"Angst ist ein Spezialfall eines Erregungs- und Spannungszustandes mit spezifischen somatischen und psychischen Empfindungen. Sie ist gekennzeichnet durch Vorwegnahme, aktuelle Empfindung oder Erinnerung einer subjektiv bedeutsamen realen oder vorgestellten Unsicherheit (...) bzw. Bedrohung ( Versagen, Schmerz, Gefahr) im weitesten Sinne und wird in der Regel durch gelernte Hinweisreize ausgelöst. Angst neigt zur Generalisierung (d.h. Ablösung von den ursprünglich angstauslösenden Ereignissen und Koppelung mit an und für sich unbedrohlichen Reizen) bis hin zur Verselbständigung im Sinne einer generellen Verhaltenstendenz." (Rost und Haferkamp 1979, S.3)
Einige allgemeine Befunde zum Angstbegriff seien ergänzend zu nennen:
"Prüfungsangst wird verstanden als gedankliche Vorwegnahme von Nichtbewältigung und Bedrohung in selbstwertrelevanten Situationen des Lern- Leistungskontextes und den damit verbundenen somatischen und psychischen Empfindungen." (Dietz 1993, S. 2)
Affektive Komponente:
Affektive Indikatoren lassen sich zusammenfassend als "unangenehmer Gefühlszustand" beschreiben. Begriffe wie "Hilflosigkeit", "Unsicherheit", "Unruhe", "Anspannung", "Nervosität", "Beengung", beschreiben die affektive Seite dieses Zustands. Dem ist ein Unlustgefühl und die reine Erregung (arousal), hinzuzufügen. Nach Prystav (vgl. Sörensen, 1994, S. 99f) sind einige emotionsregulierende Bewältigungsarten zu nennen:
In der Antizipationsphase:
In der Konfrontationsphase:
Kognitive Komponente:
Angst ist bestimmt durch Kognitionen, die sich mit der gefährlichen Situation und mit der eigenen Handlungskompetenz-, beziehungsweise -kontrolle, auseinandersetzen. Je nach Angstgrad richtet sich die Aufmerksamkeit auf das Selbst, und nicht mehr ausreichend auf die zu lösende Aufgabe. Periphere Informationen finden nur noch wenig Beachtung (Christianson und Loftus, 1991). Kognitive Inhalte beziehen sich in der Hauptsache auf die bedeutsame Wahrscheinlichkeit von Mißerfolg und den Verlust selbstwertrelevanter Werte jeder Art (Sörensen, 1994, S.107), auf die Einschätzung der Ungewißheit und der eigenen Bewältigungsmöglichkeiten (Lazarus, 1991), beziehungsweise auf den möglichen Kontrollverlust, und nicht zuletzt auf die Mehrdeutigkeit, die ein führendes Charakteristikum angstauslösender Situationen ist. Seligman verwendet bezüglich Lazarus hier den Begriff der Kompetenz (1986, S. 51f) für die Kontrolle über Ereignisse. Er definiert das Bedürfnis, Angst und Hilflosigkeit zu vermeiden, als das Bedürfnis nach Kompetenz. Bandura betont die Bedeutung der Selbstwirksamkeit bei der Kontrolle eigener negativer Kognitionen (vgl. Sörensen, 1994, S. 95). In Anlehnung an Prystav (1985, S. 36) können folgende kognitive Inhalte bezüglich Angst genannt werden:
In der Antizipationsphase:
In der Konfrontationsphase:
Physiologische Komponente:
Auf dieser Ebene dienen die Veränderungen des Organismus der Bereitschaft, auf bedrohliche Situationen mit Flucht oder Angriff zu reagieren (Alarmbereitschaft). Es entsteht eine Aktivierung des symphatischen Anteils des autonomen Nervensystems: Dieses bewirkt: Blutdruckerhöhung, Erhöhung der Atemfrequenz, Erblassen, erhöhte Schweißsekretion, Gefäßerweiterung der tätigen Organe (z.B.: Herz), verminderte Magen-Darm-Tätigkeit.
Auf biochemischer Ebene verändert sich die endokrine Sekretion. So ergibt sich beispielsweise eine verstärkte Ausschüttung von Adrenalin und Noradrenalin. Weiterhin wird die Alpha-Wellen-Aktivität unterbrochen (=Desynchronisation), die Beta-Wellen-Aktivität nimmt jedoch zu. Diese signalisieren einen angespannten Wachzustand und eine erhöhte Konzentration. (Becker-Carus, 1981, S. 122 in: Sörensen, 1994, S. 107).
Motorische Charakteristika für einen Angstzustand sind:
Motivationale Komponente:
Die angstauslösende Situation wird - je nach Angstgrad - gesucht oder vermieden (=aktivierend/deaktivierend). Angst kann also sowohl adaptiv als auch disruptiv wirken. Nach der Triebtheorie ist ein erhöhtes Erregungs- und Aktivierungsniveau im Sinne einer motivierenden inneren Anspannung gegeben (Spence und Spence, 1966, in: Sörensen, 1994, S. 107). Nach Pekrun (1992a, S. 367) reduziert Angst die intrinsische Motivation. Sie kannn sie sogar, im Falle von starker Prüfungsangst, ganz blockieren, was eine Sperre bezüglich der Aufgabenlösung zur Folge hätte. Angst verstärkt darüberhinaus die vermeidungsbezogene extrinsische Aufgabenmotivation (extrinsic avoidance motivation). Hierbei setzen sich wenigstens noch Mechanismen zur Mißerfolgsvermeidung in Gang. Niedrige Angstgrade können jedoch auch das Aufgabenlösungsverhalten positiv unterstützen, solange sie eine Ausrichtung der Aufmerksamkeit auf aufgabenlösungsrelevante Kognitionen zulassen.
Verhaltenskomponente (ergänzend):
Bei niedrigen Angstgraden kann konzentriert und zielgerichtet gehandelt werden. Organisiertes und strukturiertes Problemlösen ist möglich. Bei einem hohen Angstgraden jedoch besteht eine Tendenz zu unkoordiniertem, ziellosem Handeln oder zu Vermeidungsverhaltensweisen. Ursache hierfür liegt in der kognitiven Komponente der Aufmerksamkeitsrichtung. Ein gestörtes Problemlöseverhalten ist wahrscheinlich. Auch hier können in Anlehnung an Prystav einige instrumentelle Bewältigungsarten herausgestellt werden:
In der Antizipationsphase:
In der Konfrontationsphase: