Projekte |
- Projekt 1:
"The Rock Paintings of the Upper Brandberg" (Felskunst im Hohen Brandberg)
- Projekt 2:
„Klima- und Kulturgeschichte im Ennedi-Gebirge und seinem Umland“
Projekt 1: |
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Ort: |
Namibia, Brandberg/Daureb |
Förderung: |
DFG – Deutsche Forschungsgemeinschaft |
Forschungs- zusammenhang: |
Einzelprojekt in Kooperation mit archäologischen und ethnologischen Projekten des SFB 389 ACACIA |
Dauer: |
1986 - 2006 (direkte Vorläuferprojekte seit 1963) |
Ziel: |
Publikation der Felskunst des Brandberg/Daureb, wie sie von Harald Pager († 1985) im Auftrag des Instituts für Ur- und Frühgeschichte der Uni Köln dokumentiert wurde |
Beschreibung: |
Die weltweit einmalig umfassende und genaue Dokumentation der Felskunst des Brandberg/Daureb, die der verstorbene Harald Pager zwischen 1977 und 1985 anlegte, wird in wissenschaftliche Katalogen vollständig vorgelegt (die Bände 1-6 erschienen 1989, 1993, 1995, 1998, 2000, 2006) |
Dauerhafte Mitarbeiter: |
Marie-Theres Erz, Klaus Günther, Lutz Hermsdorf-Knauth, Tilman Lenssen-Erz (verantwortliche Leitung), Ursula Tegtmeier |
Details zum Brandberg/Daureb
Die Malereien
Es gibt etwa 50.000 Bilder in ungefähr 1.000 Fundstellen; sie wurden vornehmlich in der Zeit vor 2000 bis 4000 Jahren gemalt. Die Motive zeigen zu 70% menschliche Figuren, 20% Tiere (fast ausschließlich großes Jagdwild, das im oberen Bereich des Berges nicht vorkommt) und 10% anderes. Gemalt wurde mit Erdfarben (Eisenoxyd-Mineralien), vor allem Rot, dazu Schwarz und Weiß und etwas Gelb.
Die Bedeutung der Malereien
Malen war bedeutender Bestandteil der Riten, wozu auch Heilungszeremonien und soziales Management zu rechnen sind. Daneben spielten Malereien eine wichtige Rolle als komplexes Kommunikationsmedium mit dem das gesamte kulturelle Wissen (das enzyklopädische Wissen) erinnert und von Generation zu Generation weitergegeben wurde. Die Bilder von Menschen transportieren häufig die Ideale „Gemeinschaft, Gleichheit und Mobilität“ mit denen das Idealbild einer „Person“ ohne Rang, Status, Alter und sogar Geschlecht propagiert wird (etwa 80% der menschlichen Darstellungen fallen in diese Kategorie). Die Rollen von Mann und Frau spielen eine untergeordnete Rolle so dass nur 20% der Figuren mit eindeutigen Geschlechtsmerkmalen gekennzeichnet sind. Wenn sie markiert sind, dann sind Männer eng mit der materiellen Kultur verbunden, während Frauen mit Kommunikation und Gemeinschaftsriten und –zeremonien assoziiert werden. Gelegentlich könnten Bilder mit veränderten Bewusstseinszuständen verbunden sein, so wie sie bei Schamanen im Trancezustand auftreten und als wichtiger Bestandteil zu Heilungsriten gehören.
Tiere sind mit dem ökologischen Wissen und Verständnis verknüpft und werden z.T. als Ideal einer intakten, reich ausgestatteten Natur verstanden.
Es fehlen weitestgehend (wenn nicht gar vollständig): Szenen der Jagd, des Kampfes und Frauen am Lagerplatz.
Felsbildstellen
Felsbilder befinden sich meist unter Felsschutzdächern und in kleinen geschützten Grotten, häufig auch an geraden Wänden. Normalerweise sind sie mit üblichen archäologischen Funden vergesellschaftet (Steinartefakte, Keramik, Straußeneiartefakte). Felsbildstellen waren auch die Wohnstätten der Menschen und sind in ganz unterschiedlichen Größen anzutreffen: von geräumigen Stellen mit mehr als 1000 Malereien bis zu unauffälligen Felsen mit nur einer Figur. Die meisten Stellen befinden sich im oberen Brandberg/Daureb oberhalb von 1800 m ü.NN.
Die Maler
Jäger-Sammler, die in kleinen Gruppen (etwa 20 Personen) hohe Mobilität wahrten und selten länger als 3 Wochen an einem Lagerplatz blieben. Sie lebten in einer egalitären Gemeinschaft ohne Führerschaft und formale politische Macht. Ethnische Zuordnungen über mehr als 2000 Jahre sind höchst problematisch und negieren historische und kulturelle Entwicklungen. Alle Gruppen mit einer langen Jäger-Sammler Vergangenheit im südlichen Afrika – darunter besonders die San als die älteste Bevölkerung des südlichen Afrika – sind den prähistorischen Malern näher als irgendwer sonst.
Heute
In der Gemeinde Uis (der nächsten aber auch einzigen Ortschaft in der weiten Umgebung des Brandberg/Daureb) hat sich eine Initiative gegründet, auf deren Basis mit Unterstützung des Nationalen Denkmalsrates ein System von geschulten Führern eingeführt wurde, ohne die kein Besucher mehr zur wichtigsten Touristenattraktion, der „Weißen Dame“, gelangen kann. Dies dient nicht nur dem Schutz des vergänglichen Erbes sondern es bietet auch eine Einnahmequelle in einer wirtschaftlich benachteiligten Region.
Darüber hinaus können mehrtägige Touren unter Führung der Daureb Mountain Guides (die zu dem erwähnten System von Führern gehören) in den oberen Brandberg/Daureb unternommen werden. Für derartige Führungen stehen in Uis auch Angula Shipahu, Efraim Matteus und Toivo Ngihilime bereit, die über viele Jahre – z.T. bis zurück in das erste Jahr, das Harald Pager im Brandberg/Daureb verbrachte – den Kölner Felsbildforschern und Archäologen wertvolle Dienste als Assistenten geleistet haben.
Projekt 2: |
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Ort: |
Ennedi Hochland im Nordost-Tschad |
Förderung: |
DFG - Deutsche Forschungsgemeinschaft |
Forschungs- zusammenhang: |
SFB 389 ACACIA "Kultur- und Landschaftswandel im ariden Afrika" |
Dauer: |
2002 - 2007 |
Ziel: |
Gewinn neuer Erkenntnisse über den genauen Verlauf der Klimaveränderungen und der kulturellen Entwicklung in der südlichen Ostsahara in den letzen Jahrtausenden vor und unmittelbar nach der Zeitenwende. |
Beschreibung: |
Durch kombinierte paläo-klimatische und archäologische Arbeiten (mit besonderem Gewicht auf Felsbildarchäologie) sollen Landschaft und die Nutzungsmuster der darin lebenden Menschen rekonstruiert werden. Dabei sind auch die großräumigen Bezüge nach Westen und Osten im Blickfeld, besonders im Hinblick auf die Aufgabe des Wadi Howar (Sudan) als Lebensraum. |
Dauerhafte Mitarbeiter: |
Maya von Czerniewicz, Stefan Kröpelin (verantwortliche Leitung geografische Arbeiten). Tilman Lenssen-Erz (verantwortliche Leitung archäologische Arbeiten), Julia Skalitz |
Details zum Projekt
Das Ennedi-Gebirge ist ein ausgedehnter Gunstraum im entlegenen Nordosten des Tschad zwischen 16° und 18° N nahe der sudanesischen Grenze. Dieses äußerst schwer zugängliche Gebiet, von der Größe der Schweiz und bis zu 1450 m hoch, wurde von der Austrocknung der Sahara nicht im vollen Umfang betroffen, so dass Pflanzen und Tiere isoliert über Jahrtausende überleben konnten. Daher ist es trotz seiner Lage inmitten der Wüste bis heute durchgängig besiedelt.
Im Vorland des Ennedi liegen weitere bedeutende Landschaftsbereiche wie die Mourdi-Senke, die Erdi-Plateaus und die für die gesamte Sahara einzigartigen Süß- und Salzwasserseen von Ounianga.
In der gesamten Region hat bis heute keine substanzielle Forschung stattgefunden, trotz eines enormen Erkenntnispotentials für verschiedenste Disziplinen. So sind durch klima-geografische und kulturhistorische bzw. archäologische Forschungen grundlegend neue Erkenntnisse zu gewinnen.
Die geowissenschaftlichen Geländearbeiten konzentrieren sich auf die Analyse klima-geschichtlich relevanter Ablagerungen im Ennedi-Bergland und auf Kernbohrungen in den Seen von Ounianga, um hochauflösende Daten zum Klima- und Umweltwandel seit dem Beginn der endgültigen Austrocknung der südlichen Sahara vor etwa 3000 Jahren zu ermitteln, was in den Nachbarprojekten A1 (Ägypten) und A2 (Sudan) mangels geeigneter „Klima-Archive“ nicht möglich ist.
Unter den reichhaltigen archäologischen Quellen nehmen die Felsbilder eine herausragende Stellung ein, die in ihrer Reichhaltigkeit, guten Erhaltung und zeitlichen Kontinuität begründet ist. Die interdisziplinäre Erforschung der Landschaft und der darin gelegenen kulturellen Hinterlassenschaften soll in ein Modell münden, das ein umfassendes Bild des Lebens und der Anpassungserfordernisse an sich verschlechternde Umweltverhältnisse während der letzten Jahrtausende entwirft.
Die Forschungsarbeiten basieren auf einer engen Zusammenarbeit mit tschadischen Stellen und einheimischen Wissenschaftlern. Als Fernziel soll die Klima- und Kulturgeschichte des nordöstlichen Teils des zentralafrikanischen Staates geschrieben werden. Zudem laufen Bemühungen, in Abstimmung auch mit der lokalen Bevölkerung Landschaft und kulturhistorisches Erbe unter Schutz zu stellen, um einer Schädigung wie in anderen Ländern der Sahara durch den zu erwartenden Offroad-Tourismus und industrielle Nutzung rechtzeitig vorzubeugen.