Das Institut für Hebammenwissenschaft der Medizinischen Fakultät der Universität zu Köln hat im Auftrag des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) einen umfassenden ThemenCheck-Bericht zur Wirksamkeit nicht-medikamentöser Verfahren zur Geburtseinleitung vorgelegt. Der Bericht untersucht unter anderem den Nutzen von Methoden wie Rizinusöl, Akupunktur oder Mamillenstimulation. Die Ergebnisse sollen Schwangeren, Angehörigen und Fachkräften helfen, informierte Entscheidungen zu treffen. Die wissenschaftliche Projektleitung übernahm Professorin Dr. Nicola H. Bauer, Leiterin des Instituts für Hebammenwissenschaft.
Im Mittelpunkt stand die Frage, ob nicht-medikamentöse Verfahren der Geburtseinleitung wirksam sind. Im Jahr 2021 wurden 21 Prozent der Geburten in Deutschland eingeleitet. Mögliche Gründe dafür sind ein vorzeitiger Blasensprung, ein überfälliger Geburtstermin oder eine Präeklampsie („Schwangerschaftsvergiftung“). Droht Gefahr für Mutter oder Kind, kommen meist medikamentöse Verfahren mit nachgewiesener Wirksamkeit zum Einsatz. Bei erwartungsgemäß komplikationslosen Verläufen ohne Gesundheitsrisiko empfehlen manche Ärzt*innen und Hebammen auch nicht-medikamentöse Verfahren, oder Schwangere setzen diese auf eigenen Wunsch ein.
Zu den sieben gängigsten nicht-medikamentösen Verfahren zur Geburtseinleitung gehören Rizinusöl, Nelken- und Nachtkerzenöl, Akupunktur, Akupressur, Mamillenstimulation (Brustwarzenstimulation) sowie die Empfehlung zu Geschlechtsverkehr.
Analysiert wurden komplikationslose Einlingsschwangerschaften ab der 37. Schwangerschaftswoche. Ein Nutzen dieser Verfahren läge etwa vor, wenn sie nachweislich die Zahl notwendiger Kaiserschnitte oder die Häufigkeit und Schwere von Geburtsverletzungen senkten. Auch eine spürbare Verbesserung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität würde als Nutzen gelten. Ergänzend zu den patient*innenrelevanten Endpunkten wurden im Bericht auch die Endpunkte Gabe von Schmerzmedikation und zeitlicher Rahmen der Geburt dargestellt.
Die vorliegenden Daten reichen, so die Expert*innen, nicht aus, um Aussagen zum Nutzen oder insbesondere zum Schaden nicht-medikamentöser Einleitungsverfahren zu treffen.
Zugleich stehen gut untersuchte medikamentöse Verfahren zur Geburtseinleitung zur Verfügung. Besonders bei medizinischer Dringlichkeit stellen die hier untersuchten nicht-medikamentösen Verfahren daher keine gute Alternative zur medikamentösen Einleitung der Geburt dar. Wenn bei Schwangeren der Wunsch besteht, zunächst auf medikamentöse Verfahren zu verzichten, sollten diese informiert entscheiden können. Dazu ist eine frühzeitige Information im Rahmen der Schwangerschaftsbetreuung über Geburtseinleitung generell und über die mit den nicht-medikamentösen Verfahren verbundene Unsicherheit wichtig.
Beim ThemenCheck Medizin können Bürger*innen Fragen an die Wissenschaft richten – z. B. zu bestimmten Behandlungen oder Untersuchungen. Die besten Vorschläge werden wissenschaftlich geprüft. Ziel ist es, die medizinische Forschung stärker an den Bedürfnissen der Bevölkerung auszurichten.
Neben Professorin Bauer waren an dem interdisziplinären Projekt Wissenschaftler*innen der Universität zu Köln, darunter Andrea Villmar, Institut für Hebammenwissenschaft, Jana Boes und Professor Dr. Sascha Köpke, Institut für Pflegewissenschaft, Professor Dr. Daniel Schäfer, Institut für Geschichte und Ethik der Medizin, sowie Dr. Dirk Müller, Institut für Gesundheitsökonomie (IGKE) beteiligt. Unterstützt wurde das Team zudem durch weitere Expert*innen aus dem Umfeld der Universitätsmedizin.
Inhaltlicher Kontakt:
Institut für Hebammenwissenschaft
Medizinische Fakultät der Universität zu Köln
institut-hebammenwissenschaft@uk-koeln.de
Weitere Informationen und vollständiger Bericht:
https://www.iqwig.de/sich-einbringen/themencheck-medizin/