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Das neue Hochschulrahmengesetz produziert den "Wegwerfforscher"
Die seit dem 1.1.2002 in Kraft getretenen Veränderungen des Hochschulrahmengesetzes (Originaltext siehe www.wissenschaftlichernachwuchs.de/links.html) sollen die Nachwuchsförderung verbessern. Tatsächlich bewirken sie die massenweise Entlassung hochqualifizierter Wissenschaftler nach spätestens 12 Jahren. Diese Art von Nachwuchsförderung führt direkt in die Arbeitslosigkeit.
Die einschneidenden Konsequenzen, die die Änderung des § 57 des HRG für Wissenschaftler mit Zeitverträgen mit sich bringt, haben wegen des Wirbels um die Professorenbesoldung und die Juniorprofessuren von der Öffentlichkeit vergleichsweise wenig Widerhall gefunden. Sie betreffen aber den Großteil der deutschen Forscher an öffentlichen Forschungseinrichtungen.
§ 57 b Abs. 1, Satz 3 HRG begrenzt die Gesamtdauer, die ein Wissenschaftler an einer Uni-versität oder einer anderen staatlich bzw. überwiegend staatlich finanzierten Forschungsein-richtung (bspw. Museen, Max-Planck-Insitute) in einem befristeten Arbeitsverhältnis beschäftigt werden kann. Das betrifft wissenschaftliche Hilfskräfte, wissenschaftliche Mitarbeiter auf einer Drittmittelstelle ebenso wie die "Juniorprofessuren". In Zukunft sollen Wissenschaftler nur noch maximal 12 Jahre in befristeten Verträgen angestellt werden: bis zu 6 Jahre vor und 6 Jahre nach der Promotion. Wer die Gesamtzeit ausgeschöpft hat, kann in der Folge keine weitere befristete Anstellung mehr erhalten (weiteres siehe: ww.wissenschaftlichernachwuchs.de/newsletter.html).
Was bedeutet das?
Nach Ablauf von
12 Jahren bleiben folgende Alternativen:
Entweder man bekommt eine Professur auf Lebenszeit oder wird von der Hochschule
im bisherigen Status unbefristet weiterbeschäftigt - wie jedermann weiß,
sind dies keine besonders realistischen Alternativen. Für die meisten bleibt
als einzige Möglichkeit dann die Umschulung zu Lasten der Öffentlichkeit.
Damit werden laut Gesetzgeber Plätze frei für neuen wis-senschaftlichen
Nachwuchs. Diese Pseudo-Förderung führt in dieselbe Spirale, die mit
der Entsorgung nach 12 Jahren endet.
Die 12-Jahresfrist verhindert überdies jede vernünftige Lebensplanung.
Dies gilt in besonderem Maße für Frauen und steht im Gegensatz zur
Frauenförderungspolitik.
Gleichzeitig wird die Durchführung von drittmittelgeförderten Forschungsprojekten,
die das Ansehen der deutschen Forschung weitgehend bestimmen und von wesentlicher
Bedeutung für die Nachwuchsförderung sind, erheblich dadurch behindert,
daß Projektleiter gezwungen werden, qualifizierte und eingearbeitete Mitarbeiter
mitten im Ablauf eines Projektes auszu-wechseln.
Bisher konnten erfahrene
Forscher nach Ausschöpfung der Befristungshöchstdauer an andere Hochschulen
wechseln. Daraus resultierte ein wissenschaftlicher Austausch, von dem die deutsche
Forschung in hohem Maße profitierte. Im Kommentar zum Gesetz wird diese
Flexibilität nun als "funktionswidrige Kombinationsmöglichkeit"
diffamiert und soll in Zukunft vereitelt werden.
Während in der IT-Branche erfahrene Experten abgeworben werden, wird den
meisten hochqualifizierten Forschern in Deutschland spätestens nach 12
Jahren verboten, weiter in ihrem Beruf zu arbeiten.
Ein solches Berufsverbot ist auf dem Arbeitsmarkt beispiellos. In keiner anderen
Branche ist es dem Arbeitnehmer per Gesetz untersagt, sich in seinem Beruf einen
neuen Job zu suchen, wenn eine willkürliche Frist von 12 Jahren abgelaufen
ist. Dieses Berufsverbot gilt für alle in der öffentlich geförderten
Forschung Tätigen.
Die Politik fordert von den Universitäten die unbedingte Orientierung am Leistungsprinzip. Gerade bei der öffentlich geförderten Forschung ist dies jedoch schon in einer Weise verwirklicht wie sonst nirgendwo. Öffentlich geförderte Forschungsprojekte stehen untereinander in einem äußerst harten Wettbewerb. Forschungsprojekte müssen beim Geldgeber beantragt und von mehreren Prüfungsgremien beurteilt werden. Schon in dieser Phase wird der größte Teil aller Anträge in einem strengen Auswahlverfahren abgelehnt. Die Projekte, die aus diesem harten Konkurrenzkampf erfolgreich hervorgehen, werden auch während der Ausführung evaluiert. Üblich ist eine jährliche Begutachtung. Damit wird das Hauptargument in der Begründung zu § 57 hinfällig, das darauf zielt, dass erst durch die Novellierung des HRG der Wettbewerb an den Hochschulen eingeführt würde.
Die geplante Gesetzesänderung wird logischerweise jeden Nachwuchs davon abhalten, eine wissenschaftliche Karriere anzustreben, da er nach einer begrenzten Zeit zum Wegwerfforscher degradiert wird. Damit werden die Universitäten letztendlich von jedem Nachwuchs abgeschnitten.
Angesichts der sich anbahnenden Nachwuchskatastrophe an den Universitäten fordern wir:
Sonderforschungsbereich 389
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