4. Darstellung
der Methode
er
Klassenrat sollte regelmäßig zur gleichen Zeit am gleichen
Ort tagen, um Kontinuität zu sichern und die Ernst- und Regelhaftigkeit
des Vorgehens zu bestärken. Neben den Regeln, Aufgaben und Kompetenzen
des Rates werden die Termine und die Länge der Sitzungen gemeinsam
festgelegt und sind verbindlich. Alle Mitglieder des Klassenrats,
auch der Lehrer, sind gleichwertig zu behandeln.
Als günstig hat es sich erwiesen, zwei Schüler in die Ämter
des Diskussionsleiters und des Protokollanten zu wählen (sofern
dieses Amt den Fähigkeiten und dem Reifegrad der Schüler
entspricht). Dies geschieht zu Beginn jeder Sitzung neu, um Rotation
zu ermöglichen. Das Amt des Protokollanten wechselt von Sitzung
zu Sitzung, das des Diskussionsleiters sollte auch regelmäßig
neu besetzt werden, damit jeder aus der Gruppe Verantwortung übernehmen
kann und sich verantwortlich für den Rat fühlt. Eine geeignete
Sozialform für den Klassenrat ist der Sitzkreis.
Die Themen der Klassenratssitzung (z.B. gemeinsame Vorhaben und Belange,
allgemeine positive und negative Kritikpunkte, aktuelle Ereignisse,
Konflikte, Schul- oder Klassenprojekte usw.) sollten in einer für
alle sichtbaren Tagesordnung festgehalten und nacheinander bearbeitet
werden. Zum Sammeln von diesen Tagesordnungspunkten eignet sich beispielsweise
die Wandzeitung. Welche TOPs in der Sitzung behandelt werden,
wird zu Beginn durch Abstimmung festgelegt. Es werden nur solche Themen
behandelt, die die Klassengemeinschaft betreffen, um nicht von dem
engeren Anliegen der Mitbestimmung abzulenken. Andere Themen können
und sollten in anderen Organisationsformen besprochen werden.
Der Diskussionsleiter eröffnet die Sitzung und das Protokoll
des letzten Klassenrats wird verlesen. Der einzelne TOP wird zunächst
von dem Schüler vorgelesen und erklärt, der ihn eingebracht
hat. Hier ist es auch denkbar, dass solche TOPs aus einem Beschwerdekasten
oder einer Tafel mit Bemerkungen im Gruppenraum gewonnen werden. Nun
kann sich reihum jeder Schüler dazu äußern, bevor
die Klasse nach eingebrachten Vorschlägen mit Mehrheitsbeschluss
darüber abstimmt. Ergibt sich aus der Abstimmung eine Sanktionierung
eines Schülers oder des Lehrers, so hat dieser zunächst
das Recht, einen eigenen Vorschlag, z.B. zur Wiedergutmachung oder
Behebung eines Schadens, einzubringen. Wird dieser per Mehrheitsbeschluss
abgelehnt, werden reihum weitere Vorschläge gesammelt und anschließend
wird darüber abgestimmt.
Der Klassenrat darf aber keinesfalls zum bloßen Instrument einer
Sanktionierung werden. Er kann als eine Methode zur gemeinsamen Problem-
und Konfliktlösung eingesetzt werden, doch hauptsächlich
dient er der gemeinsamen Entscheidungsfindung. Er soll vor allem die
Entwicklung kreativer Selbsttätigkeit der Klassengemeinschaft
fördern. Die Ergebnisse der Klassenratssitzungen und die daraus
resultierenden Ereignisse, Tätigkeiten, Veränderungen usw.
sollten in einer späteren Sitzung kritisch evaluiert und die
entsprechenden Konsequenzen sollten gezogen werden.
Es empfiehlt sich, für den Klassenrat gemeinsam eine feste Gesprächsform
zu definieren und Gesprächs- und Diskussionsregeln zu erarbeiten:
jeder hat Rederecht,
man lässt den anderen ausreden,
jeder Beitrag ist gleichwertig zu behandeln, aufmerksam zuhören,
keine Beleidigungen oder persönlichen Angriffe,
Förderung des Beteiligungsgleichgewichtes in der Diskussion.
Weitere
Regeln sind nach Bedarf zu vereinbaren. Diese sind so lange verbindlich,
bis der Klassenrat neu darüber entscheidet. Ferner sollte festgelegt
werden, mit welcher Mehrheit einzelne Beschlüsse angenommen
werden und ab welcher Personenzahl der Klassenrat beschlussfähig
ist. Jeder Teilnehmer des Klassenrats hat eine Stimme. Der Klassenrat
kann auch darüber beschließen, ohne den Lehrer zu tagen.
In solchen Fällen sollte dieser aber immer erreichbar sein.
Generell hat der Lehrer eher beratende Funktion und sollte darauf
achten, die Schüler den Prozess selbst steuern zu lassen. Er
ist ein Moderator, der sein Mehrwissen zur Verfügung stellt,
ohne besserwisserisch zu agieren, denn es ist ebenso möglich,
dass die Klasse in vielen Bereichen als Mehrwisser auftritt. Der
Mehrheitsbeschluss des Klassenrates ist von jedem zu akzeptieren.
Sofern der Lehrer ein Veto ausübt (was eigentlich durch vorherige
Diskussion vermieden werden sollte), muss er die Gründe dafür
erklären und mit dem Klassenrat diskutieren. In der Praxis
zeigt sich, dass die Lerner fast immer sehr einsichtig im Klassenrat
auf Kontexte achten und zu viablen Lösungen in der Lage sind.
Allein das Vertrauen, das in sie gesetzt wird, ist schon ein entscheidender
Gewinn, selbst Vertrauen in die Viabilität eigener Entscheidungen
zu setzen und hieraus Selbstwert und Selbstbewusstsein zu gewinnen. |