesten entfaltet. Gerade in diesem Kommunikationsraum bedarf es vielmehr der Erschließung, Analyse, Differenzierung, Synthetisierung, Ergänzung, Entdeckung, Orientierung, und mit alledem letztlich genau derjenigen Leistungen, die zur Verwirklichung der massenmedialen Integrationsfunktion erbracht werden müssen. Auch spricht viel dafür, dass diese Leistungen im Zuge der weiteren medien-technischen und medienstrukturellen Entwicklung immer wichtiger werden." "In kommunikationsverfassungsrechtlicher Perspektive sollte ein seiner dienenden Funktion bewusster Public-Service-Rundfunk also darin eher ermutigt und gefördert, denn behindert werden, seine Aufgabe auch in das Netz hinein zu entwerfen und wahrzunehmen. Die Freiheit umfassender, individuell-privater und kollektiv-öffentlicher Meinungsbildung bedarf auch hinter den Grenzen des Internet der ermöglichenden, stützenden und sichernden Gewährleistung. Mehr noch, je stärker sich das Internet als ein Kommunikationsraum ausweitet, in den sich die Lebenswelten der vergesellschafteten Persönlichkeiten immer enger einpassen, desto geringer wird relativ dazu das Vermögen unvermittelter Individualkommunikation erscheinen, sich die neue symbolische Welt auch nur in Ansätzen zu erschließen. Das Gewicht des Grundproblems, auf das die Funktion der Massenmedien des Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG zu reagieren sucht, nimmt dementsprechend im Netz zu. Für Rundfunk, insbesondere aber für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk liegt hierin die pflichtgeprägte Kehrseite der optionensichernden Entwicklungsgarantie, die das Bundesverfassungsgericht mehrfach als grundrechtsgesichert erachtet hat. Um ihres spezifischen Funktionsbezugs willen dürfen Public Service-Angebote nicht nur, sondern sollen in den Kommunikationsraum des Internet hinein verbreitet werden.“
Inhaltsverzeichnis:
1. Rundfunkfreiheit in normativen Bezügen
1.1. Meinungsbildungsfreiheit im Gewährleistungsgefüge des Kommunikationsverfassungsrechts
1.2. Ein zweifaches Bildungsziel: Persönlichkeit und Demokratie
1.3. Dimensionen einer dienenden Medienfunktion
2. Ausgestaltung und Empirie der Rundfunkfreiheit
2.1. Das Duale System als Legitimationsverbund
2.2. Verdichtung und Differenzierung
2.3. Zur wachsenden Bedeutung der Informationsfunktion
3. Rundfunkfreiheit im Internet