Heft 211d

Manfred Kops:

Globalisierung der Medienwirtschaft. Nutzen und Kosten, Gewinner und Verlierer,

Köln, im Mai 2006, ISBN 3-938933-09-7

S. 70, Schutzgebühr 17,00 €

Die Globalisierung erhöht die Effizienz der Produktion von Medien. Davon profitieren die Medienunternehmen, die Medienkonsumenten (Zuschauer, Zuhörer, Leser) und die Staaten, in denen die Medienunternehmen angesiedelt sind. Andererseits verstärkt die Globalisierung den ökonomischen Druck, für große Publika zu produzieren (sog. "Mainstream Programmierung"), was die Vielfalt der Medieninhalte reduziert und damit auch die Chancen von Minderheiten, sich an der öffentlichen Kommunikation zu beteiligen. 

Diese Mainstream-Ausrichtung der Medien verringert das Spektrum vorgeschlagener und diskutierter Möglichkeiten zur Lösung gesellschaftlicher Fragen; und sie vermindert damit auch die Chancen, die richtigen Antworten zu finden und die richtigen kollektiven Entscheidungen zu treffen. Sie verringert auch die Bereitschaft derjenigen Minderheiten, die vom öffentlichen Dialog und von öffentlichen Entscheidungen ausgeschlossen sind und keine Möglichkeit sehen, ihn zu beeinflussen, die Mehrheitsentscheidungen zu akzeptieren und mitzutragen; Resignation, Separatismus, möglicherweise auch Extremismus, können die Folgen sein, mit nachteiligen Wirkungen für die Kohärenz, Solidarität, Stabilität, Flexibilität und Leistungsfähigkeit der Gesellschaft. 

Um dies zu verhindern, bedarf es eines breiten öffentlichen Dialogs, der auch Minderheiten einbezieht, sowohl innerhalb der Staaten als auch in der zwischenstaatlichen und internationalen Kommunikation. Hierzu bieten sich grundsätzlich zwei Möglichkeiten: Zum einen können die ökonomischen Regeln des Marktes, die eine Mainstream-Ausrichtung der kommerziellen Medien bewirken, durch staatliche Regulierungsmaßnahmen gedämpft und teilweise außer Kraft gesetzt werden. Zum anderen können nicht-marktliche Formen der Bereitstellung von Medien gefördert werden, wie z. B. die staatliche Unterstützung bürgerschaftlichen Engagements in den Medien ("Bürgerfunk") oder ein qualitativ hochwerter, vielfältiger und alle Verbreitungswege nutzender öffentlich-rechtlicher Rundfunk. Auch die neuen audiovisuellen Dienste (wie z. B. von Einzelpersonen oder nichtstaatlichen Organisationen betriebene Websites und Weblogs), die mit geringen Kosten hergestellt und verbreitet werden können, können die Vielfalt öffentlicher Meinung erhöhen und dadurch den negativen Folgen der globalisierungsbedingten "Mainstream-Orientierung" der kommerziellen Medien entgegen wirken, sie möglicherweise sogar überkompensieren. Allerdings unterliegen auch diese neuen Dienste dem ökonomischen Druck, der die Vielfalt der traditionellen Medien reduziert: Nach einer Anfangsphase hoher intrinsischer Motivation verschwinden viele dieser neuen Angebote deshalb wieder – oder sie unterwerfen sich ebenfalls dem Mainstream. Auch für sie ist eine Regulierung des Marktes und eine Förderung nicht-marktlicher Angebote deshalb geboten.

Inhaltsverzeichnis:

1. Globalisierung der Medienwirtschaft: Hoehere Effizienz - Hoeherer Wohlstand
2. Globalisierung der Medienwirtschaft: Mehr Marktmacht und mehr (unkontrollierte) politische Macht der Medien
3. Globalisierung der Medienwirtschaft - Reduzierte Vielfalt
4. Reduzierte Vielfalt der Medienwirtschaft als Gefaehrdung der innerstaatlichen oeffentlichen Kommunikation
5. Reduzierte Vielfalt der Medienwirtschaft als Gefaehrdung der zwischenstaatlichen oeffentlichen Kommunikation
6. Gewinner und Verlierer einer Globalisierung der Medienwirtschaft
7. Die Vielfalt steigernden Wirkungen der neuen audiovisuellen Dienste
8. Zusammenfassung