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Der (derzeitige) Lehrstuhlinhaber vertritt (mit den Mitarbeiter/innen) seit jeher die Richtung einer sozialwissenschaftlichen Psychologie als potentiellem 'dritten' Weg zwischen der (herrschenden) naturwissenschaftlichen und der (vor allem in der deutschsprachigen Tradition entwickelten) geisteswissenschaftlichen Psychologiekonzeption (vgl. in diesem Sinne z.B. die Reihe "Arbeiten zur sozialwissenschaftlichen Psychologie" seit 1972). Dieser dritte Weg zwischen natur- und geisteswissenschaftlicher Tradition der Psychologie ist zugleich als ein Versuch der konstruktiven wissenschaftstheoretischen Synthese beider Traditionen gemeint, die auf der Liberalisierung der wissenschaftstheoretischen Zielkriterien in der metatheoretischen Diskussion des 20. Jahrhunderts basiert (z.B. zusammengefaßt in Groeben & Westmeyer 1975/81). Diese Integration von szientifischer und hermeneutischer bzw. kulturwissenschaftlicher Tradition impliziert einen - kritischen - erkenntnistheoretischen Realismus (gegen z.B. die Konzepte eines Radikalen Konstruktivismus: vgl. Nüse, Groeben, Freitag & Schreier 1991) und stellt zugleich den Anspruch dar, die Dichotomie von Erklären und Verstehen, |
von Monismus und Dualismus in der Methodologie wie Erkenntnistheorie zu überwinden (vgl. Groeben 1986). Die resultierende Konzeption einer verstehend-erklärenden Psychologie geht vor allem von der Gegenstandseinheit des Handelns aus und entwickelt sogenannte dialog-hermeneutische Erhebungsverfahren, mit deren Hilfe die mit Handlungen verbundenen (z.T. hochkomplexen) intentionalen Bedeutungsinhalte und -strukturen rekonstruiert werden können (vgl. Scheele & Groeben 1984; 1988; Scheele 1992). Die Integration von Verstehen und Erklären wird dann wissenschaftstheoretisch dadurch konzipiert, daß die Dimensionen der Vor- und Überordnung getrennt werden, so daß das dialog-hermeneutische Verstehen (sog. kommunikative Validierung) im zweiphasigen Forschungsprozeß vor-, aber untergeordnet, das beobachtende Erklären (sog. explanative Validierung) nach-, aber übergeordnet ist (vgl. inhaltliche Beispiele in Groeben, Wahl, Schlee & Scheele 1988; s. auch u. II.). |
(Aktuelle Arbeiten vgl. Forschungsbericht 1995 - 99)
Groeben, N. (1986): Handeln, Tun, Verhalten als Einheiten einer verstehend-erklärenden Psychologie. Wissenschaftstheoretischer Überblick und Programmentwurf zur Integration von Hermeneutik und Empirismus. Tübingen: Francke (XIV/477 S.)
Groeben, N. (ed.) (1997): Zur Programmatik einer sozialwissenschaftlichen Psychologie. Bd. I: Metatheoretische Perspektiven. 1. Halbbd.: Gegenstandsverständnis, Menschenbilder, Methodologie und Ethik. Münster: Aschendorff.
Groeben, N. (ed.) (1999): Zur Programmatik einer sozialwissenschaftlichen Psychologie. Bd. I: Metatheoretische Perspektiven. 2. Halbbd.: Theoriehistorie, Praxisrelevanz, Interdisziplinarität, Methodenintegration. Münster: Aschendorff.
Groeben, N., Wahl, D., Schlee, J. & Scheele, B. (1988): Das Forschungsprogramm Subjektive Theorien. Eine Einführung in die Psychologie des reflexiven Subjekts. Tübingen: Francke (VIII/364 S.).
Groeben, N. & Westmeyer, H. (1975): Kriterien psychologischer Forschung. München: Juventa; 2. Aufl. 1981
Nüse, R., Groeben, N., Schreier, M. & Freitag, B. (1991): Über die Erfindung/en des Radikalen Konstruktivismus. Kritische Gegenargumente aus psychologischer Sicht. Weinheim: Deutscher Studien Verlag (VIII/360 S.)
Scheele, B. (ed.) (1992): Struktur-Lege-Verfahren als Dialog-Konsens-Methodik. Ein Zwischenfazit zur Forschungsentwicklung bei der rekonstruktiven Erhebung Subjektiver Theorien. Münster: Aschendorff.
Scheele, B. & Groeben, N. (1984): Die Heidelberger Struktur-Lege-Technik (SLT). Eine Dialog-Konsens-Methode zur Erhebung Subjektiver Theorien mittlerer Reichweite. Weinheim: Beltz (VI/50 S. (DIN A-4) und Materialien)
Scheele, B. & Groeben, N. (1988): Dialog-Konsens-Methoden zur Rekonstruktion Subjektiver Theorien. Die Heidelberger Struktur-Lege-Technik, konsensuale Ziel-Mittel-Argumentation und kommunikative Flußdiagramm-Beschreibung von Handlungen. Tübingen: Francke (X/168 S.).
Im Rahmen der (oben) skizzierten handlungstheoretisch-sozialwissenschaftlichen Psychologiekonzeption stellt sich auch die Frage nach dem damit zu verbindenden Menschenbild bzw. Subjektmodell als zentraler Kategorie einer Psychologischen Anthropologie. Das entsprechende Menschenbild wurde zunächst im Gegensatz zum behavioristischen Subjektmodell kontrastiv rekonstruiert, wobei die kognitive Konstruktivität des menschlichen Subjekts in den Mittelpunkt gerückt wurde (Groeben & Scheele 1977). Dieser Kognitivismus ist allerdings nicht (wie beim herrschenden Informationsverarbeitungsansatz) im Rahmen einer eher mechanistischen Modellierung (Computermetapher des menschlichen Geistes) zu verstehen, sondern als Reflexivität im handlungstheoretischen Sinn eines (Selbst-)Bewußtseins, für das Intentionalität, Kommunikativität, potentielle Rationalität etc. konstitutiv sind. Folglich bezieht sich das Bedürfnis der Kontrolle über Umwelt auch auf die reflexive Selbstkontrolle (Scheele 1981). |
Die damit zentralen hochkomplexen, reflexiven Kognitionsstrukturen werden in Parallelität
zu wissenschaftlichen Theorien und deren Funktionen (Erklärung,
Prognose, Technologie) gesehen und deshalb als sog. Subjektive
Theorien rekonstruiert, weswegen die Ausarbeitung der Psychologie
des reflexiven Subjekts als "Forschungsprogramm Subjektive
Theorien" konzipiert und elaboriert worden ist (Groeben,
Wahl, Schlee & Scheele 1988). Zu dieser Ausarbeitung gehört
auch die Neukonzipierung der Relation von Kognition und Emotion
und damit der Grundriß einer epistemologischen Emotionstheorie
(Scheele 1990). Insgesamt ist das Forschungsprogramm Subjektive
Theorien als die objekttheoretische Umsetzung der metatheoretischen
sozialwissenschaftlichen Konzeption einer zweiphasigen (Verstehen
und Erklären integrierenden) Forschungsstruktur (s.o. I.)
anzusehen. |
(Aktuelle Arbeiten vgl. Forschungsbericht 1995 - 99)
Groeben, N. & Scheele, B. (1977): Argumente für eine Psychologie des reflexiven Subjekts. Paradigmawechsel vom behavioralen zum epistemologischen Menschenbild. Darmstadt: Steinkopff (IX/249 S.)
Groeben, N., Wahl, D., Schlee, J. & Scheele, B. (1988): Das Forschungsprogramm Subjektive Theorien. Eine Einführung in die Psychologie des reflexiven Subjekts. Tübingen: Francke (VIII/364 S.)
Scheele, B. (1981): Selbstkontrolle als kognitive Interventionsstrategie. Manifestationen und Konsequenzen eines Forschungsprogrammwechsels. Weinheim: edition psychologie (XV u. 303 S.)
Scheele, B. (1990): Emotionen als bedürfnisrelevante Bewertungszustände. Grundriß einer epistemologischen Emotionstheorie. Tübingen: Francke (X u. 297 S.)
Auch in der Sprachpsychologie bzw. Psychologie der Textverarbeitung steht seit den 70er Jahren die kognitive Konstruktivität der Sprach- bzw. Textbenutzer/innen im Vordergrund. Dies gilt für alle Teilprozesse des Textverstehens und darauf aufbauend auch für die Dimensionen der Textverständlichkeit; in bezug auf die Textverständlichkeit konnte für den Bereich der Unterrichtstexte als Konsequenz gesichert werden (Groeben 1972/78), daß ein mittlerer Verständlichkeitsgrad das Optimum darstellt, was sich aus einer Integration sprachpsychologischer, lerntheoretischer und motivationspsychologischer Dimensionen ergibt. Die diesbezügliche umfangreiche nationale und internationale Forschung ist in dem Überblickswerk "Leserpsychologie: Textverständnis - Textverständlichkeit" (Groeben 1982) zusammengefaßt und in einem Folgeband (Groeben & Vorderer 1988) um Motivations- und Wirkungsperspektiven (unter Einbeziehung vor allem auch literarischer Texte) ergänzt worden. Für die spezifische Frage der Wirkung von Informationstexten liegt seit den 30er Jahren eine außerordentlich umfangreiche Menge von Forschungsbefunden vor, die nur noch durch eine metaanalytische Zusammenfassung strukturierbar ist; diesen zusammenfassenden Überblick bietet das Werk "Metaanalysen für Textwirkungsforschung" (Drinkmann & Groeben 1989). |
Im Bereich der Sprachpsychologie manifestiert sich die kognitive
Aktivität und Konstruktivität der Sprachverwender/innen
selbstverständlich vor allem in hochkomplexen Äußerungen,
wie sie besonders die Sprechakt-Theorie in den Mittelpunkt ihrer
theoretischen Modellierungen stellt. Ausgehend von einem entsprechenden
sprechakttheoretischen Rahmen wurden daher empirisch-psycholinguistische,
denk- und motivationspsychologische Analysen zum Phänomen
der Produktion und Rezeption von Ironie durchgeführt (Groeben
& Scheele 1984/86; Groeben, Seemann & Drinkmann 1985).
In neuerer Zeit steht die komplexe Sprechaktkategorie des Argumentierens
im Vordergrund, und zwar unter der kritischen Perspektive der
Fairness bzw. der Integrität beim Argumentieren (vgl. Groeben,
Schreier & Christmann 1993). Dabei konnten 11 Standards des integren
Argumentierens herausgearbeitet werden, deren psychische Realität in
einem 12-jährigen Forschungsprojekt empirisch gesichert wurde
einschließlich der personalen, situationalen sowie interaktiven
Bedingungsfaktoren und Reaktionsmöglichkeiten auf Argumentationsunintegritäten. |
(Aktuelle Arbeiten vgl. Forschungsbericht 1995 - 99)
Drinkmann, A. & Groeben, N. (1989): Metaanalysen für Textwirkungsforschung. Methodologische Varianten und inhaltliche Ergebnisse im Bereich der Persuasionswirkung von Texten. Weinheim: Deutscher Studien Verlag (X/221 S.)
Groeben, N. (1972): Die Verständlichkeit von Unterrichtstexten. Dimensionen und Kriterien rezeptiver Lernstadien. Münster: Aschendorff (VIII/168 S., 23 Abb.); (1978): 2. überarbeitete und erweiterte Aufl. (X/186 S.)
Groeben, N. (1982): Leserpsychologie: Textverständnis - Textverständlichkeit. Münster: Aschendorff (XII/359 S., 30 Tab., 30 Abb.)
Groeben, N. & Scheele, B. (1984): Produktion und Rezeption von Ironie, Bd. 1: Pragmalinguistische Beschreibung und psycholinguistische Erklärungshypothesen. Tübingen: Narr (VIII/386 S.; 2. durchgesehene und korrigierte Auflage 1986)
Groeben, N., Schreier, M. & Christmann, U. (1993): Fairness beim Argumentieren: Argumentationsintegrität als Wertkonzept einer Ethik der Kommunikation. Linguistische Berichte 147, 355-382
Groeben, N., Seemann, H. & Drinkmann, A. (1985): Produktion und Rezeption von Ironie, Bd. II: Empirische Untersuchungen zu Bedingungen und Wirkungen ironischer Sprechakte. Tübingen: Narr (VIII/427 S.)
Groeben, N. & Vorderer, P. (1988): Leserpsychologie: Lesemotivation - Lektürewirkung. Münster: Aschendorff (X/378 S.)
Die Konzeption einer sozial- bzw. kulturwissenschaftlichen Psychologie weist naturgemäß weniger interdisziplinäre Vernetzung zu den Naturwissenschaften auf (wie dies für den herrschenden Informationsverarbeitungsansatz mit (Neuro-)Biologie/-Physiologie etc. gilt), sondern mehr zu den traditionellen Geistes- und Kulturwissenschaften. Hier ist eine wichtige Vernetzungsperspektive die zur Literaturwissenschaft, wobei die empirisch-sozialwissenschaftliche Psychologiekonzeption vor allem zu einer Empirisierung der Literaturwissenschaft beitragen kann. Dieses Programm der Empirisierung literaturwissenschaftlicher Analysen ist bereits 1972 (im Überblickswerk "Literaturpsychologie": Groeben 1972) begründet und systematisch konzeptualisiert worden. Die ausdifferenzierte Ausarbeitung, insbesondere von den einsetzbaren bzw. adaptierbaren empirischen Methoden her, bietet die Monographie |
"Rezeptionsforschung als empirische Literaturwissenschaft" (Groeben 1977/80; komprimierte Zusammenfassung z.B. in Groeben 1982). Paradigmatische Beispiele solcher empirisch-literaturwissenschaftlichen Analysen bieten die Sammelwerke "Rezeption und Interpretation" (Groeben 1981) sowie "Textanalyse als Kognitionskritik?" (Vorderer & Groeben 1987). In neuerer Zeit steht neben der weiteren Ausarbeitung der methodologischen Programmatik vor allem die Beziehung der literarischen Verarbeitungsprozesse zu den neueren Medien (in der heutigen Informations- bzw. Mediengesellschaft) im Mittelpunkt. Dazu gehören vor allem die immer komplexer und komplizierter werdenden Realitäts-Fiktions-Unterscheidungen sowie die Möglichkeiten und Anforderungen an die Verarbeitungskompetenz bei nicht-linearen Texten (Hypertext) (vgl. Forschungsbericht 1995 - 1999). |
(Aktuelle Arbeiten vgl. Forschungsbericht 1995 - 99)
Groeben, N. (1972): Literaturpsychologie. Literaturwissenschaft zwischen Hermeneutik und Empirie. Stuttgart: Kohlhammer (269 S., 13 Abb.)
Groeben, N. (1977): Rezeptionsforschung als empirische Literaturwissenschaft. Paradigma- durch Methodendiskussion. Kronberg: Athenäum (245 S., 14 Abb.); 2. überarbeitete Auflage (1980): Tübingen: Narr (242 S.)
Groeben, N. (ed.) (1981): Rezeption und Interpretation. Ein interdisziplinärer Versuch am Beispiel der 'Hasenkatastrophe' von R. Musil. Tübingen: Narr
Groeben, N. (ed.) (1999): Lesesozialisation in der Mediengesellschaft. 10. Sonderheft Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur. Tübingen: Niemeyer.
Groeben, N. (1982): Methodologischer Aufriß der empirischen Literaturwissenschaft. SPIEL (Siegener Periodikum zur Internationalen Empirischen Literaturwissenschaft) 1, 26-89
Vorderer, P. & Groeben, N. (eds.) (1987): Textanalyse als Kognitionskritik? Möglichkeiten und Grenzen ideologiekritischer Inhaltsanalyse. Tübingen: Narr
Die Konzeption einer morphologischen Psychologie als Integration von gestalttheoretischen und psychoanalytischen Theorieansätzen ist von W. Salber in den Jahren 1968 - 93 am Kölner Psychologischen Institut ausgearbeitet, vertreten und ausdifferenziert worden. Dabei wird ein kulturwissenschaftliches Verständnis des psychischen Gegenstands (Salber 1959), das den Menschen vor allem in seiner Fähigkeit zur Schaffung kulturellen Sinns zu konstituieren versucht, mit (geistes- bzw. kulturwissenschaftlichen) Interpretationsmethoden unter Rückgriff auf die Tradition |
morphologischer Denk- und Analysestrukturen (Salber 1965; von Metamorphosen bis zu Wirkungseinheiten) kombiniert. Neben (theorie-)historischen Arbeiten zur Entwicklung der Psychoanalyse (Salber 1973/74; Fitzek & Schulte 1993) ist mit diesem konzeptuellen und methodischen Rüstzeug eine Vielzahl von alltäglichen Kulturphänomenen (Salber 1989; 1993) wie auch von Prozessen und Strukturen des klinisch-therapeutischen Problemfelds aufgearbeitet worden (Salber 1977; 1987). |
(Aktuelle Arbeiten vgl. Forschungsbericht 1995 - 99)
Fitzek, H. & Schulte, A. (1993): Wirklichkeit als Ereignis. Das Spektrum einer Psychologie von Alltag und Kultur. 2 Bde. Bonn: Bouvier
Salber, W. (1959): Der psychische Gegenstand. Bonn: Bouvier 1988
Salber, W. (1965): Morphologie des seelischen Geschehens. Ratingen: Henn. (Köln: Tavros 1986)
Salber, W. (1973/74): Entwicklungen der Psychologie Sigmund Freuds. Bd. I - III. Bonn: Bouvier
Salber, W. (1977): Kunst-Psychologie-Behandlung. Bonn: Bouvier
Salber, W. (1987): Psychologische Märchenanalyse. Bonn: Bouvier
Salber, W. (1989): Der Alltag ist nicht grau. Bonn: Bouvier
Salber, W. (1993): Seelenrevolution. Komische Geschichte des Seelischen und der Psychologie. Bonn: Bouvier
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