Kooperationsvertrag Bayer AG - Uniklinik Köln
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Im Frühjahr 2008 erfuhren wir über das hauseigene Journal der Uniklinik Köln das erste Mal von einem Kooperationsvertrag zur Arzneimittelforschung, den die Uniklinik Köln mit der BAYER AG kurz zuvor abgeschlossen hatte.
Unserem Selbstverständnis als „Kritische Medizinstudierende“ eifrig Rechnung tragend, sahen wir in einer solchen Kooperation zwischen der BAYER AG als einem privatwirtschaftlichen Unternehmen und der Uniklinik Köln als einer Einrichtung der öffentlichen Hand neben all dem positiven „Input“, der gegenseitigen Bereicherung zweier solch „potenter Partner“, der zielstrebigen Zukunftsorientierung unserer Universität – und anderer wohlklingender Attribute mehr – welche sich der betreffende Artikel hervorzuheben begeisterte, auch einige problematische Punkte und Gefahren lauern, welchen wir weiter nachforschen wollten.
So stießen wir auf eine pharmakritische Organisation des – respekteinflößenden – Namens „Coordination gegen Bayer-Gefahren“ (CBG), welche sich in einem Artikel auf ihrer Homepage ebenfalls mit dem Kooperationsvertrag beschäftigt hatte.
Allgemein sind in einer Kooperation zwischen öffentlicher und privater Hand als besonders sensibel jene Felder zu betrachten, auf denen es zu Interessenskonflikten zwischen den definitionsgemäß unterschiedlichen Selbstverständnissen und Zielen zwischen den beiden Partnern kommen kann, d.h. etwas abstrakt formuliert:
Der marktwirtschaftlichen Verwendbarkeit von Forschungsergebnissen mit dem Ziele der Gewinnmaximierung auf Seiten eines Unternehmens und der Verpflichtung zu freier, (auch finanziell) interessenunabhängiger Forschung mit dem Ziele des medizinischen Fortschritts zum Patientenwohle auf Seiten einer Universitätsklinik.
Dieser Konflikt führt also konkret zu folgenden zentralen Fragen, die an eine solche Kooperation gestellt werden müssen:
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Wie ist die wissenschaftliche Unabhängigkeit der gemeinsam erzielten Forschungsergebnisse gewährleistet? Wie sieht es folglich z.B. mit der (Nicht-)Veröffentlichung von Forschungsergebnissen aus, welche dem Unternehmen unwillkommen, aber von wissenschaftlicher Relevanz sein können?
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Wie sind die Eigentumsverhältnisse zwischen den beiden Partnern geregelt, d.h. auch, wie wird die Uniklinik an möglichen Gewinnen, die aus der gemeinsamen Forschung hervorgehen, beteiligt? In diesem Punkt sind u.a. aus Partnerschaften anderer Universitäten mit Privatunternehmen große Ungleichheiten bekannt geworden, die ein Diktat der Kooperationsbedingungen von Seiten der Unternehmen insinuieren.
Damit einher geht die Frage, wer eigentlich die Verantwortung der Durchführung der Studien innehat und damit der sog. „Sponsor“ der Studien ist, wer also die Ziele und Modalitäten der Studie festlegt etc. Diese Frage ist insofern relevant, als auch auf in der Forschungslandschaft der Pharmastudien die wissenschaftlichen Standards keineswegs einheitlich sind, sondern sich z.B. durch den Einsatz sog. Surrogat-Parameter etc. Forschungsergebnisse interessenabhängig interpretieren lassen.
Nachdem wir uns zu einem Meinungs- und Informationsaustausch mit einem Vertreter der CBG getroffen hatten, entschlossen wir uns also dazu, einen Offenen Brief der CBG an die BAYER AG und die Uniklink Köln mit zu unterzeichnen, in dem gefordert wurde, den Kooperationsvertrag offen zu legen, um die Einhaltung der oben genannten öffentlichen Interessen überprüfen zu können.
Und damit beginnt der etwas weniger erfreuliche, zähere Teil der Geschichte, denn seitdem sind leider mittlerweile fast 1 ½ Jahre vergangen, die die Mühlen der Bürokratie nun schon an diesem „informalen Rechtsstreit“ mahlen:
Bis zum Erhalt einer ersten Antwort von Seiten der Uni Köln verging nahezu ein halbes Jahr. Nachdem die Uni Köln die Rechtslage zu derlei Verträgen in der Weise interpretiert hatte, dass eine Offenlegung des Vertrages nicht erforderlich sei, wendete sich die CBG als Hauptverfasser des Offenen Briefes an den „Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit“ (LDI), um die rechtliche Grundlage der Auffassung der Uni Köln überprüfen zu lassen. Nachdem es nach langer Wartezeit Einsicht in den Vertrag erhalten hatte, urteilte das LDI, dass nach geltender Gesetzeslage dieser Auffassung der Uni Köln nicht zu entsprechen sei und die Uni Köln eigentlich zu einer umfassender begründeten Antwort auf die gestellten Fragen bzgl. des Kooperationsvertrages angehalten sei.
In dem Wort „eigentlich“ steckt nun der Haken und die Schlusspointe der
Geschichte:
Da die Einschätzung des LDI lediglich eine juristische Beurteilung des
Streitfalls, nicht jedoch ein rechtskräftiges Urteil darstellt, uns wiederum
als finanziell unbetuchten Studierenden die Möglichkeit zu einer Einklagung
der Informationen schlichtweg nicht gegeben ist und die Mühlen der
Bürokratie im Übrigen weiterhin gemächlich mahlen, so bleibt uns nichts
anderes übrig, als mit gebundenen Händen geduldig auf das Produkt zu warten,
dass diese Mühlen eines Tages hervorbringen sollen – in der Hoffnung, dass
es auch diesmal
belohnt werde, die Hoffnung zuletzt sterben zu lassen.
Nachtrag 4. August 2010: Neue Entwicklungen zur Kooperation Bayer - Uniklinik
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Nach Einschätzung der Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheitsollte (LDI) sollte der Kooperationsvertrag, den die Universität Köln und die Bayer HealthCare AG vor zwei Jahren geschlossen haben, offen gelegt werden. In einem am 9. Juli veröffentlichten Schreiben begründet die LDI, dass die bisherige Weigerung von Universität und Bayer AG dem nordrhein-westfälischen Informationsfreiheitsgesetz widerspricht und weist damit den Einspruch der Universität zurück. Verschieden Gruppen - auch die Kritischen Medizinstudierenden - fordern unter der Federführung der "Coordination gegen BAYER-Gefahren" (CBG) nun verstärkt die Offenlegung des Vertrags.
Allerdings hat die LDI keine rechtlichen Möglichkeiten, eine Offenlegung des Vertrags durchzusetzen. Universität und BAYER weigern sich weiterhin, Einsicht in den Vertrag zu gewähren mit Verweis auf den Schutz wirtschaftlicher Interessen. Eine Offenlegung kann daher nur auf verwaltungsgerichtlichem Weg erstritten werden.
Ein solcher Prozess wäre auch ein Präzedenzfall für die Zukunft der sogenannten Private-Public-Partnerships, zu denen auch die Partnerschaft der Uni Köln als öffentliche Einrichtung und der Bayer AG als Aktiengesellschaft gehört.
Im Moment wird Geld für eine solche Klage gesammelt. Wir befürworten diesen Schritt ausdrücklich und werden über Aufklärungsarbeit und Spendenbereitstellung versuchen, unseren Teil zum Gelingen beizutragen. Verschiedene Aktionen sind in Planung, darüber bald mehr an dieser Stelle.
Unterstützen kann man diese Aktion mit seiner Unterschrift als auch mit einer Spende auf das Konto der CBG.
Stand: 04.08.2010, Josuah, Victor