Studierendenhaus??
Auf dieser Seite findet ihr einen Artikel, den wir anlässlich der offiziellen Eröffnung "unseres Studierendenhauses" am 17.06.2010 veröffentlich haben. Von Dekanat, Klinikleitung und Presse gefeiert, wollen wir hiermit noch einmal unseren Eindruck zu diesem eher misslungenen Kapitel in der traurigen Geschichte der Studiengebühren kundtun und zur Diskussion anregen.
In dem folgenden Artikel wird zusammenfassend unser Eindruck über die Diskussionen der VV vom 30.04.10 zum Themenpunkt „Studierendenhaus“ wiedergegeben. Die Zahlen des folgenden Rechenbeispiels stimmen mit denen der Präsentation der Fachschaft zu diesem Thema überein.
Das „Studierendenhaus“ der Humanmedizin der Universität zu Köln hat seine Türen geöffnet, zumindest soweit einen die chipgesicherten Sicherheitstüren eben kommen lassen. Die verschiedenen Einrichtungen wie z.B. SkillsLab, KISS und der Klinikvorstand haben ihre Quartiere bezogen, welche natürlich je nach „Wichtigkeit“ unterschiedlich groß und prunkvoll ausfallen.
Auf fünf Etagen und etwa 2310m² kann man nun eine kleine Rundreise antreten: Beginnen wir im Untergeschoss. Dieses ist dem SkillsLab zugeordnet und dort findet sich der erste Teil der Fort- und Weiterbildungsräume sowie „Themen-“ und Trainingsräume. Begeben wir uns eine Etage höher, so setzen sich zunächst die Räumlichkeiten des SkillsLabs fort. Hier präsentiert sich die sogenannte „KISS Rettungskette“ mit ausgezeichnet ausgestatteten Trainingsräumen. Bei dem teuren Equipment wundert es nicht, dass sich in jedem dieser Räume fünf Kameras in den unterschiedlichsten Positionen befinden. Begründet wird die Anschaffung dieses ungemein teuren Überwachungssystems – welches selbstverständlich ebenfalls aus Studiengebühren finanziert wurde – damit, dass sich so jedeR Studierende nach entsprechendem Training von allen Seiten evaluieren kann. Natürlich waren dafür die einseitig verspiegelten Scheiben in den Trainingsräumen nicht ausreichend. Kommen wir zu dem Teil des Gebäudes, welches bisher den meisten Studierenden bekannt sein könnte, denn so nach und nach lockt es doch jeden einmal in das „Café“. Wobei der Name (noch?) nicht wirklich Programm ist, schließlich befindet sich hier gleichzeitig der Anmeldebereich und die Materialausgabe des SkillsLabs, ein paar Tische, Stühle und eine Couch sowie ein einsamer Nestlé-Kaffeeautomat. War das Café ursprünglich als zentraler Treffpunkt aller Studierender von der Fachschaft beworben, so merkt man sofort, dass das nicht funktionieren kann. Es entsteht der Eindruck, dass daran auch nicht ein sonderlich großes Interesse bestand, da an diesem „zentralen Treffpunkt“ allein schon die Möglichkeit eines Austausches per schwarzem Brett oder ähnlichem fehlt. Außerdem passen schon jetzt nur mit gutem Willen lediglich etwa 50 Menschen gleichzeitig in das Café, was sich noch weiter minimieren würde, sollte es tatsächlich noch zu dem Einrichten eines „stilechteren“ Cafés kommen. Versuchte die Fachschaft zuvor noch mit einem „Stillraum“ für Studierende mit Kind zu punkten, so zeigt sich nun, dass sich dieser in Form eines umfunktionalisierten Abstellraums ohne Fenster oder entsprechende Einrichtung realisiert wurde. Apropos Fachschaft: deren Raum ist mit geschätzten 18 qm ebenfalls recht begrenzt. Sollte ein Fachschaftsbereich nicht größer ausfallen? War nicht auch dies ein Grund dafür, dass die studentischen VertreterInnen (50% der Stimmberechtigten) in der Sitzung der Studiengebührenvergabekommission dafür stimmten über 3.150.000 Euro Studiengebühren für das Bauprojekt auszugeben? Wirklich größer als der Fachschaftsraum im LFI, der in Nutzung verbleibt, scheint er jedenfalls nicht zu sein. Zumindest kann man anhand der zwei neuen Macs im Fachschaftsbüro erkennen wie hier Prioritäten gesetzt werden. Zur 1. Etage: Hier sind „KISS- Themenräume“, -Übungsräume und -Seminarräume. In der 2. Etage findet sich der Bereich „Controlling“ des Vorstandes. Außerdem befindet sich hier noch das Büro von Herrn Dr. Boldt, ein Seminarraum und ein kleines Büro für drei MitarbeiterInnen. Auch Herr Dr. Boldt hat mitbekommen, dass es auf die Größe ankommt und so erinnert nur noch der Beamer an der Decke seines Büros daran, dass es sich hierbei ursprünglich um einen Seminarraum handelte. Da dies noch nicht ausreichte, hat Herr Dr. P.D. (Patrick Daniel) Boldt auch noch den zweiten Seminarraum als „Teambesprechungsraum“ okkupiert. Damit beansprucht er den meisten Platz im Haus und sticht sogar den Vorstand aus, was insbesondere befremdet, da nach Einsicht in die entsprechenden Baupläne dort niemals Büros vorgesehen waren. In der letzten VV klang an, dass sich die Fachschaft hier selbst übergangen fühlt und das Problem erkannt hat. Sowohl die dritte als auch die vierte Etage sind zwar vom Flur einseh- aber nicht betretbar. Hier befinden sich die „Stabsabteilungen Recht, Unternehmensentwicklung, Kommunikation und Klinikangelegenheiten/Katastrophenmedizin“, Konferenzräume und die Räumlichkeiten des Vorstands. Diese Nähe verblüfft in einem Gebäude namens „Studierendenhaus“, erklärt sich aber durch die Art der Finanzierung des Hauses („Mischfinanzierung“). Eine Nachbarschaft, die explosives Potential hat, z.B. gab es bereits eine „Anweisungen“ von Vorstandsseite an Herrn Dr. Boldt, der zufolge die Türen des „Studierendenhauses“ nicht mit Plakaten von Studierendenveranstaltungen beklebt werden dürfen.
Warum ist nun der aktuelle Zustand so nicht hinnehmbar?
In das „Studierendenhaus“ fließen mindestens 3.150.000 Euro unserer
Studiengebühren mit denen zum Einen die Nutzfläche und zum Anderen die
Einrichtung finanziert wurden. Zieht man von dem Gesamtbetrag etwa 450.000
Euro für die Einrichtung ab, so entspricht dies grob gerechnet einem Anteil
von etwa 40 % (≡ 2.700.000 Euro) an den Baukosten. Demzufolge muss dieser
Teil direkt der Verbesserung der Lehre und indirekt den Studierenden unserer
Fakultät zu Gute kommen. 40 % entsprechen hier einer Nutzungsfläche von etwa
900m². Fairerweise muss angemerkt werden, dass diese Zahl etwas reduziert
werden muss, da MedFacilities – Erbauerin des Projekts – sich anscheinend
verkalkuliert hat und noch einiges an Dämmmaterial und Putz an die Wände
musste.
So haben wir einen gewissen Anhaltspunkt, wie viel Raum uns in der Theorie
zur Verfügung stehen müsste. Kommen wir zur Praxis. Hier möchten wir unsere
Meinung darlegen, warum das SkillsLab nicht zu dem über Studiengebühren
finanzierten Teil gerechnet werden darf.
Die Vergabe von Studiengebühren ist stark reglementiert, damit diese
ausschließlich zur Verbesserung der Lehre eingesetzt werden. In den
Förderrichtlinien für Studiengebühren der medizinischen Fakultät zu Köln
heißt es: „Aus Studiengebühren können folgende Maßnahmen finanziert
werden: [...] c. (Um)baumaßnahmen, sofern diese der Verbesserung der
räumlichen Situation, z.B. durch Modernisierung von Vorlesungs- und
Seminarräumen sowie durch Schaffung zusätzlicher Räume für die Lehre,
dienen. [...] 3. Grundausstattung ist grundsätzlich nicht möglich.“
Damit sollte sichergestellt werden, dass das Land die Verantwortung für die
Finanzierung der Universitäten behält und nicht auf die Beiträge der
Studierenden abwälzt. In diesem Sinne war in der
Studiengebührenvergabekommission der medizinischen Fakultät immer eiserne
Regel, dass ausschließlich Anträgen stattgegeben wird, die der Verbesserung
der Lehre dienen und nicht solchen, die unter die curriculare Lehre (d.h.
alles was sich standardmäßig im Lehrplan befindet) und damit unter die
Verpflichtung der Fakultät fallen. Diese Regelung gilt nun offenbar nicht
mehr, denn: Laut §10 Absatz 1 der Studienordnung des Modellstudiengangs
Humanmedizin der Universität zu Köln fallen die inhaltlichen Bestandteile
des SkillsLabs unter curricular verpflichtete Lehre. Wieso wurde also diesem
Antrag in der Studierendengebührenvergabekommission stattgegeben, während
andere Anträge von der Vorsitzenden mit Verweis auf die oben genannten
Gründe abgelehnt wurden?
Aus unserer Sicht fallen unter „unsere“ Nutzfläche ausschließlich der Fachschaftsraum und das „Café“. Fairerweise werden in der nachfolgenden Rechnung sowohl zwei Toiletten und Ausfallfläche hinzugerechnet. Trotz alledem kommen wir nur auf einen Teil, der sich auf etwa 9 % beläuft. Das SkillsLab hingegen fällt unter die Lehrverpflichtung der Fakultät und muss eben auch von dieser grundfinanziert werden (s.o.). Damit haben wir eine Differenz von 30 %.
Um noch einmal Klartext zu sprechen: Wir erhalten mit einem Anteil von 40 % Finanzierung der Baukosten eine effektive Fläche, die rund 10 % entspricht. Die räumliche „Verbesserung“ des SkillsLabs verschlingt somit 2.100.000 €. Eine Mitfinanzierung der medizinischen Fakultät aus dem Landeszuführungsbetrag erfolgte hingegen nicht.
Das Argument, dass Übungsräume und Seminarräume des SkillsLabs durch
Mehrfachnutzung auch als Lernräume genutzt werden könnten ist fragwürdig.
Hier herrschen verquere Vorstellungen, wie Lernräume gestaltet sein sollten.
Zunächst findet sich in den entsprechenden Räumen teilweise teures Material,
so dass dieses sicherlich nicht einfach so offen und unbeaufsichtigt
herumstehen darf (versicherungsrechtliche Aspekte). Auf der anderen Seite
hätte natürlich die Belegung von Seiten des SkillsLabs Vorrang und
Studierende hätten keine Möglichkeit frei über die Nutzung zu entscheiden.
Im Rundbrief des KISS vom 31.05.10 wird darauf hingewiesen:“ [...]
Wichtig ist jedoch zu erwähnen, dass kein Anspruch auf den Raum besteht. In
einer sehr transparenten Abfolge werden die Räume zuerst an
Lehrveranstaltungen, dann für Übungszeiten und in Folge als Lernräume
vergeben. [...]“
So sind die Studierenden zwar als Financiers willkommen, aber in der
Zwecknutzung als Bittsteller abgestempelt. Durch das neue Gebäude müsste
laut „Studienbeitrags- und Hochschulabgabengesetz NRW“ (StBAG §2,
Studienbeitrag (2)) eine deutliche Verbesserung der Lehre erzielt worden
sein, da die Ausgaben ansonsten rechtswidrig wären. Laut Aussage der
Fachschaft anlässlich der letzten Vollversammlung wurde die Rechtmäßigkeit
der diesbezüglichen Verwendung durch ein „Gutachten“ abgesichert, das leider
noch niemand gesehen hat.
Wie kommt es nun dazu, dass die Fachschaft das Bauvorhaben mit solcher Vehemenz unterstützte? Die Begründung, die Fakultät wäre ohnehin gezwungen gewesen die bisherigen SkillsLab-Container wegen anderweitiger Nutzung zu räumen, greift nicht, da die Fakultät die Verpflichtung hat, den curricularen Bestandteil Ausbildung „SkillsLab“ zu gewährleisten. Die rechtliche Verpflichtung zur Verfügungstellung adäquater Räume führt nicht zu einer Verbesserung der Qualität der Lehre (s.o.).
Eine interessante Information findet sich noch immer auf der Fakultätsseite: „Da der Etat aus Studienbeiträgen derzeit wegen der Finanzierung des Studierendenhauses sehr beschränkt ist, werden derzeit nur Anträge zur Verlängerung von aus Studienbeiträgen finanzierten Personalstellen entgegengenommen und bearbeitet. Diese können bis zum 19.04.2010 bei der Kommission eingereicht werden. Sobald der Etat wieder eine Ausweitung auf andere Projekte zulässt werden Sie hier wieder die entsprechenden Deadlines finden. Zudem werden Sie über den Fakultätsverteiler wie gewohnt zur Antragstellung aufgerufen.“ (http://www.medfak.uni-koeln.de/135.html)
Nach der Vollversammlung Anfang des SS2010 haben wir in einem gemeinsamen Gespräch die VertreterInnen der Fachschaft gebeten mit uns zusammen zu überlegen, wie man das Beste aus der jetzigen Situation machen kann und den berechtigten Protesten einer großen Zahl der Studierenden zu entsprechen. Zu dem durch uns baldmöglichst erbetenen Treffen hatten wir die Fachschaft aufgefordert, uns das zitierte Gutachten und die einerseits durch die Studiengebührenkommission genehmigten und andererseits durch Medfacilities umgesetzten Baupläne zugänglich zu machen. Die Fachschaft hatte weitestgehend Kooperationsbereitschaft signalisiert, allerdings vorbehaltlich einer juristischen Überprüfung, inwieweit uns solche Informationen zustehen. Zudem war die Fachschaft bereits im Gespräch mit Herrn Dr. Boldt, um einen Weg zu finden, aus dieser Sackgasse herauszukommen. Auf Reaktionen unserer Studierendenvertretung warten wir allerdings bis heute vergeblich, obwohl diese auf der damaligen Vollversammlung eine Informationsveranstaltung initiieren wollten.
Wir bitten alle Studierenden herzlich um Teilnahme an dem Treffen mit der Fachschaft und ihre konstruktive Mitwirkung am Problem und dem weiteren Vorgehen. Den entsprechenden Termin geben wir über unseren Verteiler bekannt. Ansonsten könnt ihr auch jederzeit auf jemanden von den Kritischen Medizinstudierenden zukommen.
Stand: 10.09.2010, Sven