Die Löschung in Mikroemulsionen ist charakterisiert durch einen schnellen Prozeß (auf der µs-Zeitskala) und einen langsamen Prozeß (auf der ms-Zeitskala). Der schnelle Prozeß wird dem Solubilisataustausch innerhalb von Clustern aus aggregierten Tropfen zugeschrieben, der langsame dem Austausch zwischen Clustern. Der langsame Löschprozeß wird durch eine einzige Abklingkonstante beschrieben, welche die Geschwindigkeitskonstante des Intercluster-Austausches liefert. Die Dynamik im Millisekunden-Zeitbereich läßt sich generell mit temporärer Fusion von wassergefüllten Kompartimenten in einem Clustermodell beschreiben.
Der Intercluster-Austausch wird durch Geschwindigkeitskonstanten zweiter Ordnung charakterisiert, bei ionischen AOT-Mikroemulsionen im Bereich von 7.7x106 bis 1.2x109 s-1M-1 und bei nichtionischen Systemen (mit C12E5 und Igepal CO 520) von etwa 3x106 bis 5.1x108 s-1M-1. Mit einer Temperaturerhöhung wird bei den ionischen Mikroemulsionen der Interclusteraustausch kontinuierlich beschleunigt; dies äußert sich in einem dramatischen Anstieg der elektrischen Leitfähigkeit (Perkolation), wenn unendliche Cluster ausgebildet werden. Nichtionische Mikroemulsionen zeigen ein temperaturinverses Verhalten. Hier steigert eine Temperatursenkung die Dynamik zwischen den dispergierten Clustern. Eine hohe interkompartimentäre Dynamik ist generell eine fundamentale Bedingung für gesteigerte Leitfähigkeit.
Im präperkolativen Bereich ist der Intercluster-Austausch aktivierungskontrolliert, seine Geschwindigkeitskonstanten können mit der Arrhenius-Gleichung ausgewertet werden. Die Richtung der Temperaturvariation zur Beschleunigung des Austausches legt das Vorzeichen der Aktivierungsenergie fest. Sie ist positiv bei AOT- und formal negativ bei nichtionischen Mikroemulsionen und liegt im Bereich von 88 bis 391 kJmol-1.
Es werden durch Variation des Dispergiermittels, der Tropfengröße und der Aggregatkonzentration gezielt der Einfluß der Zusammensetzung von Mikroemulsionen auf die Dynamik untersucht. Bei den ionischen Systemen wird bei Verwendung längerer Alkane und bei Aggregatvergrößerung ein systematischer Anstieg der Aktivierungsenergie festgestellt; die Aggregatkonzentration hat keinen Einfluß auf den Austausch. Die gefundene Solvensabhängigkeit unterscheidet sich von Arbeiten zur Ölpenetration von Amphiphilgrenzflächen, wonach das Ausmaß der Alkanaufnahme in der Tensidgrenzschicht vom jeweiligen Öl abhängt. Nach dem Befund in dieser Arbeit ist eine andere Interpretation erforderlich: Die Durchdringung des dicht gepackten ionischen Tensidfilms mit verschiedenen Ölen erfolgt äquivalent und die Unterschiede in der Aktivierungsenergie werden der Kompressibilität von Alkanketten in der Grenzfläche zugeschrieben. Der Einfluß der Tropfengröße auf die Energiebarriere der temporären Fusion wird auf größere, im Übergangszustand deformierte Flächenstücke zurückgeführt.
Es wird für die verschiedenen AOT-Systeme eine Enthalpie-Entropie-Kompensation gefunden. Zur Analyse der formalen Aktivierungsentropie wird ein Modell vorgeschlagen, welches die Bestimmung von Clusteringentropien der Tropfenaggregation gestattet; diese wachsen mit der Alkankettenlänge und Tropfengröße an und liegen im Bereich von 185 bis 560 JK-1mol-1. In diesem Zusammenhang wird eine größere Entropievermehrung bei Mobilisierung längerer Alkanmoleköle bzw. einer größeren Molekülanzahl diskutiert. Die Reaktionsentropie ist danach die Triebkraft der Tropfenaggregation bei höheren Temperaturen in ionischen Mikroemulsionen.
Die Beobachtung, daß die Amplitude des schnellen Intracluster-Löschprozesses (Anfangslöschung) bei Annäherung an die Perkolationsschwelle sinkt, führt zu dem Schluß, daß die Zahl der aggregierten Tropfen wächst und gleichzeitig die Lebensdauer der Cluster abnimmt. Mit dem Perkolationsübergang erreicht die Löschgeschwindigkeitskonstante einen Grenzwert. Der Austausch ist dann komplex, mit Einfluß von Solvensviskosität und elementarer Löschreaktion sowie der Aggregatkonzentration. Der Übergangszustand einer nunmehr diffusionskontrollierten Austauschreaktion wird in Analogie zum Lindemann-Hinshelwood-Mechanismus durch Kollisionen benachbarter Aggregate oder Grenzflächenfluktuationen gestört.
An der Solubilisierungsphasengrenze ist der Solubilisataustausch in nichtionischen Mikroemulsionen schneller als in AOT-Systemen. Demnach sind nichtionische Grenzflächen leichter deformierbar als die ionischer Aggregate. Ein nichtionisches System mit Decalin hat die signifikant höchste Aktivierungsenergie. Daraus wird gefolgert, daß die Viskosität der ölkontinuierlichen Phase den Übergangszustand verschmelzender nichtionischer Cluster beinflußt. Hinzu kommen die im Vergleich mit den AOT-Mikroemulsionen hohen Aktivierungsenergien nichtionischer Systeme. Es scheint, als ob im Übergangszustand verschmelzender nichtionischer Aggregate größere Volumina von Alkan in die ölkontinuierliche Phase verdrängt werden.
Im Millisekunden-Bereich treten keine Abweichungen von exponentiellen Abklingkurven auf, die auf bikontinuierliche Strukturen schließen lassen; weder im präperkolativen Bereich, an der Perkolationsschwelle noch im postperkolativen Bereich. Es gibt auch keine Anzeichen für statisch-fraktale Cluster, die zu "stretched-exponential" Löschkurven führen sollten. Das Abklingverhalten aller Systeme repräsentiert zeitlich gemittelte Cluster. Eine spezielle geometrische Anordnung der aggregierten Tropfen wird durch die im ms-Bereich schnelle Clusterumwandlung unscharf.