Evolution von mono- und sympodialem Wachstum
Hydrozoen wurden
früher als Pflanzen angesehen. Manche sehen tatsächlich wie
kleine Bäumchen aus, sie wachsen auch ähnlich
und
können sehr gut regenerieren. Wir haben das monopodiale
Wachstum bei dem thecaten Hydrozoon Dynamena pumila untersucht.
Während die Sprossknospe vorwächst, wird direkt hinter der
Spitze eine chitinhaltige Hülle abgeschieden und
gehärtet.
Beim Vorwachsen entstehen in regelmäßigen
Abständen an der Seite 2 Knospen, die sich zu Polypen entwickeln
(wie Blätter an einer wachsenden Pflanze).
Unsere Untersuchungen weisen daraufhin, dass die lateralen
Polypenknospen verhindern, dass die Sprossknospe in der Mitte sich
ebenfalls zu einem Polyp entwickelt ("laterale Dominanz"). Sie wird
auf diese Weise gezwungen, als Sprossspitze weiter zu wachsen, bis sie
aus dem Hemmfeld der Polypenknospen herausgewachsen ist. Kurz bevor das
erreicht ist, werden seitlich an ihr neue Polypenknospen gebildet.
Dadurch wächst der Spross immer weiter, ohne sich in einen Polypen
zu differenzieren. Möglicherweise
wird das Sproßwachstum bei
Pflanzen ähnlich gesteuert.
Unser Modell, das
ursprünglich
für die Musterbildung bei Hydra entwickelt wurde, erklärt das
monopodiale Wachstum durch die Wechselwirkung diffusibler Substanzen,
die sich gegenseitig fördern bzw. hemmen. Die
Wechselwirkungen und das Wachstum können mit einem
Computerprogramm simuliert werden. Wenn in dieser Simulation die
Reichweiten bestimmter Substanzen geändert werden, ergibt sich
interessanterweise ein sympodiales Wachstum. Die beiden
Wachstumsformen sind also nicht grundverschieden, sondern erscheinen
als
zwei Variationen eines gemeinsamen Prinzips.
Berking, S., Hesse,
M. and Herrmann, K. (2002) A shoot meristem-like organ in animals;
monopodial and sympodial growth in Hydrozoa. Int. J. Dev. Biol
46: 301-308 (pdf-file)
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