Kurze Beschreibung der Methode
Primäre und sekundäre Quellen
Theoretische und praktische Begründung
Darstellung der Methode
Beispiele
Reflexion der Methode
Praxiserfahrungen

1. Kurze Beschreibung der Methode

Erste Ursprünge von problemorientierten Lernansätzen reichen bis in die antike Philosophie zurück. Schon Sokrates bewies, dass selbst scheinbar Unwissende, von einer Fragestellung ausgehend, schrittweise Lösungen für die schwierigsten Probleme finden können. Das Hinterfragen regt die Lernenden zum eigenständigen Problemlösen an und lockt dabei verborgene Ressourcen aus ihnen heraus.

An der Medizinischen Hochschule der McMaster Universität in Hamilton/Ontario (Kanada) begann seit den 1970ern die Entwicklung eines problemorientierten Curriculums, aus dem das heutige Problem-Based Learning (PBL) entstand. Hier spiegelt sich das hegelianische dialektische Prinzip (These, Antithese, Synthese) und das Stufenmodell zum Problemlösen von John Dewey in abgewandelter Weise wider. Der kleinste gemeinsame Nenner aller PBL-Ansätze besteht im Grundprinzip: „The principal idea behind problem based learning is ... that the starting point for learning should be a problem, a query or a puzzle that the learner wishes to solve.” ( Boud 1985, S.13) Dieser problemorientierte Zugang zu Lerninhalten erfordert ein Umdenken im Vergleich zu Sachlogik und Fachorientierung. Die Frage danach, „was“ gelernt werden soll, wird durch die Frage nach dem „Wie“ relativiert. PBL bezeichnet insgesamt weniger eine konkrete Technik, als vielmehr eine pädagogische Strategie oder ein Lernereignis ( Reich: Konstruktivistische Didaktik), das in der Regel im Curriculum verankert ist. Zutreffend ist die Bezeichnung von PBL als ein umfassendes Lehr-Lern-Konzept. Die Entscheidung, ob im Unterricht die lernerzentrierte (wie beim „McMaster Modell“) oder eine lehrerzentrierte Variante gewählt wird, hängt primär von den Unterrichtszielen ab.
Heute ist PBL in authentischer Form als „McMaster Modell“ oder modifiziert in kleineren oder größeren Unterrichtseinheiten weltweit in fast allen Bildungsbereichen zu finden. Ein Vorschlag ( Barrows 2005) für eine genauere Bezeichnung dieses pädagogischen Konzeptes wäre das „student-centered, problem-based, inquiry-based, integrated, collaborative, reiterative learning”.
Ziel von PBL ist die Entwicklung der Kompetenzen (Skills) zum konkreten Handeln. Die Problemlöse-Kompetenz bildet hierfür über das Auflösen von möglichst authentisch konstruierten Problemen den Schwerpunkt, wobei die fachliche, soziale, personale und methodische Kompetenz explizit mit einbezogen wird. PBL verwirklicht die Zielsetzung durch individuell gestaltetes Lernen als Ergebnis eines motivierenden lebendigen Arbeitsprozesses innerhalb einer Kleingruppe. Das Problem ist in der Regel eine unbekannte oder unsichere Situation oder Fragestellung aus einem Lernfeld und initiiert das Lernen in diesem Bereich. Auf diese Weise wird ein Problem das Mittel für die Entwicklung von bestimmten Skills bei den Lernenden (Schülern). Die Konstruktion des Problems legt also fest, was gelernt werden muss, um die Situation zu entschlüsseln und die grundlegenden Fakten und Zusammenhänge zu verstehen.
Die größte Schwierigkeit besteht in der motivierenden und gleichzeitig herausfordernden Konstruktion von adäquaten Problemen, weil in ihnen nicht nur der Impuls des Lernens liegt, sondern auch die Entwicklungsmöglichkeit der gewünschten Fähigkeiten und Einstellungen. Die Qualität der Konstruktion steht in direkter Abhängigkeit zu der des Lernens.
Charakteristisch für PBL ist eine ganz bestimmte Grundeinstellung zum Lernen. Lernende und Lernbegleiter (Lehrer) begegnen sich als gleichwertige Personen mit Wissen, Verständnis, Gefühlen und Interessen in einem gemeinsamen pädagogischen Prozess, wobei die Ermutigung zum offenen, reflektierten, kritischen und aktiven Lernen ihrem Selbstverständnis entspricht. Diese Grundeinstellung setzt die Reduktion der vorgegebenen Literatur und den Einsatz selbst gewählter Quellen oder Medien und die Verbindung von Wissen mit der Praxis voraus. Gleichzeitig induziert sie die Notwendigkeit, anderen und sich selbst Fragen zu stellen. Die Lernkollegen treten in Diskussion, um das neue Wissen mit dem Vorherigen zu synthetisieren. Sie sollen den Lernprozess nach ihren persönlichen pädagogischen Bedürfnissen gestalten und Informationen aus den unterschiedlichsten Bereichen zu einem aktiven Zusammenhangswissen verknüpfen. Reflexion, Perspektivenwechsel und Metakognition werden gefördert, so dass sich durch den diskursiven Austausch mit Gruppenmitgliedern das eigene Wissen verändert und Probleme anders wahrgenommen werden.

Der Lernablauf ist bei PBL in der Regel als Lernzirkel formalisiert und erfolgt, wie im Schaubild dargestellt, klassisch in vier Hauptteilen.

PBL-Lernablauf (nach Barrows 2005)

 

  1. Wahrnehmung und Analyse des Problems
    Wahrnehmung
    Analyse
  1. Diskussion mit Mitgliedern der Lerngruppe
    Hypothesenbildung (Ideen / Annahmen)
    Lernzielformulierung
  2. Selbststudium
    Informationsakquise / Erweiterung von Wissen und Fertigkeiten
  3. Ergebnisdiskussion der Lerngruppenmitglieder in Bezug auf das Problem mit offenem Ende Überprüfung und Modifikation der Hypothesen
    Lösungsvorschlag als vorläufige Synthese

Die differenzierte, möglichst standardisierte Evaluation, die für den vollen Erfolg von PBL notwendig ist, kann als Teil 5 gesehen werden. Nach der Evaluation schließt sich der Lernzirkel durch eine weitere Abfolge mit einem neuen Problem.
Die Lernenden sind, indem sie ihr Wissen selbständig konstruieren, aktiv und eigen­verantwortlich in ihren eigenen Lernprozess involviert. Sie lernen, wie man selbstgesteuert lernt. Diese Wissensgrundlage und diese Handlungsstrategie sind als Hilfestellung für die Auseinandersetzung mit zukünftigen Problemen gedacht, um so die Voraussetzung und Motivation für ein lustvolles lebenslanges Lernen zu schaffen.
Insgesamt verspricht das Problem-Based Learning ein erleichtertes Zurechtfinden in einer sich ständig im Wandel befindlichen Wissens- und Informationsgesellschaft.


Powercounter.org