Seit
Platons Höhlengleichnis wird die sinnliche
Wahrnehmung als Möglichkeit einer Täuschung
bzw. Selbsttäuschung verstanden. Der
Schein bzw. die Erscheinung der Wirklichkeit
gilt als unzuverlässig und führt
zur Suche nach dem Sein hinter der Erscheinung.
Sowohl
die Ontologie und die Metaphysik als auch
die modernen Wissenschaften seit der Aufklärung
suchen nach einer objektiven Wirklichkeit.
Es besteht der Anspruch, alle Aspekte von
Realität zusammenhängend und widerspruchsfrei
zu erklären. Dies scheint besonders
gut mit naturalistischen verfahren zu gelingen:
In der Natur, so wird behauptet, ist es
so und so und deshalb sei der Mensch objektiv
strukturiert. Man arbeitet entweder mit
Abbildtheorien (die Natur spiegelt sich
im menschlichen Verhalten gesetzmäßig
wider) oder zumindest mit einer Korrespondenztheorie
der Wahrheit (es gibt eine Korrespondenz
von Dingen da draußen und im Menschen).
Der
Konstruktivismus bestreitet nicht die Existenz
einer Realität bewusstseinsunabhängig
vom Menschen. Eine solche Annahme erweist
sich als ein viables Konstrukt, denn sonst
müssten wir behaupten, alle Welt sei
nur unsere Erfindung. Aber diese Anerkennung
unserer Bescheidenheit nimmt uns nicht die
Behauptung, dass wir alles erfinden, was
wir konstruieren. Es ist unsere, eine menschliche
Sicht, wie wir die Welt und Wirklichkeiten
für uns entwerfen. Dabei allerdings
sind wir nie allein: die Kulturgeschichte,
soweit sie tradiert wird, sichert immer
Auswahlmöglichkeiten von viablen Lösungen
auch für die Zukunft.