Inhaltsverzeichnis
Vorwort.......................................................................................... IX
1. Die chinesische
Antike und der Konstruktivismus................................... 1
1.1. Ausgangspunkte und Vorüberlegungen zu unserer Analyse................ 1
1.2. Der
interaktionistische Konstruktivismus und unsere Sicht von
Beziehungen und gesellschaftlichen
Verhältnissen.......................... 9
2. Die klassische
Perspektive in China: Konfuzius - “Das Vorbild für die
Lehrer aller Zeitalter” ................................................................... 24
2.1. Eine Erziehung ohne Schichtenspezifik ....................................... 25
2.2. Kernidee und Zentralbegriffe der Lehre ...................................... 30
2.3. Zur Funktion, Notwendigkeit und Möglichkeit der
Erziehung .......... 38
2.4. Der “Edle” als pädagogische Zielvorstellung ................................ 41
2.5. Moralische Vervollkommnung als symbolische
Gestaltung ............... 43
2.6. Der gegenseitige Bezug von Wissen und Handeln .......................... 46
2.6.1. Die Einteilung des Lernprozesses in Stufen.......................... 46
2.6.2. Umfassendes Bücherstudium............................................. 48
2.6.3. “Gewissenhaftes Handeln” -
moralisch-sozialethische Praxis..... 52
2.7. Differenzierung und Individualisierung......................................... 55
2.7.1. “Natur” und Alterstypologie............................................. 55
2.7.2. “Je nach der
Eigenschaft belehren” - Beachtung der Unter-
schiede der einzelnen Schüler............................................ 57
2.8.
Selbsttätigkeit und Selbstbestimmung: Probleme der Lehrerautorität
und Schülerfreiheit.................................................................. 59
2.8.1. Allgemeine
Normen und Grundsätze für die zwischen-
menschlichen Beziehungen............................................... 60
2.8.2. Die
spezifische Beziehung von Lehrer und Schüler in der
erzieherischen Gemeinschaft und im
Unterricht.................... 63
2.9. Beziehungen
als Lebensform: Auflösung und Befestigung
von
Unterschieden.................................................................. 69
3. Die Konstruktion
allumfassender Liebe: Mozi - “Großlehrmeister”
der mohistischen Schule.................................................................. 78
3.1. Funktion und Bedeutsamkeit der Erziehung................................... 80
3.2.
Wesensbestimmung des Menschen und der Menschennatur -
theoretische
Grundlage der Erziehung......................................... 81
3.3.
“Obenangleichung” und “Hochschätzung der Tüchtigen” - Staats-
lehre und
pädagogische Rekrutierungspolitik................................ 83
3.4. “Die allumfassende Liebe” als Zielsetzung der
Erziehung................. 85
3.5. “Willen des
Himmels” und “Offenkundige Existenz der Geister” -
Legitimation des ethisch-politischen
Erziehungsinhalts..................... 87
3.6. Asketische Erziehung zur Bescheidenheit...................................... 89
3.7. Erziehung zum aktiven Pazifismus und die
Verteidigungskunst.......... 90
3.8. Naturwissenschaft und Arbeitstechnik in der
mohistischen Schule...... 92
3.9. Die “Methode der drei Kriterien” und
erkenntnistheoretisch-
logische Überlegungen in der spätmohistischen
Schule................... 95
3.10. Didaktisch-methodische Ansichten........................................... 101
3.11. Gleichheit als Ziel, Pluralität als Entartung................................. 104
4. Der Blick vom Guten aus: Menzius - Der
“Zweite Heilige” der
konfuzianischen Erziehung............................................................. 108
4.1. Die “gute
Natur des Menschen” - Grundlage und Ausgangspunkt
der menzianischen Pädagogik................................................... 110
4.2. Zum Verhältnis von Anlagen und Umwelt.................................. 113
4.3. Zur Bedeutsamkeit und Zielsetzung der Erziehung........................ 117
4.4. Erziehungsinhaltliche Schwerpunkte.......................................... 120
4.4.1. Berufung auf die Vergangenheit oder die Zukunft................ 120
4.4.2. Moralische
Normen über die zwischenmenschlichen
Beziehungen ............................................................... 123
4.4.3. Die Theorie von der Humanisierung der
Regierungspolitik..... 125
4.5. Anforderungen an Schüler und Lehrer und methodische
Grundsätze 129
4.5.1. Pflege des “Herzens” und der “flutenden
Lebenskraft”......... 129
4.5.2. Selbstvervollkommnung in schwierigen
Lebensumständen...... 133
4.5.3. Eigenprüfung, Schambewußtsein und Fehlerkorrektur........... 135
4.5.4. Strebsamkeit, Konzentration, Ausdauer und
Nachdenken....... 136
4.5.5.
Vorbildverhalten des Lehrers und methodisches Vorgehen
im Unterricht............................................................... 139
4.6. Der Interaktionismus konstruiert sich das Gute............................. 142
5. Der Blick vom
Bösen aus: Xunzi - “Der beste Lehrer” in der Endphase
des klassischen Konfuzianismus....................................................... 147
5.1. Das Verhältnis der bösen Natur zu den menschlichen
Bemühungen.. 149
5.2. Die Trennung
des Himmels von der menschlichen Welt und von
der moralischen Funktionsbestimmung........................................ 153
5.3. Umgebung, Erziehung und die pädagogische Zielsetzung............... 156
5.4. Die wichtigsten Erziehungsinhalte............................................. 158
5.4.1. Das ewige Normgefüge und das oberste Grundprinzip
“li”.... 159
5.4.2. Regierungspolitische Grundsätze unter “li”......................... 161
5.4.3. Literatur und Musik zur Vermittlung und
Kompensierung...... 163
5.4.4. “Richtigstellung der Namen” und sprachlogische Reflexionen. 165
5.5. Die unumstrittene Autorität des
Lehrers als des li-Interpreten.......... 167
5.6. Einteilung des
Lernprozesses in Stufen und ihre erkenntnis-
theoretischen Grundlagen........................................................ 169
5.7. Andere methodische Überlegungen............................................ 172
5.8. Der Interaktionismus konstruiert sich das Böse............................. 175
6. Laozi, Zhuangzi und ihre Nicht- oder Antipädagogik............................ 181
6.1. Laozi und das »Laozi«............................................................ 181
6.2. »Dao« als Ausgangsperspektive und Gesetzmäßigkeit
aller Wesen.... 182
6.3. Kulturkritik und Nicht-Handeln................................................. 187
6.4 Nicht- oder
antipädagogische Einstellung.................................... 189
6.5. Zhuangzi: Geistesfreiheit und kulturkritische
Grundhaltung............. 193
6.6. Relativistische, skeptische und mystische
Erkenntnistheorie............. 197
6.7. Auflösung des Interaktionismus durch das dao?............................ 200
7. Die reine
Perpektive des Herrschens: Han Fei - Legalistische Pädagogik
des Gesetzes................................................................................ 204
7.1. Vorläufer des Legalismus und ihre Einstellung zur
Erziehung.......... 204
7.2. Gesetze, Machttaktiken und Hierarchien als
Herrschaftsinstrumente.. 206
7.3. Illusionslose Anthropologie und »realistisches« Gesellschaftsbild....... 210
7.4. Der Fremdzwang als vereinfachendes
Herrschaftsinstrument .......... 213
8. Die
Hierarchisierung der Blicke über die Jahrtausende: Drei Schriften
der orthodoxen Theorie konfuzianischer
Pädagogik.............................. 216
8.1. “Große Lehre” - Konzeption des pädagogisch-politischen
Prozesses . 216
8.2. “Maß und
Mitte” - Pädagogische Relevanz von Natur und
Aufrichtigkeit...................................................................... 222
8.3. “Zur
Pädagogik” - Konzentrierte Darstellung der Erziehungs-
problematik.......................................................................... 225
8.4. Der hierarchisierte Interaktionismus........................................... 229
9. Beziehungen als Lebensform? Bedeutung und
Grenzen inter-
aktionistischer Konstruktionen in der
chinesischen Antike..................... 231
9.1. Über allgemeine kulturelle Grundlagen in der
Schlüsselepoche........ 231
9.1.1.
Phänomenologische und idealtypische Gegenüberstellung
der Kulturen............................................................... 232
9.1.2.
Einflußfaktoren für die Interpretation der Herausbildung
und
Weiterentwicklung chinesischer Kultureneigenschaften... 237
9.1.2.1. Geographische und ökologische Natur................... 238
9.1.2.2. Agrarproduktion und Naturalwirtschaft.................. 241
9.1.2.3. Patriarchalische Gesellschaftsstruktur..................... 244
9.1.2.4. Die Problematik der klassischen Sprache................ 248
9.2. Pädagogik als Kulturvermittler in der
Schlüsselepoche................... 255
9.2.1. Tendenz der Diesseitigkeit und Anthropozentrik.................. 258
9.2.1.1. Zur These der achsenzeitlichen Umwälzungen......... 258
9.2.1.2. Zur
anthropozentrisch-diesseitigen Lösung der
Spannung zwischen transzendentaler
und welt-
licher
Ordnung................................................ 260
9.2.2. Ethik als
Bildungsideal und Ausgangspunkt sämtlicher
Lebensbereiche........................................................... 267
9.2.2.1. Die
Überbetonung der moralisch-sozialethischen
Dimension....................................................... 267
9.2.2.2. Ethische
Anthropologie des zwischenmenschlichen
Beziehungsgefüges............................................. 268
9.2.2.3. Zu
kognitiven, emotionalen, motivationalen und
aktionalen Aspekten der Moralpädagogik................ 271
9.2.2.4. Zum
Verhältnis zwischen Normen und Trieben als
Hauptthema der Ethik......................................... 275
9.2.2.5. Autonomie
und Heteronomie moralischen Bewußt-
seins
und Verhaltens......................................... 277
9.3. Die
Verknüpfung der Politik mit Ethik und die Ablehnung
“instrumenteller”
Funktionen................................................... 284
9.3.1. Zur
politischen Wirkungsmöglichkeit der moralischen
Erziehung.................................................................. 284
9.3.2. Konzeption
von “innerer Heiligkeit” und “äußerer
Herrschaft” - rekrutierunspolitisches Prüfungssystem........... 287
9.3.3.
Moralpädagogische und strafgesetzliche Aspekte der
absolutistischen Politik................................................... 290
9.3.4. Desinteresse für Technologie und Naturwissenschaft............. 292
9.4. Der eigene chinesische Weg der Wissenschaft ............................. 294
9.4.1. Herrschende
Sichtweise der Ganzheit, Einheit und
Harmonie................................................................... 295
9.4.2. Tendenz zu
einer synthetisch-analogischen Logik und zu
einer intuitiven
Erkenntnistheorie ................................... 297
9.4.3. Über Max Webers
China-Bild ....................................... 307
10. Beziehungen als
Lebensform.......................................................... 312
Schautafel zu den
Dynastien............................................................... 322
Literaturverzeichnis (Deutsch und Englisch)........................................... 325
Literaturverzeichnis (Chinesisch).......................................................... 335
Register......................................................................................... 345
Vorwort
Diese Arbeit ist
das Gemeinschaftswerk eines chinesischen und deutschen Autors. Dabei ist der
Begriff Gemeinschaft zu präzisieren: Es ist das Werk eines Dialogs zwischen
zwei Kulturtraditionen, die mehr oder minder zufällig in zwei Autoren
(re)präsentiert sind, und die aus dem Dialog jeweils neue
Beobachterperspektiven für ihren Horizont gewinnen. Beide Autoren haben sich
jeweils im anderen Land aufgehalten, so daß das Fremde nicht nur in Texten
rezipiert wurde. Dabei ist die Idee zu der gemeinsamen Analyse mit den ersten
Auseinandersetzungen um ein gegenseitiges Kulturverständnis schon recht bald
entstanden, aber die Durchführung war von vielerlei Umständen abhängig. Eine
seit 1988 bestehende Auseinandersetzung über die Interpretation chinesischer
Texte, die Magisterarbeit von Yuqing Wei über Bertolt Brechts Aufnahme des
Konfuzianismus, die Vertiefung dieser Aspekte in der Dissertation von Yuqing
Wei über das Lehrer-Schüler-Verhältnis bei Konfuzius und Rousseau, Arbeiten von
Kersten Reich über Konfuzius, diese und andere Arbeiten führten zu dem
Gedanken, einen systematischen Abriß klassischer antiker chinesischer Lebens-
und Erziehungsauffassungen zu wagen. Dabei haben wir neben den Texten der
klassischen Theorien, mit denen wir uns beschäftigen, vor allem chinesische
Sekundärliteratur aufgenommen, um neue Zugänge für deutsche Leser zu
ermöglichen. Da diese Literatur aber ohnehin nur dem Sinologen zugänglich ist,
haben wir sie in einem extra Literaturverzeichnis auf chinesisch nachgewiesen,
so daß sie leichter auffindbar ist. Die nicht sprachkundigen Leser bitten wir
um Verständnis. Wo immer es uns sinnvoll erschien, haben wir auch auf deutsch-
oder englischsprachige Arbeiten verwiesen, ohne jedoch einen Anspruch auf
Vollständigkeit oder hinreichende Einarbeitung der sehr weitläufigen Literatur
erheben zu wollen. Bei der Schreibweise von chinesischen Namen folgen wir in
der Regel der heute üblichen Schreibweise, behalten aber bei Zitaten auch
ältere Schreibweisen bei.
Der Titel der
Arbeit ist programmatisch und gibt unsere zentrale These an. Die chinesische
Antike hat ein Theorienspektrum entfaltet, in dem stets zwischenmenschliche
Beziehungen im Mittelpunkt der Überlegungen stehen. Dies grenzt chinesische
Denkansätze stark etwa von westlichen Theorien ab, die sehr viel stärker
objektorientiert vorgehen und die zwischenmenschlichen Beziehungen meist aus
ihrer profanen Umwelt isolieren, um sie mit Heiligkeit oder Transzendentalität
zu versehen. Der Untertitel aber gibt die Begrenzung an: Wir beschäftigen uns
ausschließich mit dem alten China, hier mit sogenannten klassischen
ideengeschichtlichen Theorien, die im Vergleich zum Abendland auch als philosophische
Ansätze gelten, aber dabei immer vorrangig pädagogische darstellen. Es wird
unser Grundanliegen sein, diese Pädagogisierung der philosophischen Absichten
in den Mittelpunkt unserer Überlegungen zu stellen. Insoweit beschäftigen wir
uns in der Auseinandersetzung mit den chinesischen Ansätzen zugleich mit
philosophischen und pädagogischen Fragestellungen.
Dabei kann unsere
Arbeit auf zwei Weisen gelesen werden:
(1) Wer sich nur
für die antiken chinesischen Ansätze interessiert, der mag die (teilweise
komplizierte) Einleitung überspringen und sich direkt in den Kapiteln 2 bis 8
mit den Interpretationen der chinesischen Quellen auseinandersetzen. Dabei wird
er implizit mit unseren Konstruktionen konfrontiert, die jedoch vom Bemühen
getragen sind, eine Einführung in die jeweiligen Kontexte zu geben. Dies ist
eher der leichtere Weg, der für den forschungsmethodologisch nicht so
interessierten Leser bereitsteht.
(2) Wer unsere
Konstruktionen explizit forschungsmethodologisch nachvollziehen will, der sei
besonders auf das Kapitel 1 und dort angegebene, weiterführende Literatur und
die Interpretationen am Schluß der Kapitel 2 bis 8 als auch auf Kapitel 9 und
10 verwiesen. Dies ist ein eher steiniger Weg, der aber auch zu neuen
Einsichten insbesonders für forschend Interessierte führen kann.
Ohne äußere
Unterstützung wäre diese Arbeit nicht möglich gewesen. Zu danken ist
insbesondere der Stiftung Volkswagenwerk, die uns mit diesem Projekt großzügig
unterstützte. Ferner danken wir dem Deutschen Akademischen Austauschdienst, dem
Goethe-Institut, der Universität zu Köln und der Pädagogischen Hochschule
Ostchina in Shanghai, die unsere Partnerschaft erst ermöglicht haben. Nicht
zuletzt sind unsere Familien zu nennen, die uns vielfältige Anregungen und Zeit
gaben. Roberto Llaryora gab uns freundliche Hinweise. Andrea Kühn und Karolina
Ramahi gaben Korrekturhilfen und eine umfassende redaktionelle Unterstützung.
Frau Ramahi fertigte das Register. Schließlich möchten wir auch Ursula Heckel
vom Waxmann Verlag für die effektive Unterstützung danken.
Shanghai und Köln, Januar 1997