KONSTRUKTIVISMUS :: Texte
 

 

Kurzes Wörterbuch zur konstruktivistischen Didaktik

 

  Systemische Annahmen
 

Der radikale Konstruktivismus hat folgende Interpreation hervorgebracht:

Ein System ist eine Menge von Elementen mit bestimmten Eigenschaften, zwischen denen eine wechselseitige Beziehung besteht. Es wird durch das, was zu seinem inneren Bereich gehört und durch seine Abgrenzung nach außen definiert und organisiert sich entsprechend seiner vorhandenen Strukturen selbst. Um leben und überleben zu können, muss ein System bis zu einem gewissen Grad unabhängig von seiner Umwelt sein (Autonomie).

Diese Autonomie wird durch Homöostase möglich ( durch Regulatoren aufrechterhaltenes Gleichgewicht/Stabilität).

Die vorhandene Struktur des Systems legt den Möglichkeitsspielraum fest (Strukturbedingtheit).

Durch Kontakt mit der Umwelt erfährt das System Störungen (System - Umwelt - Differenz), auf die es entsprechend reagiert.

Soziale Systeme erscheinen für diesen Ansatz meist als operational geschlossen, jedoch energetisch und materiell offen: Alle eingehenden Daten und Informationen werden operational (sich durch Handlungen vollziehend, verfahrensbedingt) auf die Struktur des Systems bezogen (Selbstreferenz).

Der interaktionistische Konstruktivismus, der hier vertreten wird, hat ein anderes Bild von Systemen:

Systeme werden als kulturbezogene Ordnungsmuster beschrieben, die miteinander (in ihren Elementen und Beobachtungsebenen) interagieren. Systemische Wechselwirkungen werden von Beobachtern auf unterschiedlichen Ebenen (z.B. Familie, Clique, Klasse, Schule, Gesellschaft) re/de/konstruiert. Strukturen setzen zwar Bedingungen fvest, aber diese sind kulturell stark veränderlich. Störungen können zwar von außerhalb der Kultur (z.B. durch natureinflüsse) kommen, aber sie kommen stärker aus kulturellen Entwicklungen, Spannungen, Krisen selbst heraus. Es gibt auch nicht eine Kultur, sondern immer Kulturen im Plural, in der Entwicklung, in Auseinandersetzung. Eine systemische Sicht setzt auf Beobachtervielfalt und deren Geltendmachung: Wechselwirkungen, Abhängigkeiten, Verknüpfungen, Vernetzungen usw. werden besonders dann als Ressource sichtbar und für Lösungen nutzbar, wenn alle in ihnen Beteiligten als Beobachter, Teilnehmer und Akteure bewusst auftreten und sich zur Geltung bringen können.